Die vier Verbote (Apg 15,19-20) im Lichte der Thora
Deshalb urteile ich, daß man diejenigen, welche sich von den Nationen zu Gott bekehren, nicht beunruhige, sondern ihnen schreibe, daß sie sich enthalten von den Verunreinigungen der Götzen und von der Hurerei und vom Erstickten und vom Blute. (Apg 15,19-20 vgl. Apg 15,29;)
Diese nimm zu dir und reinige dich mit ihnen und trage die Kosten für sie, damit sie das Haupt scheren lassen; und alle werden erkennen, daß nichts an dem ist, was ihnen über dich berichtet worden, sondern dass du selbst auch in der Beobachtung des Gesetzes wandelst. Was aber die Gläubigen aus den Nationen betrifft, so haben wir geschrieben und verfügt, dass [sie nichts dergleichen halten sollten, als nur dass] sie sich sowohl vor dem Götzenopfer als auch vor Blut und Ersticktem und Hurerei bewahrten. (Apg 21:24-25)
Die vier Enthaltungsbestimmungen (Götzen, Hurerei, Ersticktes, Blut) sorgen auch heute noch für viel Gesprächsstoff. Die aus den Nationen sind die Heiden, also Nichtjuden. Eigentlich sind es keine neuen Gebote. In 3. Mose lesen wir folgendes:
Blut: Und jedermann aus dem Hause Israel und von den Fremdlingen, die in ihrer Mitte weilen, der irgend Blut essen wird, - wider die Seele, die das Blut isset, werde ich mein Angesicht richten und sie ausrotten aus der Mitte ihres Volkes. (3. Mose 17,10)
Ersticktes: Und jeder, der ein Aas oder Zerrissenes isset, er sei Eingeborener oder Fremdling, der soll seine Kleider waschen und sich im Wasser baden, und er wird unrein sein bis an den Abend; dann wird er rein sein. (3. Mose 17,15)
Verordnungen für Ehe und Keuschheit: ... Verunreiniget euch nicht durch alles dieses; denn durch alles dieses haben die Nationen sich verunreinigt, die ich vor euch vertreibe. Und das Land wurde verunreinigt, und ich suchte seine Ungerechtigkeit an ihm heim, und das Land spie seine Bewohner aus. Ihr aber, ihr sollt meine Satzungen und meine Rechte beobachten, und ihr sollt nichts tun von allen diesen Greueln, der Eingeborene und der Fremdling, der in eurer Mitte weilt, (3. Mose 18,24-26)
Und JHWH redete zu Mose und sprach: Und zu den Kindern Israel sollst du sprechen: Jedermann von den Kindern Israel und von den Fremdlingen, die in Israel weilen, der von seinen Kindern dem Molech gibt, soll gewißlich getötet werden; das Volk des Landes soll ihn steinigen. Und ich werde mein Angesicht wider selbigen Mann richten und ihn ausrotten aus der Mitte seines Volkes, weil er von seinen Kindern dem Molech gegeben hat, mein Heiligtum zu verunreinigen und meinen heiligen Namen zu entweihen. (3. Mose 20,1-3)
Wenn wir in der Thora lesen, werden wir feststellen, dass die Fremdlingsgebote wesentlich umfangreicher sind als diese vier aus dem Aposteldekret. Warum aber wurden genau diese Bestimmungen am Apostelkonzil beschlossen? Wie ergibt sich der Unterschied aus den Fremdlingen des Alten Testamentes und den aus den Nationen im Neuen Testament? Unter welchen Gesichtspunkten wurde hier entschieden?
Dazu gibt es verschiedene Theorien. Die schlüssigste These aus meiner Sicht ist diese, dass im Aposteldekret genau die Gebote aufgeführt sind, welche zur Vermeidung der Verunreinigung führen. Dies lässt sich in der Bibel nachprüfen, denn ausserhalb von 3. Mose 17-20 fehlt der Hinweis, dass mit der Übertretung eine Verunreinigung einhergeht.
Die Teilnahme am Passah ist Ausländern verboten (2. Mose 12,43). Es verunreinigt sie aber auch nicht im Übertretungsfall. Dasselbe gilt für das Arbeitsverbot am Sabbat (2. Mose 20,10; 23,12; 5. Mose 4,14) und am Versöhnungstag (3. Mose 16,29), das Verbot geheiligte Opfergabe zu Essen (3. Mose 22,10) usw. Der Molechdienst bildet keine Ausnahme, da er mit Götzenkult in Verbindung gebracht wird (3. Mose 20,1-7).
Der Apostelkonzil hat mit der Auswahl dieser vier Bestimmungen genau jene Verbote zusammengestellt, welche die rituelle Reinheit der Israelis und der Fremdlingen betreffen. Interessant ist die Reihenfolge der Gebote. In Apostelgeschichte 15,19-20; 15,29; 21,25 ist immer der Götzendienst als erstes Verbot genannt. Was ist Götzendienst?
Denn alle Götter der Völker sind Götzen, aber JHWH hat die Himmel gemacht. (Psalm 96,5)
Entsprechend hart ist die Strafe für jene gewesen, welche zu Moses Zeiten versuchten, das Gottesvolk von der Anbetung JHWHs abzubringen. Jeder Christ sollte sich bei diesen Versen fragen, ob Mose Trinitarier war und ob ihre Väter ebenfalls Trinitarier waren.
Wenn in deiner Mitte ein Prophet aufsteht, oder einer, der Träume hat, und er gibt dir ein Zeichen oder ein Wunder; und das Zeichen oder das Wunder trifft ein, von welchem er zu dir geredet hat, indem er sprach: Laß uns anderen Göttern nachgehen (die du nicht gekannt hast) und ihnen dienen! - so sollst du nicht hören auf die Worte dieses Propheten oder auf den, der die Träume hat; denn JHWH, euer Gott, versucht euch, um zu erkennen, ob ihr JHWH, euren Gott, liebet mit eurem ganzen Herzen und mit eurer ganzen Seele. JHWH, eurem Gott, sollt ihr nachfolgen und ihn fürchten; und ihr sollt seine Gebote beobachten und seiner Stimme gehorchen und ihm dienen und ihm anhangen. Und jener Prophet oder jener, der die Träume hat, soll getötet werden; denn er hat Abfall geredet wider JHWH, euren Gott, der euch aus dem Lande Ägypten herausgeführt und dich erlöst hat aus dem Hause der Knechtschaft, - um dich abzuleiten von dem Wege, auf welchem zu wandeln JHWH, dein Gott, dir geboten hat. Und du sollst das Böse aus deiner Mitte hinwegschaffen. Wenn dein Bruder, der Sohn deiner Mutter, oder dein Sohn, oder deine Tochter, oder das Weib deines Busens, oder dein Freund, der dir wie deine Seele ist, dich heimlich anreizt und spricht: Laß uns gehen und anderen Göttern dienen (die du nicht gekannt hast, du noch deine Väter, von den Göttern der Völker, die rings um euch her sind, nahe bei dir oder fern von dir, von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende der Erde), so sollst du ihm nicht zu Willen sein und nicht auf ihn hören; und dein Auge soll seiner nicht schonen, und du sollst dich seiner nicht erbarmen noch ihn verbergen; sondern du sollst ihn gewißlich töten. Deine Hand soll zuerst an ihm sein, ihn zu töten, und danach die Hand des ganzen Volkes; und du sollst ihn steinigen, daß er sterbe. Denn er hat gesucht, dich abzuleiten von JHWH, deinem Gott, der dich herausgeführt hat aus dem Lande Ägypten, aus dem Hause der Knechtschaft. Und ganz Israel soll es hören und sich fürchten, damit man nicht mehr eine solche Übeltat in deiner Mitte begehe. (5. Mose 13,1-11)
Wenn wir uns die Geschichte des jüdischen Volkes ansehen, werden wir leider sehr oft feststellen, dass sie sich von Gott JHWH abgewendet hatten und die Propheten es ihnen kundtaten. Mangelnde Keuschheit führte ebenfalls zu Götzendienst und zur Abkehr von Gott JHWH. König Salomo ist ein trauriges Beispiel:
Und es geschah zur Zeit, als Salomo alt war, da neigten seine Weiber sein Herz anderen Göttern nach; und sein Herz war nicht ungeteilt mit JHWH, seinem Gott, wie das Herz seines Vaters David. Und Salomo wandelte der Astoreth nach, der Gottheit der Zidonier, und dem Milkom, dem Greuel der Ammoniter. Und Salomo tat, was böse war in den Augen JHWHs, und er folgte JHWH nicht völlig nach wie sein Vater David. Damals baute Salomo eine Höhe dem Kamos, dem Greuel der Moabiter, auf dem Berge, der vor Jerusalem liegt, und dem Molech, dem Greuel der Kinder Ammon. Und also tat er für alle seine fremden Weiber, die ihren Göttern räucherten und opferten. Da erzürnte JHWH wider Salomo, weil er sein Herz von JHWH, dem Gott Israels, abgewandt hatte, der ihm zweimal erschienen war (1. Könige 11,4-9)
Es existiert ein enger Zusammenhang zwischen dem Götzendienst, der Unzucht und dem Blut.
Darum sprich zu ihnen: So spricht der Herr, JHWH: Ihr esset mit dem Blute, und erhebet eure Augen zu euren Götzen und vergießet Blut, und ihr solltet das Land besitzen? Ihr steifet euch auf euer Schwert, verübet Greuel und verunreiniget einer des anderen Weib, und ihr solltet das Land besitzen? So sollst du zu ihnen sprechen: So spricht der Herr, JHWH: So wahr ich lebe, die in den Trümmern sind, sollen durchs Schwert fallen; und wer auf dem freien Felde ist, den gebe ich den wilden Tieren hin, daß sie ihn fressen; und die in den Festungen und in den Höhlen sind, sollen an der Pest sterben! Und ich werde das Land zur Wüste und Verwüstung machen, und der Stolz seiner Stärke wird ein Ende haben; und die Berge Israels werden wüst sein, so daß niemand darüber hinwandert. Und sie werden wissen, daß ich JHWH bin, wenn ich das Land zur Wüste und Verwüstung mache wegen all ihrer Greuel, die sie verübt haben. (Hesekiel 33,25-29)
Die Begriffe Heide, Götzendienst und Hurerei sind im Aramäischen praktisch Synonyme. Götzendienst und Hurerei haben ihren gemeinsamen Ursprung in der Abtrünnigkeit JHWHs. [1] Es ist somit verständlich, dass am Apostelkonzil genau diese vier Punkte den "aus den Nationen" auferlegt wurden. Dieses reinheitsgesetzliche Minimum ist notwendig um sich Gott JHWH zu nähern und die grosse Kluft zwischen den Juden und den ehemaligen Heiden zu überwinden. Eine Verehrung JHWHs ohne die Einhaltung der Reinheitsvorschriften ist aus jüdischer Sicht praktisch undenkbar. Beide Gruppen können nun vor ihren Gott JHWH treten durch seinen Gesalbten Jeshua.
Diese Reinheitsvorschriften sind für Nichtjuden ausreichend. Es geht nicht darum, jüdischer zu sein als unsere jüdischen Brüder und alle 613 mosaischen Gebote/Verbote zu halten. Es handelt sich um Gebote für das jüdische Volk. Nach rabbinischer Auslegung waren sechs seit Adam geltende Anweisungen JHWHs bekannt: [2] das Verbot des Götzendienstes, das Verbot der Gotteslästerung, das Gebot der Schaffung von Gerichtshöfen, das Verbot zu morden, das Verbot des Ehebruchs, das Verbot des Raubens (vgl. Talmudtraktat Sanhedrin 56a/b). Gemäss dem Talmud gelten die Noachidischen Gebote als allgemeines religiöses und ethisches Recht für alle Menschen, unabhängig von jeder Religion oder staatlichen Ordnung. Im Judentum wird jeder, der diese sieben Noachidischen Gebote akzeptiert und sich an sie hält, als Zaddik (Gerechter) angesehen. Gerechte Heiden haben ein Platz in der kommenden Welt (vgl. Talmudtraktat Sanhedrin 105a). [3] Die jüdische Position ist klar und verständlich.
Im Neuen Testament werden wir ebenfalls nicht (Nichtjuden) dazu angehalten jüdisch-religiös zu sein.
Als aber Kephas nach Antiochien kam, widerstand ich ihm ins Angesicht, weil er dem Urteil verfallen war. Denn bevor etliche von Jakobus kamen, hatte er mit denen aus den Nationen gegessen; als sie aber kamen, zog er sich zurück und sonderte sich ab, da er sich vor denen aus der Beschneidung fürchtete. Und mit ihm heuchelten auch die übrigen Juden, so daß selbst Barnabas durch ihre Heuchelei mitfortgerissen wurde. Als ich aber sah, daß sie nicht den geraden Weg nach der Wahrheit des Evangeliums wandelten, sprach ich zu Kephas vor allen: Wenn du, der du ein Jude bist, wie die Nationen lebst und nicht wie die Juden, wie zwingst du denn die Nationen, jüdisch zu leben? Wir, von Natur Juden und nicht Sünder aus den Nationen, aber wissend, daß der Mensch nicht aus Gesetzeswerken gerechtfertigt wird, sondern nur durch den Glauben an Jesum Christum, auch wir haben an Christum Jesum geglaubt, auf daß wir aus Glauben an Christum gerechtfertigt würden, und nicht aus Gesetzeswerken, weil aus Gesetzeswerken kein Fleisch gerechtfertigt werden wird. Wenn wir aber, indem wir in Christo gerechtfertigt zu werden suchen, auch selbst als Sünder erfunden worden sind, ist denn Christus ein Diener der Sünde? Das sei ferne! Denn wenn ich das, was ich abgebrochen habe, wiederum aufbaue, so stelle ich mich selbst als Übertreter dar. Denn ich bin durchs Gesetz dem Gesetz gestorben, auf daß ich Gott lebe; ich bin mit Christo gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt lebe im Fleische, lebe ich durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat. Ich mache die Gnade Gottes nicht ungültig; denn wenn Gerechtigkeit durch Gesetz kommt, dann ist Christus umsonst gestorben. (Galater 2,11-21)
Jesus ist die Erfüllung des Gesetzes. Dies bezeugt uns bereits Jesaja 800 Jahre vor Christi Geburt.
Wer hat unserer Verkündigung geglaubt, und wem ist der Arm JHWHs offenbar geworden?Und er ist wie ein Reis vor ihm aufgeschossen, und wie ein Wurzelsproß aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und keine Pracht; und als wir ihn sahen, da hatte er kein Ansehen, daß wir seiner begehrt hätten. Er war verachtet und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut, und wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt; er war verachtet, und wir haben ihn für nichts geachtet. Fürwahr, er hat unsere Leiden getragen, und unsere Schmerzen hat er auf sich geladen. Und wir, wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt; doch um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden. Wir alle irrten umher wie Schafe, wir wandten uns ein jeder auf seinen Weg; und JHWH hat ihn treffen lassen unser aller Ungerechtigkeit. - Er wurde mißhandelt, aber er beugte sich und tat seinen Mund nicht auf, gleich dem Lamme, welches zur Schlachtung geführt wird, und wie ein Schaf, das stumm ist vor seinen Scherern; und er tat seinen Mund nicht auf. (Jesaja 53,1-7)
Paulus warnte die Gemeinde die Vorschattung durch das Gesetz als Selbstzweck zu sehen. Hier ein paar Beispiele:
Bevor aber der Glaube kam, wurden wir unter dem Gesetz verwahrt, eingeschlossen auf den Glauben hin, der geoffenbart werden sollte. Also ist das Gesetz unser Zuchtmeister gewesen auf Christum hin, auf daß wir aus Glauben gerechtfertigt würden. Da aber der Glaube gekommen ist, sind wir nicht mehr unter einem Zuchtmeister; denn ihr alle seid Söhne Gottes durch den Glauben an Christum Jesum. Denn so viele euer auf Christum getauft worden sind, ihr habt Christum angezogen. Da ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave noch Freier, da ist nicht Mann und Weib; denn ihr alle seid einer in Christo Jesu. Wenn ihr aber Christi seid, so seid ihr denn Abrahams Same und nach Verheißung Erben. (Galater 3,23-29)
So richte euch nun niemand über Speise oder Trank, oder in Ansehung eines Festes oder Neumondes oder von Sabbathen, die ein Schatten der zukünftigen Dinge sind, der Körper aber ist Christi. (Kolosser 2,16-17)
Denn da das Gesetz einen Schatten der zukünftigen Güter, nicht der Dinge Ebenbild selbst hat, so kann es nimmer mit denselben Schlachtopfern, welche sie alljährlich ununterbrochen darbringen, die Hinzunahenden vollkommen machen. Denn würde sonst nicht ihre Darbringung aufgehört haben, weil die den Gottesdienst Übenden, einmal gereinigt, kein Gewissen mehr von Sünden gehabt hätten? Aber in jenen Opfern ist alljährlich ein Erinnern an die Sünden; denn unmöglich kann Blut von Stieren und Böcken Sünden hinwegnehmen. Darum, als er in die Welt kommt, spricht er: "Schlachtopfer und Speisopfer hast du nicht gewollt, einen Leib aber hast du mir bereitet; an Brandopfern und Opfern für die Sünde hast du kein Wohlgefallen gefunden. Da sprach ich: Siehe, ich komme (in der Rolle des Buches steht von mir geschrieben), um deinen Willen, o Gott zu tun." Indem er vorher sagt: "Schlachtopfer und Speisopfer und Brandopfer und Opfer für die Sünde hast du nicht gewollt, noch Wohlgefallen daran gefunden" (die nach dem Gesetz dargebracht werden), sprach er dann: "Siehe, ich komme, um deinen Willen zu tun". (Er nimmt das Erste weg, auf daß er das Zweite aufrichte.) Durch welchen Willen wir geheiligt sind durch das ein für allemal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi. - Und jeder Priester steht täglich da, den Dienst verrichtend und oft dieselben Schlachtopfer darbringend, welche niemals Sünden hinwegnehmen können. Er aber, nachdem er ein Schlachtopfer für Sünden dargebracht, hat sich auf immerdar gesetzt zur Rechten Gottes, fortan wartend, bis seine Feinde gelegt sind zum Schemel seiner Füße. Denn mit einem Opfer hat er auf immerdar vollkommen gemacht, die geheiligt werden. Das bezeugt uns aber auch der Heilige Geist: denn nachdem er gesagt hat: "Dies ist der Bund, den ich ihnen errichten werde nach jenen Tagen, spricht der Herr: Indem ich meine Gesetze in ihre Herzen gebe, werde ich sie auch auf ihre Sinne schreiben"; und: "Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nie mehr gedenken". Wo aber eine Vergebung derselben ist, da ist nicht mehr ein Opfer für die Sünde. (Hebräer 10,1-18)
Es gibt Bestrebungen einen Keil zwischen Jesus und Paulus zu treiben und viele Teile des Neuen Testamentes, besonders die paulinischen Briefe, als ungültig zu erklären. Wenn Paulus somit ein falscher Apostel wäre, müsste ebenfalls das Doppelwerk von Lukas, als der Weggefährte von Paulus, in Frage gestellt werden. Was würde vom Neuen Testament übrig bleiben? Bis heute wurden etwa 5800 griechische Handschriften mit Inhalten des Neuen Testaments gefunden, dazu 9000 Handschriften mit alten Übersetzungen des Neuen Testamentes und 36.000 Zitate der Kirchenväter aus dem Neuen Testament. Textforscher können heute 95 bis 98 Prozent des Textes sicher rekonstruieren.
Versuche die Evangelien und das gesamte NT gegeneinander auszuspielen mit Hilfe der Zwei-Quellen-Theorie, wie es zum Beispiel R. L. Lindsey versucht, sollen dem Leser suggerieren, die uns erhaltenen Schriften sind griechischer und völkstümlicher Natur (Markus Evangelium), Sinn und Sprache sind verfälscht (Matthäus Evangelium) und orientieren sich an hellenistischer Literatur und sind abhängig von paulinischer Tradition [4]. Dabei wird auch gerne auf das Totschlag-Argument, den angeblichen "Antijudaismus" im Neuen Testament, verwiesen.
Falls man sich dazu entschlossen hat, das Neue Testament so zu akzeptieren wie es uns überliefert ist, existiert noch ein Plan B. Nämlich Paulus Worte eine neue Bedeutung zu geben um den Spagat zwischen dem Mosaischen Gesetz und dem Gesetz Christi (1Kor 9,21; Gal 2,3) aufrecht zu erhalten. Die Werksgerechtigkeit sucht sich ihre Wege durch die Schrift. Matthäus Kapitel 5 wird fälschlicherweise als "Thoraverstärkung" ausgelegt und nicht im Hinblick auf die Reichsethik im kommenden Friedensreich. Es geht in der Bergpredigt nicht um die Möglichkeit oder Notwendigkeit der Erfüllung in diesem Zeitalter. Die Auferstandenen im kommenden Reich Gottes, die Jesus als die Friedfertigen, Barmherzigen, Sanftmütigen und die reinen Herzens bezeichnet, sind eine Vorwegnahme jener Einstellungen, nach der man im Reiche Gottes handeln wird.
Sind wir deshalb gesetzlos? Den Vorwurf könnte man an Abraham weitergeben. War unser Stammvater Abraham ein Gesetzloser? Das sinaische Gesetz, welches 430 Jahre nach Abraham aufgerichtet wurde, hebt die Glaubensverheissungen nicht auf (Gal 3,17). Daher sollte der Bundesbeschluss Gottes angenommen werden. Paulus ist in seinem Urteil über die Halbherzigkeit seiner Brüder hart in seinem Urteil. Ein Tanz auf "zwei Hochzeiten" ist keine Lösung, eher ein Mangel am Glauben göttlicher Verheissungen.
Aber damals freilich, als ihr Gott nicht kanntet, dientet ihr denen, die von Natur nicht Götter sind; jetzt aber, da ihr Gott erkannt habt, vielmehr aber von Gott erkannt worden seid, wie wendet ihr wieder um zu den schwachen und armseligen Elementen, denen ihr wieder von neuem dienen wollt? Ihr beobachtet Tage und Monate und Zeiten und Jahre. Ich fürchte um euch, ob ich nicht etwa vergeblich an euch gearbeitet habe. (Galater 4,8-11)
Ich bezeuge aber wiederum jedem Menschen, der beschnitten wird, daß er das ganze Gesetz zu tun schuldig ist. Ihr seid abgetrennt von dem Christus, so viele ihr im Gesetz gerechtfertigt werdet; ihr seid aus der Gnade gefallen. (Galater 5,3-4)
Denn weder Beschneidung noch Vorhaut ist etwas, sondern eine neue Schöpfung. (Galater 6,15)
Daher, wenn jemand in Christo ist, da ist eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden. (2. Korinther 5,17)
Christen brauchen sich über die Gesetze des Mosaischen Bundes keine Sorgen zu machen. In erster Linie deswegen, weil sie unsere Jüdischen Brüder betreffen. Dies wird von Jüdischer Seite auch bestätigt:
Er verkündet Jakob sein Wort, Israel seine Satzungen und seine Rechte. Keiner Nation hat er also getan; und die Rechte, sie haben sie nicht gekannt. Lobet JHWH! (Psalm 147,19-20)
Christus ist die Erfüllung des Sinaischen Gesetzes. Weil Christus das Mosaische Gesetz erfüllt hat, kann nicht von einer reduzierten Thora für die aus den Nationen gesprochen werden, im Bezug auf die vier Verbote. Vielmehr geht es darum, vor Gott JHWH rein zu sein und dies hat der Apostelkonzil klar dargelegt.
[1] Wehnert, Jürgen: Die Reinheit des christlichen Gottesvolkes aus Juden und Heiden. S. 239-246
[2] Der babylonische Talmud, Band VIII, S. 687, 689 (Deutsche Übersetzung nach Lazarus Goldschmidt)
[3] Der babylonische Talmud, Band IX, S. 105 (Deutsche Übersetzung nach Lazarus Goldschmidt)
[4] Flusser, David: Entdeckungen im Neuen Testament, Band 1, S. 41-42