Christliche Endzeitmodelle
INHALTSVERZEICHNIS
1 Einleitung
1.1 Hermeneutik
1.2 Das Reich Gottes
1.3 Endzeit & Entrückung
1.4 Die Wiederkunft Christi
1.5 Die Zukunft Israels
1.6 Die Offenbarung des Johannes
1.7 Das Tausendjährige Reich
1.8 Der neue Himmel und die neue Erde
2 Endzeitmodelle
2.1 Prämillennialismus
2.1.1 Dispensationalismus
2.2 Postmillennialismus
2.2.1 Präterismus
2.3 Amillennialismus
3 Ausblick
1 EINLEITUNG
Es gibt wohl wenige Themen in der Bibel, welche so kontrovers und emotional geführt werden, wie die Frage nach den letzten Dingen. Manche Gemeinden schreiben seitenlange Abhandlungen in ihrem Glaubensbekenntnis über ihr endzeitliches Verständnis. Hat man sich einmal für eine Endzeitlehre entschieden, können sich diese Vorstellungen sehr massiv auf das alltägliche Leben der Gläubigen auswirken.
Das Wort Eschatologie setzt sich aus den griechischen Wörtern eschatos (letztes) und logos (Wort) zusammen und bezeichnet die Lehre von den letzten Dingen. Es ist der Versuch, die Dinge zu beschreiben, welche sich am Ende der Geschichte ereignen werden. Die individuelle Eschatologie befasst sich mit dem Tod, der Frage der Unsterblichkeit, dem Zustand der Verstorbenen bis zur Auferstehung, mit dem ewigen Leben und der Verdammnis. Die allgemeine Eschatologie befasst sich mit den Ereignissen, die zum Ende des gegenwärtigen Zeitalters führen werden, der Wiederkunft Christi, Tausendjähriges Reich, Auferstehung und Neuschöpfung.[1] 27% der Bibel bestehen aus Vorhersagen über die Zukunft. Die Wiederkunft Christi wird 319-mal vorausgesagt und fast in jedem Buch im NT erwähnt.[2]
Was ist ein eschatologisches Modell?[3]
Mit Hilfe der biblischen Zukunftsaussagen sollen die endzeitlichen Ereignisse eine schlüssige Darstellung liefern. Die hier behandelnden Modelle gehen von der göttlichen Autorität der Bibel aus und der persönlichen Wiederkunft vom Messias.
Thomas Schirrmacher schreibt:
„Die Schrift selbst ist letzte Instanz und muss sich selbst auslegen. Die Existenz verschiedener Sichtweisen der Endzeit sollte uns vorsichtig machen, eschatologische Fragen nicht überzubewerten, und bereit machen, den Standpunkt anderer anzuhören und mit der Schrift in der Hand zu überprüfen.“[4]
Festgefahrene Denkvoraussetzungen sind ein schlechter Ratgeber, um sich mit dieser Thematik auseinander zu setzen.
Wir glauben immer das, was wir glauben wollen. Demosthenes, 348 v.Chr.
Gerade in Zeiten schwerer politischer Konflikte bekommen manche Endzeitlehren wieder Auftrieb. Die aktuelle Krise mit Russland könnte bei Fruchtenbaum als eine Ankündigung auf Hesekiel 38,1-39,16 gedeutet werden.
Und das Wort des HERRN geschah zu mir so: Menschensohn, richte dein Gesicht gegen Gog zum Land Magog, gegen den Fürsten von Rosch, Meschech und Tubal, und weissage über ihn und sprich: So spricht der Herr, HERR: Siehe, ich will an dich, Gog, Fürst von Rosch, Meschech und Tubal. Und ich lenke dich herum und lege Haken in deine Kinnbacken; und ich führe dich heraus und dein ganzes Heer, Pferde und Reiter, sie alle prächtig gekleidet, ein großes Aufgebot mit Langschild und Kleinschild, schwertführend sie alle: Söldner aus Paras, Kusch und Put mit ihnen, sie alle mit Kleinschild und Helm, Gomer und alle seine Scharen, das Haus Togarma im äußersten Norden und alle seine Scharen, viele Völker mit dir. (Hes 38,1-6)
Gog, der Führer des Landes Magog, wird ein Bündnis gegen Israel anführen.[5] Rosch, Mesech, Tubal, Put (Somalia), Togarma (Armenien), Kusch (Syrien, Irak), Gomer (Deutschland) sind Verbündete. Der Autor ist sich sicher, dass Russland die Invasion vor der grossen Trübsal leiten wird.[6] Sehr düstere Aussichten für die Zukunft. Was ist davon zu halten?
Wichtige Indikatoren im Zusammenhang mit den Endzeitvorstellungen sind Prophetien, Stellung des Versuchers, Status Israels, sichtbare Zeichen (Malzeichen, Erdbeben, Kriege etc.), Wiederkunft Christi, 1000 Jahre, die 144.000 in der Offenbarung usw.
1.1 Hermeneutik
Die Hermeneutik ist eine Theorie über die Auslegung von Texten und über das Verstehen. Man sollte zwischen wörtlichen und symbolischen Überlieferungen innerhalb der Heiligen Schrift unterscheiden. Doch sollte man der wörtlichen den Vorzug geben, wo es Sinn macht. Das bedeutet für das Neue Testament, dass die Evangelien und Briefe für Dogmatik und Eschatologie keinen Widerspruch zur Offenbarung des Johannes aufweisen sollten.
Warum eine wörtliche Hermeneutik? Der Zweck der Sprache selbst fordert eine wörtliche Auslegung. Gott hat die Sprache als Mittel zur Kommunikation gewählt, wobei diese dann auch geeignet sein sollte, um Gottes Ziel die Kommunikation mit den Menschen zu erreichen. Des Weiteren verhindert diese Vorgehensweise abrupte Sprünge Richtung bildlicher Auslegung. Manchmal ist es offensichtlich, dass von einem Bild oder einer Metapher die Rede ist. Niemand erwartet, dass z.B. im Himmel Schafe von Böcken getrennt werden (Mt 25,31-33).
Natürlich enthält auch die Offenbarung wörtlich zu nehmende Aussagen, besonders in den Sendschreiben (Off 2-3). Aber gerade was die zukünftigen Ereignisse betrifft, spricht die Offenbarung auch häufig in Symbolen. Diese sind oft schwierig auszulegen. Was davon soll man wörtlich verstehen? Die Evangelien und Briefe lehren kein Tausendjähriges Reich. Bedeutet es, dass aufgrund dessen kein Millennium kommen wird? Weil die Offenbarung ein apokalyptisches Buch ist, sollte unbedingt das AT mit einbezogen werden. Eine Endzeitlehre, welche sich nur von den Evangelien und Briefen ableiten lässt, wäre nicht genau genug.
Die Formulierung des amerikanischen Theologen David L. Cooper wird auch die goldene Regel der Auslegung genannt:
„Wenn der einfache Sinn einer Schriftstelle dem gesunden Menschenverstand einleuchtet, dann suche keinen anderen Sinn; versuche deshalb, jedes Wort in seiner ursprünglichen, einfachen, gewöhnlichen und wörtlichen Bedeutung zu erfassen, wenn nicht der unmittelbare Textzusammenhang – im Licht anderer, ähnlicher biblische Aussagen und unumstösslicher, fundamentaler Wahrheiten betrachtet – deutlich in eine andere Richtung weist.“[7]
1.2 Das Reich Gottes
Die Gottesherrschaft hat eine visionäre gegenwärtige und eine reale zukünftige Komponente. Mit dem Kommen des Menschensohnes wird das Reich Gottes eingeleitet. Johannes der Täufer und Jesus in seinen Erstverkündigungen haben das Reich Gottes angekündigt (Mt. 3,2; 4,17). Im Heilswirken Jesu Christi wird es sichtbar (Mt. 12,28; Lk. 11,20).
... stärkten die Seelen der Jünger und ermahnten sie, im Glauben zu verharren, und sagten ihnen, dass wir durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen müssen. (Apg 14,22)
Als sie aber solches hörten, fuhr er fort und sagte ein Gleichnis, weil er nahe bei Jerusalem war und sie meinten, das Reich Gottes würde unverzüglich erscheinen. (Lk 19,11)
Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt; wäre mein Reich von dieser Welt, so hätten meine Diener gekämpft, dass ich den Juden nicht ausgeliefert würde; nun aber ist mein Reich nicht von hier. Joh 18,36
«Der HERR [GOTT] hat zu meinem Herrn [Messias Jesus] gesprochen: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel deiner Füsse!» (Lk 20,43; Ps 110,1)
In welchen der Gott dieser Welt [Versucher] die Sinne der Ungläubigen verblendet hat, dass ihnen nicht aufleuchte das helle Licht des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi, welcher Gottes Ebenbild ist. 2Kor 4,4
Die Jünger beten für das Kommen der Gottesherrschaft „…dein Reich komme…“ (Mt 6,10). Im Gleichnis vom Sämann und dem Acker (Mt 13,3-9; 18-23) wird für dieses Zeitalter folgendes deutlich: Der Samen wird ausgesät, wobei die Proklamation des Reiches gemeint ist. Der Weizen (Das Reich) wächst, aber auch das Unkraut. Der Senfkorn (Mt 13,31-35) steht für die weite und sichtbare Ausdehnung des Reiches. Mit der Ernte wird diese Periode vorbei sein. Wir sehen hier, dass es eine Zeit geben wird zwischen dem ersten Kommen und der Wiederkunft Jesu Christi. Die Geheimnisse des Gottesreiches werden in Matthäus 13 erklärt. Dieser Reichsbegriff beginnt mit der Lehre des Herrn Jesus und endet mit seiner Wiederkunft.
Überbetont man das „Jetzt schon“ wird man zum Schwärmer. Überbetont man das „noch nicht“, macht man das Heilswerk Christi klein und verkennt, dass die Herrschaft Gottes mitten in der Welt der Sünde angebrochen ist.
Das Spannungsfeld zwischen dem angebrochenen Gottesreich und dem noch nicht vollendeten stehen einander immer wieder deutlich gegenüber. Einige Beispiele:
· Einerseits ist die neue Schöpfung schon angebrochen (2Kor 5,17);
andererseits aber ist die neue Welt immer noch zukünftig (Eph 1,21)
· Einerseits sind die Gemeindeglieder schon Bürger des Himmels (Phil 3,20);
andererseits aber immer noch Bürger auf dieser Erde (2Kor 5,6)
· Einerseits sind wir schon erlöst (Eph 2,5);
andererseits warten wir noch auf die Erlösung des Leibes (Röm 13,11)
· Einerseits sind wir mit Christus auferstanden (Röm 6,4),
andererseits warten wir auf unsere Auferstehung bei der Wiederkunft Christi (1Kor 15,23).
„Da wird dann der König sagen zu denen zu seiner Rechten: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt!“(Mt 25,34).
„Und der siebente Engel posaunte: und es wurden grosse Stimmen im Himmel, die sprachen: Es sind die Reiche der Welt unsers HERRN und seines Christus geworden, und er wird regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.“(Off 11,15).
Der Unterschied ergibt sich bei den eschatologischen Modellen in der Erwartung für das gegenwärtige Reich Gottes. Die Postmillennialisten glauben, dass das Reich Gottes sich im gegenwärtigen Zeitalter durch die Predigt und das Wirken des Heiligen Geistes für eine unbestimmte Zeit ausbreiten wird und zur Christianisierung eines grossen Teils der Erde führen wird. So schreibt Richard J. Bauckham:
„Das 18. Jahrhundert war das grosse Zeitalter des Postmillennialismus, der eine Schlüsselrolle in der Entwicklung des Missionsdenkens spielte.“
Diese positive Einstellung zur Mission hatte grosse Auswirkungen auf die Arbeit in England, Schottland, dann Amerika und die ganze Welt. Dieses langfristige Element des Reiches Gottes auf Erden ist sicher ein ganz grosser Beitrag der Postmillennialisten.
1.3 Endzeit & Entrückung
Am Ende der Zeit wird es bei einer wörtlichen Interpretation der Offenbarung zu grossen Katastrophen kommen. Die Offenbarung des Johannes wird sich erfüllen mit all den Ankündigungen, welche über die Welt hereinbrechen werden (Siegel, Posaunen, Schalen). Muss die Gemeinde durch die Trübsal, oder werden sie bewahrt werden und empor genommen zum Herrn Jesus?
Die Bibel spricht davon, dass es zu grossen Problemen kommen wird; dies wird im Allgemeinen als grosse Trübsal bezeichnet. Der Präterismus besagt, dass die grosse Trübsal sich um 70 n.Chr. oder beim Untergang von Rom im 5. Jahrhundert vollzogen hatte. Der Tempel wurde durch die Römer zerstört und die Juden wurden getötet und vertrieben.
„Denner selbst, der HERR, wird mit einem Feldgeschrei und der Stimme des Erzengels und mit der Posaune Gottes herniederkommen vom Himmel, und die Toten in Christo werden auferstehen zuerst. Danach wir, die wir leben und übrig bleiben, werden zugleich mit ihnen hingerückt werden in den Wolken, dem HERRN entgegen in der Luft, und werden also bei dem HERRN sein allezeit.“ (1Thess 4,16-17)
Für Anhänger einer wörtlichen Entrückung wird Henoch & Elia als Vorschattung im AT zitiert, welche ebenfalls direkt zum HERRN entrückt wurden (1Mo 5,24, 2Kö 2,11; Hebr 11,5). Ein wichtiger Aspekt zu diesem Thema ist der Zeitpunkt der Entrückung. Die klassische Sicht zur Gemeinde in der Kirchengeschichte wäre, dass sie durch die Trübsal muss um geläutert zu werden.
Ein wichtiger Kritikpunkt dazu ist, dass an dem Tag der HERR kommen wird wie ein Dieb in der Nacht (Mk. 13,29) und ganz plötzlich und unerwartet (Mat. 24,41-43). Wenn die Gemeinde somit durch die Trübsal müsste, dann wüsste sie ja die Ankunft Christi!? Ansonsten müsste man sich Fragen ob die 7 Jahre Trübsalzeit tatsächlich so lange dauern.[8]
Ein weiterer Punkt ist das Buch der Offenbarung selber. Das Wort „Gemeinde“ kommt in Offenbarung 1-3 neunzehnmal vor, in Kapitel 22 einmal. In den Kapiteln 4-18 wo die Trübsalszeit behandelt wird, finden wir keine einzige Erwähnung.
Wichtige Argumente für den Posttribulationismus sind, dass die Gemeinde während der Trübsal auf der Erde sein wird. Die Heiligen in Offenbarung 13,7-10; 16,6; 17,6 und 18,24 werden als Hinweis für die Gemeinde auf Erden herangezogen. Unterscheiden sich die Heiligen in der Trübsal (Prätribulationismus) oder nicht (Posttribulationismus)? Der Wortgebrauch als solches beantwortet die Frage nicht. Ein wichtiger Anschnitt ist 2. Thessalonicher 1,5-10, welcher sich scheinbar posttribulationistisch auslegen lässt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Paulus mit keinem Wort die Entrückung erwähnt. Wir lesen das Gott recht richten (V.5), vergelten (V.6), von flammendem Feuer (V.8) etc. doch wo ist die Entrückung? Andererseits wenn es um Verse über die Entrückung geht, lesen wir nicht von Gottes Gericht (Joh 14,1-3; + 1 Kor 15,51-58; 1 Thess 4,13-18).
Ein Argument für den Prätribulationalismus ist der Ablauf einer Jüdischen Hochzeit.[9]
1. Verlobung, Bräutigam zahlt den Brautpreis.
2. Der Bräutigam kehrt in sein Elternhaus zurück um die Wohnung für seine Braut einzurichten.
3. Bräutigam holt die Braut zu einem Zeitpunkt, welche die Braut nicht kennt.
4. Bräutigam kehrt ins Haus des Vaters zurück um die Ehe zu vollziehen und in einem siebentägigen Fest die Hochzeit zu feiern, wobei die Braut die Brautkammer nicht verlässt.
Die heutige Gemeinde wartet auf den Bräutigam (2Kor 11,2). In Offenbarung 19,7-9 wird das Hochzeitsfest angekündigt, was nach hebräischem Heiratsbrauch voraussetzt, dass die Hochzeit bereits stattgefunden hat. Wir sehen hier eine Zeitspanne, in welcher die Braut in einem geschützten Rahmen bleibt, während die Hochzeitsgäste feiern. In Offenbarung 21 wird die Braut dann als „Weib“ des Lammes bezeichnet und somit ins Haus des Bräutigams eingezogen. Der Prätribulationismus sieht eine Zeit zwischen Entrückung und Wiederkunft vor.
Wo kommen die Verbündeten des Versuchers her, welche sich am Ende des Tausendjährigen Reiches gegen Gott verschwören? Fällt die Entrückung zusammen mit der Wiederkunft, würden alle ihre Auferstehungsleiber bekommen. Gäbe es im Millennium nur Menschen mit Auferstehungsleibern, gäbe es keinen Tod, keine Vermehrung, keinen Bevölkerungszuwachs. Doch all diese Dinge wird es geben (Jes. 65,20; Sach. 8,5; Offb. 20,12).
Somit braucht es eine Anzahl Menschen, welche durch die Trübsal gehen und nicht entrückt werden in den Himmel, sondern mit ihren sterblichen Leibern die Bevölkerung im Tausendjährigen Reich stellen. Ihre Nachkommen können vom Glauben abfallen und aus ihnen werden sich Personen finden, welche am Ende der Zeit zum letzten Aufstand gegen Gott schreiten werden.
Hier kann man einwenden, dass sich Menschen gegen Gott und die Gemeinde stellen und sich nicht bekehren, wo doch Jesus sichtbar vor ihnen steht. Die Frage hätte man auch vor gut 2000 Jahren stellen können als Jesus ebenfalls sichtbar auf Erden war, Wunder tat und Menschen trotzdem nicht glauben wollten. Der Mitttribulationismus wird in der Bibel an keiner Stelle gestützt.
Bild 1: Entrückung: Prä-, Mitt-, Posttribulationismus[10]
1.4 Die Wiederkunft Christi
Christi Wiederkunft ist gewiss, die ganze Bibel gibt davon Zeugnis und wird von allen evangelischen Christen auch so gelehrt und vertreten. Er wird über die Wolken kommen (Dan 7,13; Off. 1,7) und so zurückkehren, wie er von uns gegangen ist (Apg. 1,11). Er wird sichtbar auf dem Ölberg in Jerusalem zu sehen sein, bei seiner zweiten Wiederkunft (Sach 14,4; Offb 19,11-16).
Im Frühchristentum der ersten zwei bis drei Jahrhunderte wurde diese zweite Ankunft für zeitlich nah erhofft (Naherwartung).
Denn dieses sagen wir euch im Worte des Herrn, dass wir, die Lebenden, die übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn, den Entschlafenen keineswegs zuvorkommen werden.(1Thess 4,15)
Wachet also, denn ihr wisset nicht, zu welcher Stunde euer Herr kommt.(Mt 24,42)
Jesus wird nicht wiederkommen, bis das Evangelium in alle Welt getragen wird. Es ist die Gnade Gottes, dass Jesus nicht heute kommt, sondern noch zuwartet.
Der Herr zögert nicht mit der Erfüllung der Verheissung, wie einige meinen, die von Verzögerung reden; er ist nur geduldig mit euch, weil er nicht will, dass jemand zugrunde geht, sondern dass alle sich bekehren. Der Tag des Herrn wird aber kommen wie ein Dieb. Dann wird der Himmel prasselnd vergehen, die Elemente werden verbrannt und aufgelöst, die Erde und alles, was auf ihr ist, werden (nicht mehr) gefunden. (2Petr 3,9-10)
Spekulationen über die Wiederkunft Christi haben sich in der Vergangenheit alle als falsch erwiesen. Verschiedene Glaubensgemeinschaften versuchten den Tag der Wiederkunft zu errechnen. Ein sinnloser Versuch, denn Jesus sagt:
Von jenem Tage aber und jener Stunde weiss niemand, auch nicht die Engel der Himmel, sondern mein Vater allein. (Mt 24,36)
Ein wichtiges Fragezeichen ist die genaue Wiederkunft Christi. Hier gibt es grosse Unterschiede im Verständnis verschiedener Theologen.
Nach der Gründung der Staatskirche unter Kaiser Konstantin verblasste die unmittelbare Hoffnung auf Christi Wiederkunft. In der Hochburg der Philosophie Alexandria, wandte sich die dortige Schule der Schriftauslegung gegen die wörtliche Hermeneutik.[11]
1.5 Die Zukunft Israels
Gibt es eine Hoffnung für Israel? Die Christliche Welt ist darüber sehr gespalten. Nach fast 2000 Jahren kehren die Juden wieder nach Israel zurück. Wir sind Zeugen, das viele Juden nach Israel zurück gekehrt sind, obwohl bei Weitem nicht alle.
Dann sag zu ihnen: So spricht Gott, der HERR: Ich hole die Israeliten aus den Völkern heraus, zu denen sie gehen mussten; ich sammle sie von allen Seiten und bringe sie in ihr Land.(Hes 37,21 vgl. Hes 11,17)
Die Staatsgründung Israels 1948 wird mit den Prophezeiungen aus dem AT in Verbindung gebracht. Die komplette Herrschaft über Jerusalem 1967 und die zunehmende Landnahme bringen Ersatztheologen und ihre Anhänger in grosse Erklärungsnot. Jeder massiven militärischen Bedrängnis konnte Israel standhalten.[12] Weil der HERR ihnen im AT versprochen hat, dass sie herrschen werden über ein grösseres Gebiet als sie es bis jetzt hatten, muss sich diese Prophezeiung in der Zukunft erfüllen oder vergeistlicht werden.
Ein wichtiges Argument ist die Erfüllung des Abrahambundes. Handelt es sich um eine bedingte Erfüllung? Die Landverheissung an das Volk Israel wird in vielen Versen bestätigt. Nach 1. Mose 17,8 soll das Land ein ewiger Besitz sein. Nach 1. Mose 15,18 wird das Land vom Strom Ägypten bis an den Euphrat als Erbe Israels angesehen. Unter Josua hatten die Israeliten nicht das gesamte Land besetzt. Das Reich von König Salomo erfasste nicht die Grösse des verheissenen Landens. Somit wäre die Verheissung noch nicht erfüllt.
Nach amillennialistischer Auslegung wurden alle Verheissungen an Israel, welche noch offen wären, durch die Gemeinde erfüllt. Eine wichtige These ist die, dass der Bund mit Israel an Bedingungen geknüpft wurde und Israel diese gebrochen habe und der Bund somit aufgekündigt wurde. Gott hat den Israeliten geboten seine Gebote zu halten (1Mose 17,9). Die Verheissung auf den ewigen Besitz gelte denen, welche wie Abraham im Glauben sind und somit allen Gläubigen auf der Erde (Röm 4,13). Somit hätte das ungläubige Israel keinen Anspruch auf das Land.
Als Gegenargument lässt sich allerdings festhalten, dass Gott zuvor in der Ratifizierungszeremonie in 1Mose 15,9-17 sich Gott allein verpflichtet hat dem Bund nachzukommen. Abraham leistete keinen derartigen Eid. Somit wäre es sehr eigenartig, wenn Gott nachträglich Bedingungen auferlegt hätte.
Gott hat sein Volk nicht verstossen, welches er zuvor ersehen hat.
(Röm 11,2a, vgl. Röm 11,29)
Paulus macht zwar deutlich, dass die völkische Zugehörigkeit nicht das wahre Israel ausmacht (Röm 9,6) und im Galaterbrief werden Gläubige Heiden Abrahams Kinder genannt (Gal 6,16), doch sollte man sehr vorsichtig sein, alle Prophezeiungen an Israel zu vergeistlichen oder auf die Heiden zu übertragen.
Hat Gott noch einen Plan mit Israel? Die Prophetien aus Abrahams Verheissung haben durch die Ereignisse der letzten 100 Jahre einen Auftrieb bekommen.
Hätten sich alle Verheissungen erfüllt, so könnte man davon ausgehen, dass eine Landnahme Israels niemals statt gefunden hätte. Die Landeinnahme sagt selbstverständlich noch nichts über den geistigen Zustand Israels aus. Eine Gleichsetzung der biblischen Prophetien mit einem säkularisierten Staat Israel würde einer separaten Errettung der Juden ohne den Messias gleichkommen. In Zukunft wird sich Gott Israel noch annehmen.
In Regensburg um 1217 hat der Rabbiner Jehuda der Fromme folgende Voraussagen gemacht, die 300 Jahre nach seinem Tod eintrafen: “Wenn die Türken Jerusalem erobert haben, werden sie acht Jubeljahre[13] – also 400 Jahre lang – über Jerusalem herrschen. Danach wird Jerusalem ein Jubeljahr – 50 Jahre – lang Niemandsland sein, um dann im neunten Jubeljahr wieder in den Besitz des jüdischen Volkes zurückzukehren. Dann beginnt die messianische Endzeit.”
Die seit 1250 in Jerusalem herrschenden Mamelucken wurden im Jahr 1517 von den Türken besiegt. Sie blieben acht Jubeljahre – 400 Jahre – in Jerusalem bis sie 1917 von den Briten besiegt wurden und der Völkerbund den Briten das Mandat über das Heilige Land und Jerusalem (Mandatspalästina) übertrug. Jerusalem war also seit 1917 völkerrechtlich Niemandsland, weil Jordanien dieses Gebiet “Transjordanien” nur vorübergehend verwalten durfte. Als Jerusalem im Sechstagekrieg von 1967 von den Juden erobert wurde – also genau 50 Jahre, ein Jubeljahr später – kehrte es, wie vorausgesagt, in den Besitz der Juden zurück – und die messianische Endzeit begann.[14] Eine interessante These.
1.6 Die Offenbarung des Johannes
Die Absicht der Offenbarung war, den Gläubigen zu zeigen, was (nach Gottes Ratschluss) in Zukunft geschehen sollte (futuristische Sicht) oder nach präteristischer Sicht bereits geschehen ist. Die ersten Jahrhunderte glaubte die Urkirche diesen zukünftigen Prophezeiungen. Sie bekannten sich zum Chiliasmus.[15] Der Wandel in der Kirchengeschichte kam erst mit Kirchenvater Augustin im vierten Jahrhundert.
Johannes gibt uns einen Grundriss in Offenbarung 1,19 „Schreibe, was du gesehen hast, und was da ist, und was geschehen soll danach.“ Wir haben eine chronologische Anordnung. Dinge die Johannes sah (1,9-20), Dinge die sind (2,1-3,22) und die noch kommen werden (4,1-22,21). Das ewige Reich Gottes ist der Höhepunkt in der Prophetie des AT, darum berichtet Kap. 21 und 22 der Offenbarung von etwas ganz Neuem. Mit der Offenbarung wird das AT in das NT geholt. Es befinden sich hier zwar keine unmittelbaren Zitate aus dem AT, aber es befinden sich ca. 550 Aussagen, welche sich auf das AT beziehen.
Die Symbole in der Bibel sollten erklärbar sein und nicht grundsätzlich allen möglichen Spekulationen zum Opfer fallen. Wenn es Symbole hat, soll man versuchen, diese an anderer Stelle in der Offenbarung zu suchen oder in einem anderen Teil der Bibel.
Ein Aspekt sind die 144'000 in der Offenbarung 7,4. Für viele ist diese Runde Zahl verdächtig, weshalb sie symbolisch gedeutet wird.[16] Dispensationalisten gehen von buchstäblich 144'000 versiegelten Juden aus. Wenn es nur Symbolik wäre, warum werden dann die Stämme in Offenbarung 7,5-9 aufgeführt?
1.7 Das Tausendjährige Reich
Nach der Trübsal kündigt sich eine neue und letzte Heilszeit an. Der Herr Jesus kommt als Sieger wieder auf die Erde zurück. Die Erde wird gereinigt und der Teufel für Tausend Jahre gebunden, wodurch es zu einem aufblühen der Schöpfung kommen wird. Jesus wird von Jerusalem aus Zentral die Welt regieren (Theokratie). Ein goldenes Zeitalter wird beginnen.
Die drei bekanntesten Haltungen zum Millennarismus sind der Prä-(Vor-), Post-(Nach-) und A-Millennarismus. Der Post-Millennarismus ist sehr optimistisch. Die grosse Trübsal wird durch die Ereignissse um 70. n. Chr. Abgeschwächt, und die Kirche wird die Macht des Bösen überwinden mit einem fliessenden Übergang in die Ewigkeit. Einer der bekanntesten Postmillennialisten Loraine Boettner (Autor der Standardwerkes: The Millenium) hat es folgendermassen definiert:
„Postmillennialisten glauben, dass das Reich Gottes jetzt in diesem gegenwärtigen Zeitalter durch Predigt des Evangeliums und den rettenden Einfluss des Heiligen Geistes auf die Herzen einzelner Menschen verwirklicht wird und dass zu einem unbestimmten, zukünftigen Zeitpunkt die ganze Welt christianisiert wird. Sie sind ebenfalls der Meinung, dass Christus zum Abschluss des Tausendjährigen Reiches, einer Epoche unbestimmter Dauer, die von Gerechtigkeit und Frieden geprägt wird, wiederkommen wird … Das Tausendjährige Reich, nach dem der Postmillennarist Ausschau hält, ist ein Goldenes Zeitalter am Ende der gegenwärtigen Heilszeit oder des Gemeindezeitalters.“
Nach Boettner wird das Böse auf ein Minimum reduziert werden. Die Bibel besagt, dass das Böse neben dem Guten auswachsen wird, und am Ende der Zeit wird Gott den Weizen in seiner Scheune sammeln und die Spreu im ewigen Feuer verbrennen (Matt. 3,12). Am Ende der Gemeinde werden viele Not leiden und die Liebe wird in ihnen erkalten.
Der Amillennialismus besagt, dass Christus schon jetzt und hier regiert. Die Gemeinde wird auf einen kleinen gläubigen Rest zusammenschmelzen. Der Amillennarist geht davon aus, dass Satan während der Gemeindezeit gebunden ist, sodass er die Völker nicht verführen kann. Schaut man sich aber nur die letzten 100 Jahre an Kriegswirren an oder die Islamisierung früherer christlicher Staaten (z.B. Nordafrika), scheint dieser Punkt nicht gelöst zu sein. Eine Erklärung wäre, dass Satan zwar am Kreuz besiegt wurde, doch die endgültige Niederlage erst mit der Wiederkunft Christi erfolgt.
Der Kritikpunkt an die Prämillennialisten ist, dass nur in Offenbarung 20 von dem Tausendjährigen Reich gesprochen wird. Die Prämillennialisten entgegnen, dass die Zahlen in der Offenbarung nicht symbolisch sind. Die erwähnten 1260 Tage oder 42 Monate sind ebenfalls wörtlich zu verstehen. Die Grundlage für das Tausendjährige Reich bilden in erster Linie die zahlreichen Weissagungen im Alten Testament über das Kommen des Messias, der auf dem Thron Davids sitzen und ein grosses Friedensreich regieren wird. Das Tausendjährige Reich wird zwar nur in Offenbarung 20 erwähnt, doch es wird sechsmal ausdrücklich ein Zeitraum von Tausend Jahren erwähnt. Alles Zufall? Augustinus war der erste, welcher die Zahl 1000 in die dritte Potenz von 10, als Symbol für Vollkommenheit oder die Fülle der Zeit deutete (De civitate Dei, XX.7). Diese Auslegung teilen die meisten Amillennialisten. Warum gerade die dritte Potenz von 10 und nicht irgendeine andere. Diese willkürliche Wahl steht biblisch auf dünnem Fundament.
Eine Erklärung für das Auseinanderfallen von der Wiederkunft Christi und dem Gericht Gottes nennt Fruchtenbaum das „Gesetz der doppelten Erwähnung“. Zwei verschiedene Ereignisse, welche unmittelbar aufeinander folgen, können eine lange zeitliche Periode voneinander getrennt sein. Als Vergleich dient z.B. Sacharja 9,9-10, wo im Vers 9 vom ersten Kommen des Messias gesprochen wird, während Vers 10 das zweite Kommen bezeugt.[17]
Ein weiteres Argument für das messianische Reich ist die Bedeutung für Christi selbst. Er hat scheinbar das Reich auf Erden verloren und wurde durch die Herrscher dieser Welt verworfen (1Kor 2,8), darum macht es Sinn, dass seine Erhöhung in Zukunft auf der Erde stattfindet.
Die Vorstellung von einem irdischen Tausendjährigen Reich war besonders in der frühchristlichen Zeit sehr lebhaft. In der Kirchengeschichte haben wir vor allem Papias, welcher als Hüter der apostolischen Tradition gilt. Papias (ca. 65-140 n.Chr.) verfasste der Überlieferung nach fünf Bücher mit der Überschrift Auslegung der Worte des Herrn. Nur eine Reihe kurzer Zitate in den Schriften späterer Kirchenväter ist erhalten geblieben u.a. bei Eusebius.[18]
„Papias bietet aber auf Grund mündlicher Überlieferung auch noch andere Erzählungen, nämlich unbekannte Gleichnisse und Lehren des Erlösers und ausserdem noch einige sonderbare Berichte. Zu diesen gehört seine Behauptung, dass nach der Auferstehung der Toten tausend Jahre kommen werden…“.
Eusebius hielt diese Aussagen für übertrieben und den Aposteln untergeschoben. Nach Papias hat sich Jesus selber zu einem irdischen Tausendjährigen Reich (Chiliasmus) bekannt. Er schreibt:
„Es werden Tage kommen, wo Weinstöcke wachsen werden, jeder mit 10000 Reben, und an einer Rebe 10000 Zweige, und an einem Zweige 10000 Schosse und an jedem Schoß 10000 Trauben und an jeder Traube 10000 Beeren, und jede Beere wird ausgepreßt 1000 Liter Wein geben.[19]
Ein grosser Teil der Forscher bejaht heute die Kenntnis und Bezeugung zur Apokalypse. Er ist der erste explizite Zeuge johanneischen Offenbarung und der erste Literat der neutestamentliche Kirche, der die als chiliastisch bezeichnete endzeitliche Tradition vertritt.[20]
Justin der Märtyrer (100-165 n.Chr.) glaubte ebenfalls an das Tausendjährige Reich. Sowie Bischof Irinäus von Lyon (ca. 130-200) als Schüler des Polykarp, welcher ein Apostelschüler war. Whitby, der allgemein als Begründer des Postmillennialismus gilt, schreibt:
Die Lehre des Tausendjährigen Reiches oder der irdischen Herrschaft der Heiligen für tausend Jahre wird heute von der gesamten römisch-katholische Kirche und vom grössten Teil des Protestantismus abgelehnt; und trotzdem wurde sie unter den redlichsten Christen 250 Jahre lang als apostolische Tradition angesehen. Als solche wird sie von vielen Kirchenvätern des 2. und 3. Jh. weitergegeben, die von ihr als Überlieferung unseres Herrn Jesus und Seiner Apostel sowie aller antiker Autoren sprechen, die vor ihnen lebte Sie lassen uns die genauen Worte wissen, womit sie überliefert wurde, führen die Schriftstellen an, die dann entsprechend ausgelegt wurden, und sagen, dass alle Christen, die durch und durch rechtsgläubig waren, sie vertreten haben…
Die ersten drei Jahrhunderte sind ein Zeugnis chiliastischer Eschatologie der frühen Kirche.[21]
1.8 Der neue Himmel und die neue Erde
Am Ende des Tausendjährigen Reiches wird Satan losgelassen und es kommt zur letzten Schlacht zwischen dem Teufel und seinen Verbündeten aus dem Volk, welche Jesus nicht angenommen haben, und den Gläubigen. Danach folgt die Vernichtung des Teufels und dem Gericht über die Ungläubigen. Damit enden das Tausendjährige Reich und die letzte Heilsepoche. Es wird einen neuen Tempel, ein neues Jerusalem, neues Licht, eine neue Erde und einen neuen Himmel geben.
Nach dem Gericht wird eine neue und ewige Welt geschaffen werden. Eine wichtige Frage ist, ob die alte Erde erneuert oder komplett neu gemacht werden wird. Wenn man bedenkt, dass das Meer nicht mehr sein wird oder die Sonne nicht mehr sein wird, weil Gott für uns das Licht sein wird, so können wir doch von gravierenden Veränderungen ausgehen. Hebräer 12,22-24 beschreibt das neue Jerusalem als die ewige Wohnung aller Erlösten. Wobei dieses Jerusalem vom Himmel kommen wird, wo es schon jetzt auf uns wartet (Gal 4,26). Wenn nun der HERR, alle Engel und alle Erlösten Platz finden sollen, so kann man durchaus von einem sehr grossen Gebäude ausgehen. Fruchtenbaum schätzt die Abmessungen von Breite*Höhe*Länge 2’200 km (zwölftausend Stadien in Offb. 21,16) und eine 70 Meter hohe Mauer (144 Ellen in Offb 21,17).[22]
Alle Folgeeffekte der Trennung von Gott werden nicht mehr sein, keine Tränen, Tod, Geschrei oder Schmerzen. Der Kreis hat sich geschlossen, die Erlösung und das zu erwartende Reich sind nun vollkommen.
Diese endzeitlichen Aussagen sprengen entweder unser Fassungsvermögen oder sind symbolisch zu deuten.
Gott aber hat also erfüllt, was er durch den Mund aller Propheten zuvor verkündigt hat, dass sein Christus leiden sollte. So tut nun Busse und bekehret euch, dass eure Sünden ausgetilgt werden, damit Zeiten der Erquickung kommen vom Angesicht des Herrn, und er den euch zuvorverordneten Jesus Christus sende, welchen freilich der Himmel aufnehmen muss bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von welchen Gott durch den Mund seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat. (Apg 3,18-21)
2 ENDZEITMODELLE
Wie der Name es schon sagt, handelt es sich um Modelle. Es ist der Versuch, eine Aussage auf Grundlage der Bibel zu machen, welche Ereignisse in der Zukunft zu erwarten sind. Jedes steht für eine bestimmte Zukunftserwartung und eine eigene Weltsicht.
Eine bewährte Grundeinteilung der Modelle erfolgt in
· Prämillennialismus (Klassisch historisch & Dispensationalistisch)
· Postmillennialismus (Klassisch & Präteristisch)
· Amillennialismus (Klassisch & Präteristisch)
Modelle in der Übersicht:[23]
Prämillennialisten erwarten die Wiederkunft Christi vor dem Tausendjährigen Reich. Eine Zeitperiode zwischen der Wiederkunft und Vollendung.
Dispensationalisten erwarten die Wiederkunft Christi vor dem Tausendjährigen Reich mit der Erfüllung der an Israel ergangenen Prophezeiungen in dieser Zeit.
Postmillennialisten erwarten die Wiederkunft Christi nach dem Tausendjährigen Reich. Dieses Reich ist bereits angebrochen und der grösste Teil der Menschheit wird sich zu Gott bekehren.
Präteristen glauben, dass die grosse Trübsal sich bereits im ersten Jahrhundert erfüllt hat und beziehen die Offenbarung des Johannes auf diese Zeit.
Amillennialisten erwarten kein irdisches Tausendjähriges Reich. Die 1000 aus Offenbarung 20 ist symbolisch zu verstehen für die gegenwärtige himmlische Herrschaft Christi und das Gemeindezeitalter.
2.1 Prämillennialismus
Der historische Prämillennialismus knüpft an die frühen Kirchenväter an. Sie kennen keine strenge Trennung zwischen Israel und der Gemeinde. Die Vorsilbe Prä (lat.: vor) drückt aus, dass Christus vor dem Tausendjährigen Reich auf die Erde kommen wird. Christus hat bei seinem ersten Kommen, die Herrschaft Gottes auf Erden aufgerichtet und wird sie mit seinem zweiten Kommen vollenden. Dazwischen liegt die Zeit der Gemeinde und der Mission. Christus kommt vor dem Millennium und nach der Trübsal wieder. Die Gemeinde wird in der Trübsal geläutert und bewahrt. Jesus kommt nach der Trübsal sichtbar und in Macht um seine Gemeinde zu entrücken und das Tausendjährige Reich auszubauen (Off 20,4-6). Am Ende des Tausendjährigen Reiches wird es eine Rebellion des Teufels und seiner Verbündeten geben, welcher zwischenzeitlich für diese Periode gebunden wurde. Der letzte Kampf gegen das Böse und die Vernichtung des Teufels. Gott schafft einen neuen Himmel und eine neue Erde, welche ewig bestehen bleiben. Die ungläubig Verstorbenen werden erst nach dem Millennium gerichtet.
Israel wird eine besondere Rolle zugestanden. Die Verheissungen an Israel werden sich in Zukunft erfüllen (Ps 129,5; Jes 62; Amos 9,11; Hes 36-37; Sach 1,14;). Dazu gehört der Abrahambund mit der Landverheissung (1Mo 15,18). Der Davidbund erfordert ein irdisches Gottesreich (2Sam 7,12-16). Israel wird sich in Zukunft zum Messias Jeshua bekehren. Die Gemeinde hat nicht den Platz Israels eingenommen.
Der Prämillennialismus geht von einer wörtlichen Auslegung der Offenbarung des Johannes aus und ist besonders in fundamentalen bzw. evangelikalen Gruppen weit verbreitet.
Bild 2: Prämillennialismus[24]
2.1.1 Dispensationalismus
Begründer ist John Nelson Darby (1800-1882). Er teilte die Menschheits-geschichte in sieben Zeitalter (Dispensationen oder Heilszeiten) ein:[25]
1. Zeitalter der Unschuld (Eden bis Sündenfall),
2. Zeitalter des Gewissens (Sündenfall bis Sintflut),
3. Herrschaft des Menschen durch den Menschen (Sintflut bis Babel),
4. Verheissung (Abraham bis Sinai),
5. Gesetz (Sinai bis Pfingsten),
6. Gnade oder Kirche (Pfingsten bis Entrückung der Gemeinde),
7. Herrschaft Christi (Tausendjähriges Reich).
Jede Dispensation beginnt mit einem gnädigen Akt Gottes und endet mit dem Unvermögen der Menschheit (Sündenfall, Sintflut usw.). Es wird gelehrt, dass die Juden das von Christus angebotene Königreich verworfen hätten, darum habe Jesus die Gemeinde gegründet. Die Gemeinde wird als Mysterium, ein Art Einschub in Gottes Heilsplan, verstanden.
Zuerst wird die Gemeinde entrückt werden, bevor die Erde von der "grossen Trübsal" heimgesucht wird; erst sieben Jahre danach würde Christus mit seinen Heiligen erscheinen, um das Tausendjährige Reich aufzustellen.
Mit der Entrückung der Gemeinde vor der grossen Trübsal kommen für Israel wieder die mosaischen Gesetze zur Geltung. Auf der ganzen Linie ist Israel das Ziel des Heilsgeschehens. Es besteht weiterhin eine strikte Trennung zwischen Israel und der Gemeinde. Das Millennium ist notwendig, damit sich die alttestamentlichen Verheissungen im Rahmen eines irdischen Reiches Gottes erfüllen können. Während dieser Zeit wird Christus selbst mit den auferstandenen Gläubigen von der Welthauptstadt Jerusalem aus regieren. Israel wird das Hauptvolk der Erde.
Bild 3: Dispensationalismus[26]
Der klassische Dispensationalismus (Darby / Scofield Bibel) geht davon aus, dass es in aller Ewigkeit Gerettete mit himmlischer und irdischer Berufung gibt. Der revidierte Dispensationalismus (Walvoord, Ryrie, Pentecost) geht von einer strikten (organisatorischen) Trennung zwischen der Berufung Israels (irdisch) und der Gemeinde (himmlisch) aus. Die Erlösung ist zwar die gleiche, doch bleibt die Gemeinde immer Gemeinde und Israel immer Israel.[27]
Der progressive Dispensationalismus betont die fortschreitende (progressive) Entwicklung im Plan Gottes. Das gegenwärtige Zeitalter ist kein Unterbruch im Heilsplan, noch eine blosse geistliche Form des Reiches Gottes. Vielmehr erfüllt sich Gottes Heilsplan fortschreitend auch in der Gegenwart, bis sich schliesslich die prophetische Hoffnung im Tausendjährigen Reich und in der Neuschöpfung vollständig realisiert.[28] Die strikte Trennung der Gemeinde und Israel wurde aufgegeben.
In Gegensatz zum klassischen Dispensationalismus, beschränken sie Gottes Reich nicht auf das zukünftige Millennium. Das Gemeindezeitalter ist eine Zeit prophetischer Erfüllungen. Die Hoffnungen des Alten Testamentes erfüllen sich anfänglich im Gemeindezeitalter und im vollen Umfang im zukünftigen Millennium.[29] Progressive Dispensationalisten sehen nach Römer 11 eine zentrale Rolle Israels in der Zukunft und die Wiederherstellung dieses Volkes.
Das Modell geht von einer unaufhaltsamen Abwärtsentwicklung dieser Welt aus. Erwartet wird der Niedergang der Moral, die Verweltlichung der Kirche und Krieg um die heilige Stadt Jerusalem.
In der Gegenwärtigen Dispensation ist Israel als Volk beiseite gesetzt. Die Erfüllungen an das Bundesvolk werden erst in Zukunft erwartet. Die Gemeinde wird vor der grossen Trübsal entrückt, da ihre Berufung himmlisch ist. Israel, und die irdisch Berufenen, müssen durch die Trübsal und werden dort geläutert und gerichtet. Mit der Wiederkunft des Messias wird ganz Israel ihn annehmen, und der Messias wird die Völker der Erde richten. Der Messias wird von Jerusalem über die Welt herrschen mit Israel als Hauptvolk. Am Ende des Millenniums verführt Satan die Völker gegen Gott. Mit Satan werden die Völker und die jetzt zur Auferstehung kommenden ungläubig Verstorbenen gerichtet (Off 20,11-15). Gott schafft einen neuen Himmel und eine neue Erde.[30]
2.2 Postmillennialismus
Jesus Christus kommt nach dem Millennium. Das Reich Gottes wird kontinuierlich auf dieser Erde ausgebaut, durch fortschreitende Christianisierung. So kommt es zu einem fliessenden Übergang in das Tausendjährige Friedensreich. Diese muss nicht unbedingt Tausend Kalenderjahre dauern. Postmillennialisten glauben an eine geistliche, technische und moralische Vorwärtsentwicklung. Christus regiert vom Himmel her. Auf der Erde wird trotz vorübergehender Krisenzeiten Wohlstand und Gerechtigkeit herrschen. Indizien dafür sind: Verbesserung der sozialen Bedingungen, gewaltige Spendenbeiträge für christliche Zwecke, immer mehr Übersetzungen der Bibel weltweit, weltweite Verkündigung des Evangeliums (Röm 1,16; 1Tim 2,4) auch mit modernen Kommunikationsmitteln.[31] Christliche Lehre und Ethik werden zunehmend an Einfluss gewinnen. Kurz vor Christi Ankunft wird es einen weltweiten Abfall geben. Die Stellung Israels ist unklar. Gewisse Postmillennialisten billigen Israel eine Sonderstellung ein, andere Vertreter bestreiten dies.
Bild 4: Postmillennalialismus [32]
Der Teufel ist zu jeder Zeit gebunden, indem er ständig der Kontrolle GOTTES untersteht. Nach Offenbarung 20 wird er aber auf besondere Weise gebunden sein. Das hat noch nicht statt gefunden, da das Friedensreich noch nicht begonnen hat.
Zahlreiche Bibelverse, welche die triumphierende Wiederkunft Christi voraussagen, liegen somit in der Zukunft. Doch zum Unterschied der Prämillennaristen, werden sich diese vor der Wiederkunft erfüllen. Einige Bibelstellen wären Psalm 2,8; 22,28; 47; 72; 86,9; Jesaja 2,2-4; 11,6-9; Jeremia 31,34; Daniel 2,35.44; Micha 4,1-4.
Seit den gewaltigen Fortschritten des 20. Jahrhunderts hat dieses Endzeitmodell wieder an Gewicht gewonnen.
Rekonstuktionismus/Dominionismus
Es handelt sich um eine besondere Ausprägung der Postmillennaristen. Ausgangspunkt ist die These, der Messias würde erst wiederkommen, sobald die ganze Welt inkl. aller Regierungen christianisiert werden.
Der Dominionismus repräsentiert ein irdisches christliches Königreich. Eine damit verbundenen Gesellschaftstransformation, mit dem Ziel einer weltlichen theokratischen Bewegung.
Die Neue Weltordnung repräsentiert das irdische Bemühen, paradiesische Zustände auf dieser Welt zu schaffen. Die Protagonisten versprechen materiellen Wohlstand in einer sozial gerechten Welt und dauerhaften Frieden. Die Vertreter der unterschiedlichsten philosophischen, politischen und religiösen Strömungen haben sich vereint bzw. befinden sich auch noch im Prozess der Vereinigung und haben diese Neue Weltordnung zum UNO-Ziel verankert. Die EU-Politik, sowie geplante Freihandelszonen zwischen der USA und Europa sind Zwischenschritte auf diesem Weg.
Vier dieser Bewegungen üben einen grossen Einfluss auf den Evangelikalismus aus: Neue Apostolische Reformation, Ganzheitliche Mission, Globale Transformation und die Emergent Church.[33]
Die sog. Ganzheitliche Mission versucht die Evangelisation und das soziale Engagement als ebenbürtige Aufgaben anzusehen. Das Sühneopfer Christi und die damit verbundene Exklusivität, soll keine Trennwand zu anderen Religionen oder Weltanschauungen sein.
Ein Vertreter dieser Bewegung ist Johannes Reimer, so schreibt er:
Und ja, wo ein solcher Raum von Christen gefördert wird, wo Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit aus Gottes Gnade gelebt werden, dort entsteht die Bereitschaft der Menschen, sich Gottes Herrschaft zu unterstellen. Jesus hat das einmal mit seinen Worten in Matthäus 5,13 bis 16 deutlich zum Ausdruck gebracht - die Menschen werden die guten Taten der Jünger sehen und dann den Vater im Himmel loben.[34]
Die Emergent Church Vertreter definieren den Begriff ekklesia neu und sprechen von der Erweiterung des synergetischen Königreichs.
2.2.1 Präterismus
Präterismus (lat. praeter = vorbei; vorüber) geht davon aus, dass sich die endzeitlichen Prophezeiungen (z.B. Ankunft des Messias, Ende der Welt, Wiederkunft Christi) entweder beim Fall Jerusalems im Jahre 70 n. Chr. oder beim Untergang Roms im 5. Jahrhundert n.Chr. grösstenteils schon erfüllt haben und die erwartete Endzeit angebrochen ist. Es ist weniger ein Endzeitmodell, sondern eine bestimmte Art die Prophetien des Neuen Testamentes zu verstehen. Die Endzeitrede Jesu (Mt 24), sowie die Offenbarung sind erfüllt. Der Antichrist war der Römische Staat und in personalisierter Form wahrscheinlich Kaiser Nero (Offb 13). Endzeitlich ordnen sich die Präteristen eher postmillen-nialistisch ein. Moderate Präteristen sehen ein Teil der neutestamentlichen Prophetie als erfüllt an, wogegen radikale Präteristen alle neutestamentlichen Zukunftshoffnungen als erfüllt ansehen.
Wahrlich, ich sage euch, es stehen etliche hier, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie des Menschen Sohn haben kommen sehen in seinem Reich!
(Mt 16,28)
Eine Naherwartung wird aus der Offenbarung des Johannes abgeleitet. Es erwartet Ereignisse für die Juden, die Christen und das Römische Reich.[35] Angekündigte Ereignisse werden mit nahe und bald beschrieben.
Die grosse Trübsal erfüllte sich zwischen 63-70 und endete mit der Zerstörung des Tempels. Für den Präteristen Chilton bringt die Einführung des Neuen Bundes und die Abschaffung des Alten Bundes und damit das Gericht über Israel mit sich.[36] Er zitiert Hesekiel 2,3-10, wo die Israeliten als abtrünniges Volk beschrieben werden. Israel hat wenig Hoffnung in diesem Modell.
Die angekündigten Zeichen z.B. Sonne, Mond, Sterne (vgl. Hes 32,7-8) oder Blut, Feuer, Rauchdampf (Joel 3,1-5) sind im poetischen Sinne zu verstehen.[37] Durch die Annahme, dass sich hebräische und griechische Buchstaben zugleich als Zahlzeichen Verwendung finden, ergibt die griechische Schreibweise von Kaiser Nero im hebräischen die Zahl 666.[38] Präterismus in Verbindung mit dem Postmillennialismus rechnen mit dem Sieg des Evangeliums in der Welt. Da die Trübsal schon hinter ihnen liegt, erwarten sie bessere Zeiten und einer Durchdringung der Gesellschaft mit der Botschaft Christi.[39]
2.3 Amillennialismus
Es ist das am häufigsten vertretene Modell. Es geht zurück auf Origenes (185-254), welcher sich einer allegorische Auslegung bediente, wobei er das Reich Gottes vergeistlichte und behauptete, es sei von Adam bis zum gegenwärtigen Zeitalter der Gemeinde. Die alexandrinische Schule der Schriftauslegung (ab dem 4. Jh.) wandte sich gegen die wörtliche Hermeneutik unter dem Einfluss Augustins (354-430). Sie glauben an ein Tausendjähriges Reich, doch sind sie aufgrund der Aussagen von Offenbarung 20 der Überzeugung, dass sich dieses Reich unsichtbar und gegenwärtig realisiert. Das seit der Auferstehung Christi aufgerichtete geistliche Friedensreich erleben die Gläubigen schon jetzt, im Zwischenzustand von Tod und Auferstehung. Gegen Ende erwarten sie eine Intensivierung der Trübsal. Die Gemeinde wird nicht entrückt, sondern durch die letzte Trübsal bewahrt. Dies hat schon begonnen, überall dort, wo die Gemeinde Verfolgung leidet. Wenn Jesus wiederkommt, wird er den Antichristen vernichten, die Toten werden auferstehen und das Gericht aus Offenbarung 20 findet statt.
Amillennialisten sehen in der Offenbarung keine chronologische Abfolge von Ereignissen, sondern einen zyklischen Aufbau. Sie glauben an eine plötzliche, sichtbare Rückkehr von Jesus Christus. Sie erkennen in Offenbarung 20,9 die Wiederkunft Christi. Der Teufel ist in der Zeit der Gnade bereits gebunden, wodurch der Auftrag der Weltmission erfüllt werden kann.[40]
Sie glauben, dass sich die alttestamentlichen Verheissungen an Israel, David und Abraham durch Jesus Christus und die Gemeinde im gegenwärtigen Zeitalter erfüllen werden. Die Auferstehung der Gläubigen und Ungläubigen erfolgt zeitgleich (Offb 20,11-15).
Bild 5: Amillenarismus[41]
3 AUSBLICK
Alle Modelle teilen gemeinsam folgende Auffassung:
1) Jesus kommt wieder.
2) Gott hat die Kontrolle über die Welt nicht verloren.
3) Gott wirbt um die Menschen, auch wenn manches Leid auf der Erde geschieht.
4) Diese Erde wird einmal gerichtet, doch es wird in Zukunft eine vollkommene Welt geben.
Der Prämillennialismus wird durch die frühen Kirchenväter vertreten und bietet Raum für eine positive Entwicklung in der Endzeit. Wie der Dispensationalismus weisst es ein gewisses Potential an Weltflucht auf. Die Wiederkunft Christi und das Gericht fallen Tausend Jahre auseinander.
Der Dispensationalismus ist ein sehr ausschliessendes und geschlossenes System, was wenig Spielraum zulässt. Die Zwei-Wege-Erlösung (Gemeinde-Israel) ist problematisch, sowie die Auslegung aus dem AT heraus. Die Gefahr der Vernachlässigung des Diesseits und die damit verbundene Ghettomentalität stehen immer im Raum. Der revidierte/progressive Dispensationalismus konnte zumindest in Kernfragen (Kein Unterbruch des Heilsplans Gottes, keine strikte Trennung zwischen der Gemeinde und Israel etc.) eine offenere Position schaffen.
Die Sichtweise der Postmillennialisten ist ebenfalls äusserst optimistisch. Das wir uns zunehmend Richtung Himmel entwickeln ist nicht ersichtlich. Ein Blick auf die Katastrophen der letzten 100 Jahre zeigt uns eher ein düsteres Bild. Zudem kann das Böse nicht auswachsen bis zur Wiederkunft Christi. Das Argument, dass man etliche Tausend Jahre Zeit hätte, erinnert ein wenig an die Evolutionstheorie, wo der unbegrenzte Zeitfaktor als einziges Argument herhalten muss. Die Zukunftserwartung ist hier ebenfalls sehr positiv. Im 18. und 19. Jahrhundert setzte der Postmillennialismus grosse Kräfte für die Mission und Evangelisation frei. Das Reich Gottes ist nicht nur eine jenseitige Hoffnung, sondern wird als diesseitige Befreiung und Verbesserung der innerweltlichen Zustände verstanden. Ob sich durch die Verbesserung der Weltsituation auf ein unmittelbares Friedensreich schliessen lässt, bleibt offen.
Das Eschatologische Modell des Präterismus ist sehr optimistisch und gegenwartsbezogen. Die präteristische Sicht könnte als eine Vorschattung der kommenden Ereignisse betrachtet werden. Die präteristische Denkschule hat eine lange Geschichte: Einer der frühesten Vertreter war Eusebius von Caesarea (260-339), der seine diesbezüglichen Meinungen in der Theophania niederschrieb. Die Naherwartung ist sehr zentral. Doch hat der Messias eine Zeitbeschränkung für das Kommen des Reiches Gottes gesetzt? Bei einer Gelegenheit sprach er davon, dass seine Nachfolger das Reich Gottes sehen würden bevor sie sterben (Mt 16,28). Diese Voraussage könnte in der Vision des Reiches Gottes erfüllt sein (Mt 17,9). Petrus erklärte später, dass die Verklärung als Ereignis eine Vision des kommenden Königreiches und der Wiederkunft war (2Petr 1,16-18). Ist Jesus wiedergekommen? Haben sein Füsse den Ölberg berührt? Hat sich der Ölberg gespalten? (vgl. Sach 14,4) Hat sich das Evangelium in der ganzen Welt ausgebreitet? Für die Menschen zu dieser Zeit scheint es sicherlich so ausgesehen zu haben, als wäre es eine grosse Trübsal. Die Frage bleibt, handelte es sich um die grosse Trübsal. Welches sind die Ziele der Trübsal? Das Böse soll endgültig vernichtet werden (Jes 13,9). Ein weiteres Ziel ist eine weltweite Erweckung (Off 7,1-4).
War im Jahre 70 die grosse Trübsal in der Geschichte der Welt gesehen – sogar grösser als das Schlachten der Juden und Christen unter Hitler, Stalin, Mao („und auch keine mehr kommen wird” – Mt 24,21); dass Christus wie ein Blitz, der vom Osten ausfährt und bis zum Westen scheint, sichtbar kam (V. 27), dass sich die Sonne verfinsterte und der Mond seinen Schein nicht mehr gab, dass „das Zeichen des Menschensohnes am Himmel” erschien, dass Er seine Engel aussandte um „seine Auserwählten zu versammeln von den vier Windrichtungen her” (Verse 29-31), usw. Sind wir jetzt im Millennium? Ist Satan gebunden? Ist Christus der König, der jetzt über die Erde herrscht und die Welt in ein Paradies verwandelt hat?
Der Amillennialismus ist sehr realistisch und gegenwartsbezogen. Gut und Böse bleiben nebeneinander bestehen und wachsen beide aus. Es löst das Problem der Wiederkunft Christi, sowie das damit verbundene Gericht. Andererseits bekommt hierdurch die Wiederkunft Christi einen nicht so hohen Stellenwert. Man neigt eher zu einer pessimistischen Sicht, wo am Ende nur ein kleiner Rest wahrer Gläubiger übrigbleibt. Die Stellung des Versuchers ist unklar. Der Einfluss der alexandrinischen Denkschule ist ebenfalls fraglich.
Wir versuchen Modelle zu entwickeln, welche uns die Zukunft aufzeigen sollen. Doch letzten Endes bleiben es nur Modelle. Kein erlöster Mensch könnte je die Herrlichkeit der vor ihm liegenden Zukunft völlig erfassen. Der göttliche Heilsplan wird sich uns erst vollkommen erschliessen, wenn wir im Bild Gottes umgewandelt werden.
Fand an Pfingsten eine Teilerfüllung der prophetischen Worte Joels statt (Apg 2,16)? Je nach Modell erwartet man in Zukunft die vollständige Erfüllung der Prophetie und der Ausgiessung des Geistes GOTTES (Joel 2,28-32).
Gott offenbart die Endzeit wie einen Fahrplan. Doch so einfach ist Gottes Prophetie dann doch nicht (1Petr 1,10-12). Auch wir haben die Zusage, dass Gottes Geist uns das zukünftige offenbaren wird die ganze Wahrheit (Joh 16,13), doch wir müssen uns bewusst sein, dass auch wir noch vor offenen Fragen stehen (1Kor 13,12). Wir sollten und nicht über das Tausendjährige Reich streiten, sondern uns auf die Wiederkunft Christi freuen.
Die Gefahr von Endzeittheorien besteht darin, dass man aus einzelnen Bibelstellen ganze Konzepte entwickelt. Man interpretiert die Bibel und das Zeitgeschehen durch seine eigene Brille. Bibelstellen und Zeitereignisse, die den eigenen Endzeitplan stützen, werden zitiert, andere hingegen werden ignoriert. Häufig besteht auch die Gefahr, die Endzeitangst als Mittel zu gebrauchen. Alle Erkenntnis ist Stückwerk – auch die eigene. In der Bibel werden wir aufgefordert jederzeit bereit zu sein, Jesus zu begegnen. Wir wissen zwar nicht genau was kommt, aber wir wissen wer kommt. Wenn wir die Vergebung durch Jesu stellvertretenden Tod am Kreuz für uns persönlich in Anspruch genommen haben, können wir getrost in die Zukunft blicken.
Es wäre wünschenswert, wenn man öfter von Thesen sprechen würde und dabei genügend Spielraum offen liesse oder wie es den berühmte englische Schriftsteller Horace Walpore (1717-1797) ausdrückte: Die klügsten Propheten warten erst die Ereignisse ab.
Du aber sei nüchtern in allem, leide Trübsal, tue das Werk eines Evangelisten, vollführe deinen Dienst. (2Tim 4,5)
Freuet euch allezeit; betet unablässig; danksaget in allem, denn dieses ist der Wille Gottes in Christo Jesu gegen euch. Den Geist löschet nicht aus; Weissagungen verachtet nicht; prüfet aber alles, das Gute haltet fest. Von aller Art des Bösen haltet euch fern. (1Thess 5,16-22)
[1] Hardmeier, Roland: Zukunft. Hoffnung. Bibel. Endzeitmodelle im Vergleich, 2007, S. 14.
[2] Hosier, John: Endzeit. Zukunft im Visier, 2001. S. 11
[3] Hardmeier, Roland: Zukunft. Hoffnung. Bibel. Endzeitmodelle im Vergleich, 2007, S. 15.
[4] David Chilton: Die Große Trübsal 1996, S. 5
[5] Fruchtenbaum, Arnold: Handbuch der biblischen Prophetie, 7. Auflage, 2009. S. 99, 10
[6] Fruchtenbaum, Arnold: Handbuch der biblischen Prophetie, 7. Auflage, 2009. S. 111
[7] Fruchtenbaum, Arnold: Handbuch der biblischen Prophetie, 7. Auflage, 2009. S. 11
[8] Daniel 9,25-27 Die siebzig Wochen werden in drei Abschnitte untergliedert: 7 Wochen (Aufbau von Jerusalem 445-396 v.Chr.), 62 Wochen (Zeit bis zum Messias 396 v.Chr.-31n.Chr) und 1 Woche (Dan 9,26-27: Kommende Fürsten, die einen festen Bund mit den Vielen schliessen wird für eine Woche). Eine Jahrwoche entspricht dabei einer „Woche" von sieben Jahren. Die siebzig Jahrwochen ergeben also zusammen 70 x 7 = 490 Jahren.
[9] Ryrie, Charles: Die Bibel verstehen, 3. Aufl. 2004, S. 558
[10] http://en.wikipedia.org/wiki/Rapture
[11] Ryrie, Charles: Die Bibel verstehen, 3. Aufl. 2004, S. 503
[12] Liebi, Roger: Israel und das Schicksal des Irak, 5. Auflage, 2003. S.47
[13] Ein Jubeljahr hat 50 normale Jahre (3Mose 25).
Es ist das Jahr, in dem nach sieben Sabbatjahren – also nach 49 Jahren – im 50. Jahr jeder wieder zu seinem Landbesitz oder seiner Immobilie kommt, die er verkauft hatte.
[14] Nach Ludwig Schneider, israelheute, Dezember 2012, Heft 408, www.israelheute.com
[15] Zukünftiges Tausendjähriges Reich auf der Erde.
[16] Hosier, John: Endzeit. Zukunft im Visier, 2001. S. 113
[17] Fruchtenbaum, Arnold: Handbuch der biblischen Prophetie, 7. Auflage, 2009. S. 11-12
[18] Eusebius von Cäsarea: Kirchengeschichte (Historia Ecclesiastica) Drittes Buch Kap. 39,5
[19] Des heiligen Irenäus fünf Bücher gegen die Häresien. Aus dem Griechischen übersetzt von E. Klebba. (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 3) München 1912. Fünftes Buch Kapitel 33,3
[20] Maier, Gerhard: Die Johannesoffenbarung und die Kirche, 1981. S. 62
[21] Pentecost, J. Dwight: Bibel und Zukunft. Untersuchung endzeitlicher Aussagen der Heiligen Schrift, 1993. S. 388
[22] Fruchtenbaum, Arnold: Handbuch der biblischen Prophetie, 7. Auflage, 2009. S. 466-467
[23] Hardmeier, Roland: Zukunft. Hoffnung. Bibel. Endzeitmodelle im Vergleich, 2007. S 17
[24] http://de.wikipedia.org/wiki/Prämillenarismus
[25] Blaising, Bock: Progressive Dispensationalism, 1993. S. 119
[26] http://de.wikipedia.org/wiki/Dispensationalismus
[27] Blaising, Bock: Progressive Dispensationalism, 1993. S. 23, 32
[28] Hardmeier, Roland: Zukunft. Hoffnung. Bibel. Endzeitmodelle im Vergleich, 2007. S. 31
[29] Blaising, Bock: Progressive Dispensationalism, 1993. S. 53
[30] Hardmeier, Roland: Zukunft. Hoffnung. Bibel. Endzeitmodelle im Vergleich, 2007. S. 33
[31] Ryrie, Charles: Die Bibel verstehen, 3. Aufl. 2004, S. 492
[32] http://de.wikipedia.org/wiki/Postmillenarismus
[33] Erdmann, Martin: Der Griff zur Macht. Dominionismus – Der evangelikale Weg zum globalen Einfluss, 1. Aufl. 2011, S. 43
[34] http://www.ideaschweiz.ch/04.April 2013
[35] vgl. Offenbarung 1,1a; 1,3; 1,19; 2,16; 3,10-11; 22,6-7; 22,12; 22,20
[36] Chilton David: Die grosse Trübsal, 1. Aufl. 1996. S. 25, 51
[37] Chilton David: Die grosse Trübsal, 1. Aufl. 1996. S. 22-26
[38] Chilton David: Die grosse Trübsal, 1. Aufl. 1996. S. 140
[39] Hardmeier, Roland: Zukunft. Hoffnung. Bibel. Endzeitmodelle im Vergleich, 2007. S. 42
[40] Das Satan gebunden ist, bedeutet nicht, dass er nicht mehr aktiv ist. Zur Zeit des Alten Testaments, zumindest nach Abraham, befanden sich alle Nationen der Welt mit der einen Ausnahme von Israel unter der Herrschaft Satans. Zu dieser Zeit wussten die anderen Nationen nicht um diese Wahrheiten; sie befanden sich in Unwissenheit und im Irrtum (vgl. Apg 17,30). Ausnahmen waren einzelne Personen, Familien oder Städte, die mit der besonderen Gottesoffenbarung in Israel in Kontakt kamen.
[41] http://de.wikipedia.org/wiki/Amillennialismus