Das kommende Königreich des Messias Teil 1/2
Eine Lösung für das Rätsel des Neuen Testaments
Sir Anthony F. Buzzard; BT, MA (Oxon), MA Th.
© Restoration Fellowship, 2002 (3. Auflage)
www.restorationfellowship.org
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Einleitung
Teil 1: Jesus und die messianische Zukunft
1. Der Mittelpunkt der christlichen Lehre – Das Reich GOTTES
2. Das Königreich, das die Propheten erwarteten
3. Traditionelle jüdische und christliche Erklärungen
4. Eine dritte Alternative
5. Der unpolitische Messias der christlichen Tradition
6. Das künftige politische Königeich in der Lehre Jesu
7. Der Edelmann, der in ein fernes Land zog und wiederkommt
8. Jesus, der jüdisch-christliche Messias
9. Das unklare künftige Königreich der traditionellen christlichen Lehre
10. Die Eliminierung des zukünftigen Königreiches durch die nachapostolische Theologie
Vorwort
Auch heute werden die Fragen immer noch gestellt: „Wer ist oder war Jesus?“ und „Was waren seine Absichten und Ziele?“ Buchverlage bringen immer wieder große Mengen von Literatur auf den Markt, allgemeinverständliche und wissenschaftliche, die diese sogenannten Problemfragen behandeln. Viele Christen scheinen immer noch zu glauben, dass es für Jesus das wichtigste Ziel war, für uns zu sterben, damit wir „in den Himmel kommen“ können, wenn wir sterben und es so vermeiden können, in dem Feuer der Hölle für immer und ewig gequält zu werden (paradoxerweise von einem GOTT, der voller Gnade und Barmherzigkeit
ist!). In Wirklichkeit hat Jesus mit keinem Wort gesagt, dass wir in den Himmel kommen, wenn wir sterben. Er hat auch niemals vom einer „ewigen Qual“ gesprochen. Er hat seinen Jüngern verheißen, dass sie einmal die Erde zum Erbe haben werden, wenn er aus dem Himmel zurückkommen wird. Wer war dieser Jesus? Was ist sein Auftrag gewesen? Würde man ihn heute in den Kirchen und Gemeinden willkommen heißen und wenn ja, in welchen dervielen Hundert Denominationen?
Das heutige Interesse an „geistlichen“ Dingen hat bedauerlicherweise zu einer übereilten Annäherungsweise zu GOTT geführt, die wenig Erfolg und dafür mehr Enttäuschungen zum Ergebnis hat. GOTT findet man nicht, indem man einen Bibelvers auswendig lernt und ihn als Mantra verwendet, um das zu bekommen, was man sich wünscht. Der Verkauf von fünf Millionen Büchern, die nur einen einzigen Text zur Grundlage haben, bringt die Sache Christi nicht voran. Wer die Wahrheit finden will, muss sich mühen, muss forschen und studieren.
Ich glaube, dass unsere biblischen Berichte über den historischen Jesus stimmig und zuverlässig sind. Sie zeigen einen Jesus, der wunderbar und ohne Probleme in das jüdische Umfeld des ersten Jahrhunderts der nach ihm benannten Zeitrechnung passt (was wenig verwunderlich ist!). Sie beschreiben einen Jesus, dessen Geburt schon Jahrhunderte vorher von dem GOTT verheißen worden ist, der Seinen großen Plan für die Geschichte der Welt offenbart hat. Durch Seine göttliche Zusage garantiert der GOTT und HERR der Bibel das Kommen einer höchsten königlichen Person, die zum Hause Davids gehört.
Die Verfasser der neutestamentlichen Schriften waren sachkundige Lehrer, die schrieben, um verstanden zu werden. Ihre Leidenschaft, alles mit uns zu teilen, was sie bei ihrem Zusammensein mit Jesus entdeckt hatten, ist in ihren Schriften klar zu erkennen. Es fällt einem schwer, zu glauben, dass ihre Mitteilungsversuche so armselig waren, dass sie zu einer zersplitterten Kirche mit einer Menge unterschiedlicher Denominationen führten – ganz zu schweigen von der erschreckenden Unfähigkeit der Theologen, in ihren Schriften eine Übereinstimmung zu finden, wer Jesus war („Gelernter Unglaube“ mag das eigentliche Problem sein und nicht die neutestamentlichen Dokumente an sich). Das große Durcheinander, das in der heutigen Kirche zu finden ist, ist unsere Schuld und nicht die Schuld der ursprünglichen christlichen Verfasser des Neuen Testaments.
Die Bibel ist kein westliches Buch aus dem 20. Jahrhundert. Sie ist ein jüdisches Buch. Jesus war ein Jude und seine Theologie ist tief in der jüdischen Bibel verwurzelt, die wir das Alte Testament nennen. Die Art und Weise, wie er den Anspruch erhob, der Messias zu sein, ist der entscheidende und unverzichtbare Schlüssel für alles, was er ist. Das Neue Testament (Matth 1, 1) stellt ihn uns als den Messias vor, als den Nachkommen Davids und Abrahams. Diese großartige und alles zusammenfassende Aussage gibt uns einen wichtigen Hinweis für die Bedeutung Jesu und seine Mission. Der Christus (Messias) ist der von GOTT eingesetzte König. Der Messias soll nach der Vorsehung GOTTES über die Welt herrschen. Das Messiassein ist ein durch und durch politisches Konzept. Wer das nicht erkennt, versteht das Neue Testament von der ersten bis zur letzten Seite falsch. Weit davon entfernt, eine Kirchenfensterfigur ohne Bezug zur Wirklichkeit zu sein, war Jesus seinem Stil nach viel eher ein politischer Aktivist, der für seine eigene „theokratische“ (durch GOTT legitimierte) Partei geworben hat. Sein Streben war es, die politischen Zielsetzungen des Einen GOTTES bekanntzumachen, dessen Sohn er seiner Behauptung nach war. Mit seinem Anspruch, der schon lange verheißene Messias Israels zu sein, drückte Jesus seine Leidenschaft für eine bahnbrechend neue Weltregierung aus, für eine neu organisierte, friedliche und glückliche Gesellschaft mit ihrem Zentrum in Israel, in dem verheißenen Land, in GOTTES Land (2. Sam 7), die wunderbare Auswirkungen haben wird, die sich über den ganzen Globus erstrecken. Die hebräische Bibel (das Alte Testament), die Bibel, die Jesus gekannt hat, ist geradezu voll von dieser Vision eines kommenden neuen Zeitalters in der Weltgeschichte.
Dieses Königreich GOTTES ist die einzige Lösung für die schlimmen und scheinbar unlösbaren Probleme der Welt. Viel Verwirrung bringend (besonders für diejenigen, die versuchen, die Bibel zu lesen und zu verstehen), haben die Kirchen sich eigene Vorstellungen ausgedacht, wer und was Jesus sein sollte. Menschen, und besonders religiöse Menschen, projizieren auf ihren „Jesus“ alle möglichen Arten von erdachten Vorstellungen. So machen sie ihn zu einem Lehrer von zeitlosen Wahrheiten, der gut ist und so weiter. Oder sie identifizieren ihn mit einem bestehenden politischen Programm und beginnen die Gesellschaft mit diesen Idealen zu beeinflussen. Aber der Jesus der Bibel hat nicht versucht, auf die bestehenden politischen Systeme einzuwirken. Als „theokratischer“ Kandidat verkündigte er unbeirrbar und unermüdlich, als Drohung und Verheißung, die in der Zukunft liegende Ankunft seiner eigenen Weltregierung, die Ankunft des Königreiches GOTTES. Das Königreich GOTTES war das Hauptthema seiner Erlösungsbotschaft. Der Glaube Jesu an dieses zukünftige Königreich war auf die „jüdischen“ Hoffnungen der Propheten Israels gegründet. Deshalb sprachen die Nachfolger Jesu auf der Grundlage der Worte GOTTES an Mose in 5. Mose 18, 15-17 (s.a. Apg 3, 22; 7, 37) von ihm als dem „verheißenen Propheten“.
Dieser Prophet hat von GOTT die Vollmacht, über das Schicksal eines jeden Menschen zu entscheiden. Es sollte deshalb in unserem Interesse liegen, diesem von GOTT eingesetzten obersten Herrscher die entsprechende Aufmerksamkeit zu schenken und sich ihm zu unterwerfen. Sein Opfertod für die Sünden der Welt und die darauffolgende Auferweckung von den Toten sind eine Bestätigung für seine göttliche Berufung zum Herrscher in dem kommenden Königreich.
Sein Tod und seine Auferweckung dürfen niemals losgelöst von seiner Botschaft vom Königreich gesehen werden. Die Vergebung der Sünden ist im Neuen Testament nicht sichergestellt, wenn man nur glaubt, dass Jesus gestorben und auferstanden ist. Sie wird zunächst einmal unter der Bedingung gewährt, dass wir mit unserer Verstandeskraft auf seine Predigt vom Königreich GOTTES eingehen. Seine erste Anweisung war, dass wir an das Evangelium vom Königreich glauben sollen (Mark 1, 14+15).
Mit diesen Ausführungen will ich in einer allgemeinverständlichen Sprache dazu beitragen, dass das Neue Testament wieder mit seinem alttestamentlichen Hintergrund verbunden wird. Zum Zweiten möchte ich, dass Jesus als der Messias Israels und der Welt verstanden und im Licht seiner leidenschaftlichen Ankündigung einer neuen politischen Ordnung auf der Erde studiert wird, über die er bei seiner Rückkehr auf die Erde, von Israel aus regierend, als König die Oberherrschaft haben wird. Sein Evangelium, seine gute Nachricht über das Königreich - das davidische messianische Königreich - bietet dir persönlich durch die zukünftige Auferweckung der Toten nicht nur ein unauslöschliches Leben und Unsterblichkeit an (was ein ganz anders Konzept als das „in den Himmel kommen, wenn wir sterben“ ist). Das Evangelium, so wie Jesus es verkündigt hat, lädt dich auch dazu ein, den Rest deines Lebens der Vorbereitung auf die Teilnahme an der Herrschaft in diesem zukünftigen Königreich auf einer erneuerten Erde zu widmen. Du bist eingeladen, zusammen mit dem Messias ein Miterbe dieses Königreiches zu sein. Kurz gesagt, der Jesus der Geschichte, der echte „Theokrat“, setzt auch heute seine Arbeit fort, Mitglieder für seinen königlichen Hofstaat zu rekrutieren, Mitglieder dieser theokratischen Partei, die dazu angehalten sind, sich mit GOTTES Hilfe vorzubereiten, um an der zukünftigen Regierung des Messias teilhaben zu können. Das wird die erste und einzige Regierung sein, die erfolgreich über die Welt herrscht.
Einleitung
Die christliche Theologie ist mit ihrem Versuch, das Leben und die Lehre Jesu zu verstehen, in einer Sackgasse gelandet. Alteingeführte und tief verwurzelte Denkmuster hindern sie daran, den Geist seiner Mission richtig zu erfassen. Die Schwierigkeit liegt ganz einfach in einem fehlenden Verständnis für das messianische Königreich, das der Mittelpunkt von allem war, was Jesus gelehrt hat.
Das sogenannte Problem des messianischen Bewusstseins Jesu kann nur gelöst werden, wenn die Theologen ihre Vorurteile gegen den Messianismus ablegen, der das Neue Testament und die ganze Bibel durchzieht. Die Auslegung eines religiösen Dokuments durch Menschen, die die Glaubensinhalte nicht teilen, die sich in diesem Dokument auftun, führt zu enormen Schwierigkeiten. Die von der Tradition geprägte Christenheit, sowohl die konservative wie auch die liberale Seite, hat für messianische Dinge, so wie Jesus und seine damalige Zuhörerschaft diesen Begriff verstanden haben, nur wenig übrig.
Solange Ausleger sich nicht an dem hebräischen, messianischen Umfeld ausrichten, in dem Jesus gelehrt hat, und nicht mit Sympathie darauf reagieren, solange werden sie damit weitermachen, diesen Jesus der Geschichte und des Glaubens zu verdunkeln - sowohl den Menschen als auch seine Botschaft.
Dass man das Neue Testament durch den Filter der kirchlichen Tradition liest, ist leider schon seit langer Zeit so; nur eine theologische Revolution kann diesen Zustand beenden. Es gibt aber Zeichen, die hoffen lassen. Am Ende des 20. Jahrhunderts ist eine Stimmung aufgekommen, die zu einer neuen Sichtweise auf die neutestamentlichen Dokumente ermutigte, die notwendig war, um zu ihrem Kern zu gelangen. Überall gibt es unter Theologen und unter ganz normalen Bibellesern ein Verlangen nach stimmigen Erklärungen.
Es gibt Anzeichen, dass sich der eiserne Griff der Dogmen aus der nachbiblischen Christenheit zu lockern beginnt. Wir müssen dringend das Neue Testament und die ganze Bibel lesen und erlauben, dass seine/ihre einheitliche Botschaft zu uns spricht. Wir müssen aber wachsam sein, dass wir nicht die Teile der Botschaft herausfiltern, die unserem modernen Denken zuwider oder fremd zu sein scheinen. Es ist so oft schon geschehen, dass Theologen willkürlich entschieden haben, welche Teile des Neuen Testaments sie für den Glauben als relevant akzeptieren wollen. Wenn sie sich nicht für die Apokalyptik interessieren, dann wird auch der Jesus, den sie in den Berichten finden, nichts Dramatisches über das Ende dieses Zeitalters gesagt haben. (Es geht um ein zukünftiges, von Katastrophen begleitetes Eingreifen GOTTES, der Seinen Beauftragten, den Messias, benutzt, um eine neue Gesellschaft aufzurichten – das Königreich GOTTES.)
Wenn sie nach einer liberalen Person suchen, dann werden sie diese in Jesus finden. Wenn sie nach einem Gesellschaftsreformer suchen, dann werden sie ihn in den christlichen Dokumenten entdecken. Es ist weithin anerkannt, dass dieses eine Schwachstelle der theologischen Vorgehensweise in der Vergangenheit gewesen ist. Nichtsdestotrotz zeigen auch heutige Theologen ihre Abneigung gegenüber dem Messianismus von Jesus, wenn sie entweder die Teile seiner Aussagen ignorieren, die beweisen, dass er voll und ganz in der alttestamentlichen und jüdischen apokalyptischen Tradition stand, oder wenn sie alle derartigen „geistlichen Höhenflüge“ der neutestamentlichen Gemeinde tadeln. Man hat in dem Bemühen, Jesus für die Teile seiner Lehren zu entschuldigen, die sie unbequem oder nicht akzeptabel empfinden, viel Einfallsreichtum aufgewandt. Wenn wir das Neue Testament jedoch in seinem hebräischen Kontext lesen und es zulassen, in seine Botschaft mit einbezogen zu werden, dann werden wir feststellen, dass ein Christentum auftaucht, das stimmig und pragmatisch ist, wenngleich es sich auch in verschiedenen wichtigen Punkten von dem Glauben unterscheidet, der als angebliche die Religion von Jesus und den Aposteln Akzeptanz gefunden hat. Wie bei allen Lehren von Jesus ist es von zentraler Wichtigkeit, dass man damit beginnen muss, sie zu erforschen und zu untersuchen. Zum Glück sind die Theologen in ihrem Verständnis einer Meinung, worum es bei dieser Thematik geht. Auch ein nur flüchtiger Blick auf die Berichte von Matthäus, Markus und Lukas lässt erkennen, dass es ohne Zweifel um das Königreich GOTTES geht.
Teil 1
Jesus und die messianische Zukunft
1. Der Mittelpunkt der christlichen Lehre – Das Reich GOTTES
Unsere christlichen Dokumente weisen auf eine unbestreitbare Tatsache hin: Jesus hat sich vor allem mit der Verkündigung des Reiches GOTTES befasst. Dieses Königreich ist der Mittelpunkt seiner ganzen Mission. Es ist seine Parole und der Kern aller seiner Lehren.
Er verkündigte, dass es „nahe gekommen“ ist (Mark 1, 14+15: „Jesus kam nach Galiläa und predigte das Evangelium GOTTES und sprach: Die Zeit ist erfüllt, und das Reich GOTTES ist nahe gekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“)
Er demonstrierte die Macht dieses Reiches in seinem Dienst und verhieß es als Belohnung für seine Jünger (Luk 12, 32: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben.“)
Er forderte sie auf, für das Kommen dieses Reiches zu beten (Matth 6, 10: „Dein Reich komme; dein Wille geschehe … auf Erden!“).
Er versicherte seinen Nachfolgern auch, dass sie eines Tages Führungspositionen als Staatsminister in diesem Königreich innehaben würden: „Ihr aber seid es, die mit mir ausgeharrt haben in meinen Versuchungen; und ich verordne euch, wie mein Vater mir verordnet hat, ein Reich; dass ihr esst und trinkt an meinem Tisch in meinem Reich und auf Thronen sitzt, die zwölf Stämme Israels zu richten.“(Luk 22, 28-30; s.a. Apg 1, 6; 3, 21)
Diese bedeutsamen Verheißungen sollen Erfüllung finden, „wenn der Menschensohn in der kommenden Welt auf dem Thron seiner Herrlichkeit sitzt“ (Matth 19, 28 –NeÜ). Dieses verheißene neue Zeitalter wird mit der Wiederkunft Jesu beginnen (Matth 25, 31: „Wenn aber der Sohn des Menschen kommen wird in seiner Herrlichkeit … dann wird er auf seinem Thron der Herrlichkeit sitzen“).
Theologen sind davon überzeugt, dass Jesus nicht richtig verstanden werden kann, wenn man nicht begreift, was er mit dem Königreich GOTTES gemeint hat. Allerdings sind sie sich viel weniger sicher, ob sie eine klare Definition dieses Königreiches anbieten können. In ihren theologischen Schriften bringen sie häufig eine Unsicherheit zum Ausdruck, ob jemals die Bedeutung herausgefunden werden kann, die Jesus mit dem Begriff „Königreich GOTTES“ verbunden hat:
„Es ist Zeit, dass jemand diejenigen zwingt, Farbe zu bekennen, die glauben, dass sie genau wissen, was Jesus mit dem Königreich GOTTES gemeint hat“ (Robert Morgan, in Theology, November 1979, S. 458).
„Trotz verschiedener Versuche ist es nicht möglich, das „Königreich GOTTES“ so zu definieren, wie es in den Evangelien oder außerhalb benutzt worden ist; wir können nur sagen, dass es für die Gesamtheit des Segens steht, der uns von Gott in Christus zuteilwerden wird und in dem höchsten Leben besteht, in dem wir jetzt schon zu Hause sind“ (The New Century Bible, Commentary on James, ed. E.M. Sidebottom, London: Nelson, 1967, S. 41.)
Andere Ausleger spüren, dass irgendetwas grundlegend falsch ist, wenn der Begriff, den Jesus immer wieder verwendet hat und der in der Tat zu seiner eigenen Botschaft gehört, so gut wie nie in christlichen Kreisen zu hören ist. Tom Sine weist darauf hin, dass „der künftige Triumpf GOTTES das zentrale Thema in der Verkündigung Christi war“. Er fügt dann hinzu: „Michael Green fragte 1974 während der Internationalen Konferenz für Weltevangelisation in Lausanne: ‚Wie viel haben Sie hier über das Königreich GOTTES gehört? Nicht viel! Es gehört nicht zu unserer Sprache. Aber es war das Hauptanliegen Jesu.’” (The Mustard Seed Conspiracy, Waco, TX: Word Books, 1981, S. 102-3, Betonung hervorgehoben).
Auch das offene Eingeständnis Peter Wagners sollte uns beunruhigen. Es ist sehr aufschlussreich. Er bekennt, dass die Christen nicht die Sprache Jesu verwenden! In seinem Buch Church Growth and the whole Gospel zitiert er George Eldon Ladd, der sagt, dass „die heutige Theologie vollkommen einer Meinung ist, dass das Königreich GOTTES die zentrale Botschaft Jesu war.“ Wagner merkt dann an: „Wenn das wahr ist - und ich kenne keinen Grund, der dagegen spricht - dann muss ich laut fragen, warum ich in den 30 Jahren, seit denen ich Christ bin, nicht mehr darüber gehört habe. Natürlich habe ich in der Bibel sehr viel darüber gelesen. Matthäus erwähnt das Königreich 52 Mal, Markus 19 Mal, Lukas 44 Mal und Johannes 4 Mal. Aber ich kann mich ehrlich gesagt nicht an einen Pastor erinnern, dem ich dienstlich unterstellt war, der in einer Predigt wirklich über das Königreich gesprochen hat. Wenn ich meine eigene Predigtsammlung durchstöbere, dann erkenne ich jetzt, dass ich selber darüber keine Predigt gehalten habe. Wo ist das Königreich geblieben?“
(Die zentrale Bedeutung des Königreiches GOTTES in den Lehren Jesu wird in vielen zeitgenössischen Quellen betont, zum Beispiel in Christian Religious Education by The Heart of Christianity von dem römisch katholischen Autor Thomas Groome (Harper & Row, 1980), S.. 35-55. In der Fußnote 16 zu Kapitel 5 zitiert er eine ganze Reihe zeitgenössischer Gelehrten, die übereinstimmen, dass das Königreich GOTTES alles überragt, was Jesus gelehrt hat.)
Arthur Glaser, ein Kenner der christlichen Verkündigung, fragte: „Wann hast du zum letzten Mal eine Predigt über das Königreich GOTTES gehört? Offen gesagt fällt es mir schwer, mich daran zu erinnern, ob ich jemals eine umfassende Darlegung zu diesem Thema gehört habe. Wie bringen wir diese Stille in Übereinklang mit der weithin akzeptierten Tatsache, dass das Königreich GOTTES das Denken und den Dienst unseres Herrn bestimmt hat? Meine Erfahrung ist nichts Außergewöhnliches. Ich habe das zusammen mit meinen Kollegen überprüft. Sie stimmten sofort zu, dass sie natürlich oft schon Predigten über dieses und jenes aus den Gleichnissen Jesu gehört haben. Was aber eine umfassende Predigt über die Natur des Königreiches GOTTES betrifft, so wie Jesus darüber gelehrt hat, so mussten sie nach einigem Nachdenken mit Erstaunen feststellen, dass es eher selten vorkommt, dass ein Pastor dieses Thema aufgreift (Missiology, April 1980, S. 13).
Diese Theologen haben ihre Finger auf ein fundamentales Problem der Christenheit gelegt. Die heutigen Evangelisationsveranstaltungen und auch die Predigten im Allgemeinen klingen nicht so wie die Lehren Jesu, obwohl sie angeblich auf der Bibel gegründet sind. Obwohl hier fortlaufend sein Name gebraucht wird, wird sein zentrales Thema, das Königreich GOTTES, nicht wiedergegeben. Diese bemerkenswerte Diskrepanz wurde im 19. Jahrhundert auch von dem deutschen Theologen Richard Rothe erkannt, der sein Unbehagen über die allgemein akzeptierten Methoden der Bibelauslegung zum Ausdruck brachte: „Unser Schlüssel schließt eben nicht; der rechte Schlüssel ist abhandengekommen, und bis wir uns wieder in seinen Besitz gesetzt haben, wird unsere Schriftauslegung auf keinen grünen Zweig kommen. Das in der Schrift selbst nicht ausdrücklich vorgetragene, sondern nur vorausgesetzte System der biblischen Grundbegriffe fehlt uns, es ist nun einmal nicht das unserer Schulen und solange wir ohne dasselbe exegesieren, muss uns die Bibel ein halbverschlossenes Buch bleiben. Mit
anderen Grundbegriffen als den uns geläufigen, welche wir für die einzig möglichen zu halten pflegen, müssen wir in sie eintreten“ (zitiert aus: Kindheit und Jugend Jesu - von Emil Bock, zusammengestellt von Rüdiger Siegfried Kugler)
Ich möchte in diesen Ausführungen zeigen, dass der verlorengegangene Schlüssel, der nicht nur die Botschaft Jesu, sondern auch die Botschaft der ganzen Bibel wieder aufschließt, das Königreich GOTTES ist. Der Schlüssel wird allerdings unbrauchbar sein, wenn er deformiert worden ist. Um dem, was Jesus gelehrt hat, Sinn zu geben, müssen wir den Begriff „Königreich GOTTES“ so verstehen, wie er ihn verstanden hat. Wenn wir das Königreich GOTTES von seinem jüdischen und biblischen Kontext loslösen und ihm eine neue Bedeutung zuweisen, schaffen wir eine Version des Christentums, das in seinem Kern verfälscht ist. Ohne ein richtiges Verständnis von dem Königreich zu haben, das den Mittelpunkt der Predigten und Lehren Jesu bildete, können wir nicht hoffen, sein Evangelium korrekt zu verstehen. Die ehrlichen Eingeständnisse der Theologen, die wir oben zitiert haben, weisen darauf hin, dass das wichtigste Thema Jesu nicht den zentralen Platz in den Lehren der Kirchen und Gemeinschaften innehat, die wir christlich nennen. In der Tat wird dieses Thema oft ganz weggelassen! Das kann nur bedeuten, dass die theologischen Glaubenssätze dieser Kirchen und Gemeinschaften
einer radikalen Reformation bedürfen.
(In einem Artikel mit dem Titel „Predigt des Königreiches Gottes“ sagt der britische Ausleger Dr. I. Howard Marshall von der Universität Aberdeen: „Während der vergangenen sechszehn Jahre kann ich mich nur an zwei Gelegenheiten erinnern, bei denen ich Predigten gehört habe, die speziell dem Thema des Königreiches GOTTES gewidmet waren … Ich finde diese Stille ziemlich erstaunlich, weil unter den Neutestamentlern allseits Übereinstimmung besteht, dass das Königreich GOTTES das zentrale Thema der Lehren Jesu war … Klar, dass man dann erwarten würde, dass der heutige Prediger, der versucht, seiner Gemeinde die Botschaft Jesu nahezubringen, viel über dieses Thema zu sagen haben müsste. Tatsächlich ist meiner Erfahrung nach, gerade das Gegenteil der Fall und ich habe kaum etwas darüber gehört.“ (The Expository Times, Okt. 1977, S. 13).
Eine solche Reformation wird allerdings nur stattfinden können, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind:
1. Das Königreich GOTTES muss in den Mittelpunkt der Erlösungsbotschaft gestellt wird, so wie Jesus es auch immer gemacht hat.
2. Das Königreich muss in seinem biblischen Kontext als das Ziel des Erlösungsprogramms GOTTES definiert werden, als die Wiederherstellung einer gerechten und fehlerlosen Regierung auf dieser Erde unter der Führung des Messias und der Heiligen. Dazu wird es kommen, wenn Jesus wiederkommt und die Gläubigen aller Zeiten zu diesem Zeitpunkt von den Toten auferweckt werden.
Diese Reformation der Evangeliumsverkündigung mag sich sehr gut nach der ausgezeichneten Beobachtung von Professor Burton Scott Easton richten, von der in seinem Artikel in der International Standard Bible Encyclopedia (1939) zu lesen ist:
„Die Aussage Jesu, dass „das Königreich GOTTES nahe gekommen ist“, hat den nicht davon zu trennenden Beiklang von „das Gericht ist nahe gekommen“ und das in diesem Kontext stehende „Tut Buße“ (Mark 1, 14+15) bedeutet „damit ihr nicht gerichtet werdet“. Von daher hatten die Lehren unseres Herrn über die Errettung zuerst einmal einen in die Zukunft weisenden Inhalt: Positiv: Aufnahme in das Königreich GOTTES - und negativ: Rettung vor dem davor stattfindenden Gericht.“
Heute bleibt die Erlösungsbotschaft Jesu in den Köpfen der meisten Christen relativ unklar. Die Menschen, die den Ruf zur Rettung des historischen Jesus hörten, sahen sich mit einer klaren und hochwichtigen Botschaft über das zukünftige Königreich GOTTES konfrontiert. Heutige Einladungen zu einem rettenden Glauben enthalten wenig bis nichts von dieser Information. Eine Botschaft, die sich auf den Tod Jesu für unsere Sünden beschränkt, ist an die Stelle der Botschaft Jesu vom Königreich GOTTES getreten. Es hat den Anschein, dass die ursprüngliche Verkündigung Christi eine Verdunklung erfahren hat, die uns alarmieren sollte. Diese Situation ist eine Gefahr für das Leben der Christen, denn Jesus hat immer den Glauben an seine Botschaft und die Treue zu ihr, zur Bedingung für die Errettung gemacht.
Dieses erstaunliche Fehlen des Königreiches GOTTES in der heutigen Evangeliumsverkündigung ist auch von dem katholischen Theologen B.T. Viviano festgestellt worden:
„Als Lehrer der neutestamentlichen Schriften … ist es mir früh deutlich geworden, dass das nahe herbeigekommene Königreich GOTTES das zentrale Predigtthema des historischen Jesus von Nazareth gewesen ist. Doch zu meinem Erstaunen spielte dieses Thema kaum eine Rolle in der systematischen Theologie, die ich in den Seminaren gelehrt worden bin. Nach weiterer Nachforschung bin ich zur Erkenntnis gekommen, dass dieses Thema in der Theologie, Spiritualität und Liturgie der Kirche in den vergangenen 2000 Jahren auf vielerlei Weise weithin ignoriert und wenn nicht ignoriert, dann oft bis zur Unkenntlichkeit entstellt worden ist. Wie konnte das geschehen?“ (The Kingdom of God in History, Michael Glazier, 1988, S. 9).
2. Das Königreich, das die Propheten erwarteten
Es muss von Bedeutung sein, dass das Königreich GOTTES der Inhalt einer der ersten Aussagen ist, die über Jesus gemacht worden ist und das sogar noch vor seiner Geburt: „Der HERR, GOTT, wird ihm den Thron seines Vaters David geben; und er wird über das Haus Jakobs herrschen in Ewigkeit und seines Königtums wird kein Ende sein.“ (Luk 1, 32+33). Diese Ankündigung des Engels Gabriel war keine Überraschung, sondern eine Beschreibung der Rolle des Messias. Was der Engel verkündigte, war genau das, was die Gläubigen erhofften. Wenn wir fragen, was Anlass für diese Hoffnung gegeben hat, dann ist diese Antwort einfach: Es war die Botschaft aller Propheten. Ihr immer wiederkehrendes Thema war das Königreich GOTTES, das in der Welt aufgerichtet werden wird, mit einem wiederhergestellten Jerusalem als Hauptstadt, und mit dem Messias als dem Beauftragter GOTTES, der sie mit einer idealen, die Welt umfassenden Regierung verwalten wird. Diese Verheißung einer perfekten Regierung auf der Erde wird von den hebräischen Propheten des Alten Testaments
sehr ausführlich behandelt. Als typisches Beispiel dieser Visionen von der Zukunft wollen wir einen Abschnitt aus den zahlreichen Passagen zitieren, die die Regierung des verheißenen Nachkommen Davids in einer erneuerten Welt beschreiben. Dieses erwartete Weltreich wird das Königreich GOTTES sein, das vor IHM von Seinem einzigartigen Repräsentanten und Vize-Regenten, dem Messias, verwaltet werden wird.
(Die Tatsache des künftigen Königreiches, das von den Propheten vorausgesagt wurde, ist unter den maßgebenden Experten der biblischen Theologie gut bekannt. „Ein ständiger Bestandteil in dem eschatologischen Bild des Alten Testaments ist Israels Wiederherstellung in seinem eigenen Land … Die Frage, wie wir solche Prophetien heute auslegen sollen, ist eine zweifache. Es ist zum ersten die Frage, was die Propheten meinten. Und zu dieser Frage kann es nur eine Antwort geben – sie meinten es im wörtlichen Sinn ihrer Worte. Sie sprachen von dem Volk Israels und dem Land Kanaan und sie prophezeiten, dass die Menschen wieder in ihr Land einziehen werden … Die Bedeutung der alttestamentlichen Prophetien steht außer Frage; die Frage ist nur, inwieweit diese Bedeutung heute noch stichhaltig ist.“ (“Eschatology,” Hastings Dictionary of the Bible, New York: Charles Scribner’s Sons, 1911, Bd. 1, S. 737). Die eigentliche Frage jedoch ist, ob wir bereit sind, den Propheten zu glauben. Was die Propheten vorausgesagt haben, ist klar. Das Problem ist, dass die Kirchen nicht glauben, was sie geschrieben haben! (Vergl. Apg 26, 27, wo Paulus Agrippa mit der Frage herausgefordert hat: „Glaubst du den Propheten?)
„Dann wird in Güte ein Thron aufgerichtet werden. Und auf ihm - im Zelt Davids - wird einer in Beständigkeit sitzen, der da richtet und nach Recht trachtet und der in Gerechtigkeit erfahren ist.“ (Jes 16, 5). Die Einfachheit dieses Konzeptes in diesem Vers wird sehr gut in der Übersetzung der Good News Bible wiedergegeben: „Dann wird einer der Nachkommen Davids König werden und er wird die Menschen mit Treue und Liebe regieren. Er wird schnell tun, was recht ist und er wird danach schauen, dass Gerechtigkeit getan wird.“
Was die Propheten gesehen haben, war eine Vision von idealen Verhältnissen auf der Erde, die Jahwe (GOTT, der HERR) nach der Unterwerfung dieser Welt durch Seinen auserwählten Bevollmächtigten, den verheißenen König, herstellen wird: „Der HERR der Heerscharen herrscht als König auf dem Berg Zion und in Jerusalem“ (Jes 24, 23). „Er [der Messias] verkündet Frieden den Nationen. Und seine Herrschaft reicht von Meer zu Meer und vom Strom bis an die Enden der Erde.“ (Sach 9, 10).
Obadja beschreibt die Vormachtstellung Israels in der kommenden messianischen Regierung: „Und die vom Haus Jakob werden ihre Besitztümer wieder in Besitz nehmen … Und sie werden den Süden, das Gebirge Esaus, in Besitz nehmen und die Niederung, das Gebiet der Philister; und sie werden das Gebiet Ephraims und das Gebiet Samarias in Besitz nehmen, und Benjamin wird Gilead in Besitz nehmen. Und die Weggeführten dieses Heeres der Söhne Israel werden in Besitz nehmen, was den Kanaanitern gehört, bis Zarpat, und die Weggeführten von Jerusalem, die in Sefarad sind, die Städte des Südens. Und es werden Retter hinaufziehen auf den Berg Zion, um das Gebirge Esaus zu richten. Und die Königsherrschaft wird dem HERRN gehören.“ (Obadja 17-21)
Offensichtlich wird das Königreich GOTTES eine neue politische und territoriale Ordnung sein, die ihre Zentrale in dem verheißenen Land Israels hat. Das ist die übereinstimmende Sicht aller Propheten. Auch Jeremia hat Worte des HERRN niedergeschrieben, die eine nationale Wiederherstellung Israels unter dem Messias beschreiben:
„Siehe, Tage kommen, spricht der HERR, da werde ICH dem David einen gerechten Spross erwecken. Der wird als König regieren und verständig handeln und Recht und Gerechtigkeit im Land üben. In seinen Tagen wird Juda gerettet werden und Israel in Sicherheit wohnen.“ (Jer 23, 5+6).
Jesajas und Michas Sicht ist nicht weniger klar umrissen; hier kommt die zusätzliche Garantie einer multilateralen Abrüstung unter der Herrschaft des Messias hinzu:
„Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner [des verheißenen Befreiers, des Messias]Schulter … Groß ist die Herrschaft, und der Friede wird kein Ende haben auf dem Thron Davids und über seinem Königreich, es zu festigen und zu stützen durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit … Denn von Zion wird Weisung ausgehen und das Wort des HERRN von Jerusalem. Und er wird richten zwischen den Nationen und für viele Völker Recht sprechen. Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden und ihre Speere zu Winzermessern. Nicht mehr wird Nation gegen Nation das Schwert erheben, und sie werden den Krieg nicht mehr lernen.“ (Jes 9, 5+6; 2, 3: s.a. Micha 4, 2+3)
Eine der deutlichsten Beschreibungen des Königreiches GOTTES finden wir in Daniel 2, 44. Nach der Vernichtung der feindlichen Weltmächte „wird der GOTT des Himmels ein Königreich [womit hier offensichtlich ein Weltreich gemeint ist] aufrichten, das ewig nicht zerstört werden wird. Und das Königreich wird keinem anderen Volk überlassen werden; es wird all jene Königreiche zermalmen und vernichten, selbst aber wird es ewig bestehen.“
In Daniel 7 wird dieses verheißene Königreich von dem Sohn des Menschen [die von Jesus bevorzugte Selbstbezeichnung] und seinen Nachfolgern, den von GOTT erwählten Menschen, verwaltet werden: „Und ihm [dem Sohn des Menschen] wurden Herrschermacht, Ehre und das Königreich verliehen. Alle Völker, Nationen und Sprachen gaben ihm die Ehre und dienten ihm. Seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die niemals vergehen wird. Sein Reich wird niemals zerstört werden … Danach werden Reich, Herrschaft und Machtfülle aller Königreiche unter dem Himmel dem heiligen Volk des Höchsten übergeben werden. Das Reich des Höchsten bleibt für alle Zeiten bestehen und alle Mächte werden ihn ehren und ihm gehorchen.“ (Dan 7, 14+27; Neues Leben. Die Bibel)
Die Umwälzungen, die mit der Einsetzung des Messias in sein Königreich verbunden sind, werden von Sacharia beschrieben:
„Dann wird der HERR ausziehen und gegen jene Nationen kämpfen … Und der HERR wird König sein über die ganze Erde … Und es wird geschehen: Alle Übriggebliebenen von allen Nationen, die gegen Jerusalem gekommen sind, die werden Jahr für Jahr hinaufziehen, um den König, den HERRN der Heerscharen, anzubeten.“ (Sach 14, 3+9+16)
Diese und viele andere Abschnitte in den Propheten zeigen unbestritten, dass das Königreich GOTTES eine neue Weltregierung auf der Erde sein wird, die von dem Messias, dem von GOTT erwählten König, verwaltet werden wird, der von einem Mitarbeiterstab unterstützt wird, welcher in Daniel 7, 27 „Volk der Heiligen des Höchsten“ genannt wird. Das Bild einer erneuerten Erde ist allen Propheten bekannt. Sie ist die Grundlage der messianischen Hoffnung, die unter dem Begriff „Königreich GOTTES“ zusammengefasst wird.
Diese nationale Hoffnung Israels, die von Paulus, dem Apostel der Heidenchristen, voll unterstützt wurde (Apg 24, 14+15; 26, 5-8) ist von dem großen Propheten des 8. Jahrhunderts v. Chr., Jesaja, sehr anschaulich und brillant beschrieben worden. Paulus war überzeugt, dass die Botschaft von dem Kommen des Messias den Propheten Israels im Vorgriff offenbart worden war (Röm 1, 1+2; 16, 25+26; Gal 3, 8; Tit 1, 2). Ein Abtrennen dieser Botschaft von ihrer Offenbarung in den alttestamentlichen Schriften führt zu einem fatalen Missverständnis. Wenn Paulus darüber schreibt, dann setzt er voraus, dass seine Leser den alttestamentlichen Hintergrund dieser Botschaft kennen. In unserer Zeit nähern sich die meisten Leser den Briefen von Paulus allerdings ohne das unabdingbar notwendige Verständnis, was die Propheten mit der Heilsbotschaft meinten.
In den Propheten gibt es zahlreiche Schlüsselstellen, die als Zeugnisse für die Wiederherstellung einer ordnungsgemäßen Regierung in Israel und die Wiedereinsetzung der Monarchie Israels in der Person des verheißenen Nachkommens Davids zu erkennen sind. Sollte der Thron Davids mit dem Messias als König nicht wieder in Israel erscheinen, dann müsste man die ganze alttestamentliche Offenbarung als eine fromme Legende oder als Schwindel bezeichnen.
Jesaja verwendet das Verb „die frohe Botschaft verkündigen“ an zahlreichen Stellen:
„Steige auf einen hohen Berg, o Zion, die du frohe Botschaft verkündigst! Erhebe deine Stimme mit Macht, o Jerusalem, die du frohe Botschaft verkündigst; erhebe sie, fürchte dich nicht; sage den Städten Judas: Seht, da ist euer GOTT! Siehe, GOTT, der HERR, kommt mit Macht, und SEIN Arm wird herrschen für IHN; siehe, sein Lohn ist bei ihm, und was er sich erworben hat, geht vor ihm her. Er wird seine Herde weiden wie ein Hirte; die Lämmer wird er in seinen Arm nehmen … Darum soll MEIN Volk MEINEN Namen kennenlernen, ja, darum wird es an jenem Tag erkennen, dass ICH der bin, welcher spricht: Siehe, hier bin ICH! Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, … der gute Botschaft bringt, der das Heil verkündigt, der zu Zion sagt: Dein GOTT herrscht als König! Da ist die Stimme deiner Wächter! Sie werden ihre Stimme erheben und miteinander jauchzen; denn mit eigenen Augen werden sie es sehen, wenn der HERR wieder nach Zion kommt. Ihr Trümmer Jerusalems, freut euch und frohlockt miteinander! Denn der HERR hat SEIN Volk getröstet, hat Jerusalem erlöst! Der HERR hat SEINEN heiligen Arm entblößt vor den Augen aller Heiden; und alle Enden der Erde werden das Heil unseres GOTTES sehen! (Jes 40, 9-11; 52, 6-10).
Jesus sah sich in der Rolle des Verkündigers dieser guten Nachricht. Bei seiner Antrittsrede, von der uns in Lukas 4, 18+19 berichtet ist, zitierte er Jesaja 61, 1+2: „Der Geist des Herrn, HERRN, ist auf mir; denn der HERR hat mich gesalbt. ER hat mich gesandt, den Elenden frohe Botschaft zu bringen, zu verbinden, die gebrochenen Herzens sind, Freilassung auszurufen den Gefangenen und Öffnung des Kerkers den Gebundenen, auszurufen das Gnadenjahr des HERRN“
Jesus beendet dieses Zitat passenderweise an dieser Stelle, aber die Prophezeiung Jesajas nimmt die Zukunft noch mit auf und die letztendliche Erfüllung dieser Worte: „den Tag der Rache für unsern GOTT.“
Das Evangelium, das Jesus verkündigt hat, ist eine Bestätigung dieser großartigen Zukunftsvision für unsere Welt. Jesus hatte bei seinem ersten Kommen die Vollmacht, in kleinem Maßstab zu heilen und zu erneuern. Der größte Teil der damaligen Welt blieb in der Dunkelheit. Bei seinem zweiten Kommen wird er eine weltumfassende Wiederherstellung betreiben, von der Petrus in Apostelgeschichte 3, 21 spricht. Leider hat die Kirche unter dem Einfluss der heidnischen griechischen Philosophie sukzessive die großartige Verkündigung der Propheten von dem Königreich als einer Herrschaft über diese Welt unter der Aufsicht des unsterblich gewordenen Messias aus der Hand gegeben. Die Verheißung eines kommenden guten Zeitalters wurde durch eine blasse, mystische und unklare Erwartung einer körperlosen Existenz „im Himmel“ ersetzt. Der Zusammenbruch dieser ursprünglichen christlichen Hoffnung, die auf den Lehren Christi und der Propheten Israels gegründet war, ist zurückzuführen auf die Deutungsmethoden (der Begriff ist noch zu höflich) von Kirchenvätern, wie Origenes oder Augustinus, die die klare Bedeutung des biblischen Textes wegerklärt haben. Die Bibel liefert uns in der Offenbarung eine sich steigernde Prophetie von diesem Königreich, auf das der vorhergehende Teil der Schrift schon vorausgeschaut hat.
Augustinus entschied sich jedoch dafür: „die Aussagen der Offenbarung zu allegorisieren und sie auf die Geschichte der Kirche zu beziehen [indem er sie für die Zukunft unbrauchbar gemacht und sie nur auf die Gegenwart bezogen hat] … Die tausend Jahre sind nicht wörtlich auszulegen, sie repräsentieren die ganze Geschichte der Kirche von der Inkarnation bis zu dem abschließenden Kampf. Die Herrschaft der Heiligen ist eine Prophezeiung auf die Herrschaft über die Welt durch die Kirche [heute!].
Die Auferstehung ist metaphorisch zu verstehen und bezieht sich einfach nur auf die geistliche Auferstehung der an Christus Gläubigen [heute!]. Aber eine Auslegung dieser Art ist unehrlich und nichtig … Wer den Begriff ‚Erste Auferstehung‘ (Off 20, 6) so interpretiert, der spielt einfach nur mit Begriffen. Wenn wir die offensichtliche Bedeutung von Worten wegerklären, dann ist es so wie Alford sagt: ‚Das ist das Ende jeglicher Sinnbedeutung in der Sprache und die Schrift ist als eindeutiges und verbindliches Zeugnis durch alles Mögliche ausgelöscht.“ (Peake`s Commentary on the Bible; S. 941).
3. Traditionelle jüdische und christliche Erklärungen
Die jüdischen Rabbis richteten sich nach den einheitlichen Erwartungen der Propheten und entnahmen aus deren Schriften die folgenden Informationen über den Messias und sein künftiges Königreich:
1. Der Messias muss ein Nachkomme aus dem Hause Davids sein und seine Aufgabe ist die Wiederherstellung des Königsreiches in Israel und dessen Ausdehnung und Einflussnahme über die Welt.
2. In einem letzten schrecklichen Kampf um die Herrschaft über die Welt werden die Feinde GOTTES, die sich mit dem Antichristen vereinigt haben, geschlagen und vernichtet werden.
3. Die Aufrichtung des messianischen Königreiches, die auf den Sieg über den Antichristen folgt, wird zu einer geistlichen und politischen Vormachtstellung Israels führen. Alle Völker werden gelehrt werden, die Einheit GOTTES zu akzeptieren, die Herrschaft seines Beauftragten, des Messias, anzuerkennen und Weisung aus dem Gesetz zu suchen.
Es ist unstrittig, dass die alttestamentlichen hebräischen Schriften die Quelle all dieser Informationen sind. Es ist ebenso klar, dass die Hoffnung, die von den Propheten geweckt worden war, von dem Engel Gabriel bestätigt wurde, als er Jesus als den verheißenen Herrscher bezeichnete, unter dem die langerwartete weltumfassende Regierung realisiert werden wird:
„Der HERR, GOTT, wird ihm den Thron seines Vaters David geben; und er wird über das Haus Jakobs herrschen in Ewigkeit, und seines Königtums wird kein Ende sein.“ (Luk 1, 32+33)
Lukas hat in diesen Versen eine eindeutige Aussage von höchster Autorität über die Bestimmung Jesu weitergegeben. Jesus wird das Glück seines Volks wieder herstellen und als der von GOTT gesalbte König die Welt von Jerusalem aus regieren. Es war eine Hoffnung, die einen sozialen, geistlichen und politischen Charakter hatte – und sie war auf die Erde bezogen. Der Glaube an das kommende Königreich stand im Mittelpunkt der neutestamentlichen Christenheit, wie Lukas, der Reisegefährte von Paulus, Theophilus mitgeteilt hat (Luk 1, 1-4).
Angesichts der übereinstimmenden Botschaft der hebräischen Propheten waren die religiösen Führer der Juden zu den Lebzeiten Jesu und danach weitgehend der Meinung, dass man seinen Anspruch, der Messias zu sein, zurückweisen muss. Sie hatten folgende Argumente auf ihrer Seite: Wer den Anspruch erhebt, der Messias zu sein, der muss auch die Mächte der Welt besiegen. Da Jesus die Römer nicht aus Israel vertrieben und das Königreich GOTTES nicht aufgerichtet hat, konnte er nicht der Messias sein. Auch seine Jünger lagen falsch, wenn sie glaubten, dass er der verheißene Messias war. Damit war für sie klar, dass in den neutestamentlichen Schriften ein falscher Anspruch erhoben wird.
Die traditionelle Christenheit hat angesichts der gleichen Fakten etwa so überlegt: Jesus hatden Anspruch erhoben, der Messias zu sein und er war es auch wirklich. Aber weil die römische Herrschaft in Israel nicht beseitigt und das messianische Königreich auf der Erde nicht aufgerichtet worden ist, kann Jesus nicht die Absicht gehabt haben, das messianische Programm so auszuführen, wie es die Juden erwartet haben. Er muss die messianische Hoffnung der Propheten dahingehend interpretiert haben, dass in ihr keine Vorstellung von einer politischen Revolution und der Errichtung einer messianischen Regierung auf der Erde enthalten ist. Um diese Argumentationslinie zu untermauern, haben Theologen sehr viel akademische Energie aufgewandt, um uns davon zu überzeugen, dass sich das jüdische Verständnis von dem Königreich und die Vorstellung, die Jesus davon hatte, unvereinbar gegenüberstanden. Vor allem sollen wir nicht glauben, dass Jesus jemals irgendwelche politische Ambitionen hatte. Lange Zeit behaupteten sie, dass er ausschließlich „geistliche“ Ziele verfolgte. Die Kernaussage dieser alten und tief verwurzelten Überzeugung kann man etwa so zusammenfassen:
Viele Menschen in Israel erwarten Errettung durch einen Messias, einen Gesalbten, den GOTT senden wird, um in einem irdischen Königreich zu herrschen. Dieser Messias wird Israel Ehre bringen, das Böse vernichten und mit unaufhaltsamer Macht Gerechtigkeit schaffen. Was Jesus aber tat, war etwas vollkommen anderes. Er richtete das Königreich in den Herzen seiner Nachfolger auf.
In christlichen Standardwerken ist stets diese Sichtweise über Jesus und das Königreich zu finden. Immerhin wird von allen Autoren anerkannt, dass das Königreich GOTTES die Grundlage der Lehre Jesu bildete. Allerdings sieht man in diesem Königreich keine weltliche Regierung, sondern reduziert es auf eine moralische Herrschaft GOTTES in den Herzen der Menschen:
„Der Grundgedanke der Botschaft Jesu war folgender: Das Königreich GOTTES ist der Wille des himmlischen Vaters, der in den Herzen der Menschen thront. Jesus lehrte, dass der Glaube an GOTT eine neue Ordnung der Dinge bringen wird, in der die Sorgen und Nöte des Lebens abgetan werden …
Durch von Herzen kommende Gebete, die durch Buße und den ernsten Wunsch nach einem besseren Leben gereinigt werden, gelangt man in die Gegenwart GOTTES; sein Königreich wird kommen und die Belohnung des Menschen wird die Gemeinschaft mit GOTT sein.“ (New Age Encyclopedia, London: Simpkin, Marshall, Hamilton, 1925, Band. 6, S. 176, 177)
Erstaunlicherweise akzeptieren die meisten Christen diese Art der Beschreibung des Königreiches GOTTES und sehen darin eine zufriedenstellende Widerspiegelung des in den neutestamentlichen Schriften beschriebenen Königreiches. Diese gängige Sichtweise hat aber keinen Bezug mehr mit der in der Zukunft liegenden Wiederkunft Jesu und dem folgenden messianischen Königreich auf der Erde. Außerdem ergeben sich aus dieser Standarddefinition des Königreiches noch größere Widersprüche:
Man kann auf der einen Seite nicht behaupten, dass Jesus der Messias ist und im gleichen Atemzug die politische Dimension bestreiten, die die hebräischen Schriften dem Messias zugeschrieben haben und die einen wesentlichen Teil des Messiasamtes ausmacht! Es macht auch keinen Sinn, wenn man zustimmt, dass Jesus vom Königreich GOTTES (und von sich selbst als dem Messias) gesprochen hat und dann die Bedeutung dieses Begriffs aber bestreitet, der nach der Voraussage aller hebräischen Propheten die Aufrichtung einer weltweiten theokratischen Regierung auf der Erde bedeutet, in der Jerusalem die Hauptstadt einer neuen Gesellschaft ist.
Man kann auch nicht ein außerhalb des menschlichen Herzens liegendes politisches Königreich bestreiten und zugleich immer wieder bestätigen, dass die hebräischen Schriften die inspirierten und maßgeblichen Quellen jeglicher religiösen Wahrheit sind, die darüber berichten, was Jesus getan hat.
Da es nach dem Wirken Jesu keine neue politische Ordnung auf der Erde gegeben hat, haben die Ausleger zwischen zwei Alternativen gewählt:
1. Jesus hat tatsächlich niemals behauptet, dass er der Messias ist. In diesem Fall müssen ihm seine Jünger jedoch später diesen Titel fälschlicherweise zugeschrieben haben.
2. Er hat behauptet, dass er der Messias ist, wobei er diesen Titel und den Begriff „Königreich GOTTES“ aber in einer radikal neuen Weise benutzt hat, die keinen Bezug zu ihren alttestamentlichen Wurzeln und erst recht keine politische Bedeutung mehr haben.
4. Eine dritte Alternative
Allerdings wird keine dieser Alternativen den Zeugnissen der biblischen Schriften gerecht. In beiden Fällen bleibt ein Großteil der vorhandenen Angaben unberücksichtigt. Die These, dass Jesus in Wirklichkeit nicht den Anspruch erhoben hat, der Messias zu sein, stellt die Glaubwürdigkeit des ganzen Neuen Testaments infrage. Die Behauptung, dass Jesus die alttestamentliche nationale Hoffnung der Juden auf eine weltumfassende messianische Regierung, die von allen Propheten vorausgesagt worden ist, aufgegeben hätte, ist nicht weniger problematisch. Es gibt im Neuen Testament umfangreiche Beweise, die zeigen, dass er das nie getan hat. Es bleibt deshalb nur eine dritte Option.
Wie seine Zeitgenossen verwendete Jesus den Begriff „Königreich GOTTES“, um die neue, die Welt umfassende politische Ordnung auf der Erde zu umschreiben, die in den heiligen Schriften verheißen war; manchmal erweiterten er und seine Apostel diesen Begriff, um damit auf einen vorausgehenden und vorbereitenden Abschnitt in dem göttlichen Plan für das Königreich hinzuweisen. Dazu zählen:
1. Die Kundmachung des messianischen Königreiches GOTTES schon vor seiner weltumfassenden Aufrichtung, die erst geschieht, wenn Jesus in Macht und Herrlichkeit wieder auf die Erde zurückkehren wird.
2. Die Demonstration der Macht dieses Königreiches durch Jesus und seine auserwählten Jüngern, die sich in ihren Heilungstaten und bei der Austreibung von Dämonen manifestierte.
3. Die Erwählung der Jünger durch Jesus und ihre Ausbildung zu Führungspersonen im kommenden messianischen Königreich. Ebenso ihre Mitwirkung bei der Ankündigung des Königreiches schon lange vor seinem Kommen.
4. Der Tod des Messias für die Sünden der Welt.
5. Die Aufnahme des Messias in den Himmel und das Sitzen zur Rechten GOTTES (wie es in dem äußerst wichtigen Psalm 110,1vorausgesagt ist) bis zu seiner Wiederkunft, bei der er dann das Königreich als eine erneuerte soziale und politische Ordnung auf der Erde aufrichten wird. (Dieser Vers wird im Neuen Testament mehr als jede andere alttestamentliche Stelle zitiert. Er ist offensichtlich für unser Verständnis von der von den Aposteln ausgehenden Urgemeinde von höchster Bedeutung.
Wir müssen erkennen, dass die alttestamentlichen Propheten diese vorausgehenden Entwicklungen in der Vorbereitung auf das Königreich vor seiner vollen Aufrichtung in der gesamten Welt nicht deutlich gemacht haben; doch in der Rückschau können wir deutliche Hinweise auf die zwei Phasen des göttlichen Programmes sehen, die in allen alttestamentlichen Schriften jedoch verstreut zu finden sind.
Wenn in der traditionellen Christenheit von dem Königreich GOTTES gesprochen wird, dann ist es weitgehend eine Beschreibung des christlichen Lebens im Heute. Das Königreich als die zukünftige Aufrichtung einer weltumfassenden göttlichen Regierung ist dadurch fast verdunkelt und manchmal sogar ausgelöscht worden.
Für Jesus und das ganze Neue Testament, wie auch die für die Propheten, wird das Königreich das größte Ereignis sein, das mit seiner Wiederkunft aufgerichtet werden wird.
(S.a. The Century Bible, Introduction to Thessalonians (London: Caxton Publishing Co., n.d.), S. 29: „Man hat in jüngster Zeit argumentiert, dass das Königreich GOTTES das Hauptthema in den Lehren Jesu war, wo er, wann immer er von dem Königreich GOTTES gesprochen hat, diese triumphierende neue Ordnung der Zukunft gemeint hat, die bei seiner Rückkehr in diese Welt in Herrlichkeit mit den Engeln aufgerichtet wird.“ Dies ist ein Bezug auf Johannes Weiß ‚Predigt Jesu vom Reich GOTTES‘ aus dem Jahre 1892. Weiß hat es ganz richtig gesehen, dass Jesus immer von einem realen Königreich in der Zukunft gesprochen hat. Im Weiteren sagt er uns, dass diese Lehre für unser Heute nicht relevant ist.) Das Königreich, von dem Jesus spricht, ist zuerst und vor allem eine neue Ordnung auf der Erde, die nach einer noch in der Zukunft liegenden großen Krise mit seiner Wiederkunft in Macht und Herrlichkeit aufgerichtet werden wird. Für Jesus war das Königreich noch nicht da. Für sein Kommen muss gebetet werden. (Matth. 6, 10:„Dein Reich komme”. Mark 15, 43: Auch Joseph von Arimathia wartete darauf.)
Die Macht dieses Königreiches hatte sich in seinem Dienst hier und da schon gezeigt, aber alles war nur ein Vorgeschmack auf das noch in der Zukunft liegende Königreich, dessen Aufrichtung voll und ganz von der Wiederkunft Jesu als König abhängig ist.
Wenn man das Neue Testament aus einer Perspektive liest, die beides zulässt, - gegenwärtig eine vorläufige Offenbarung des Geistes und der Macht des Königreiches und in der Zukunft die weltweite Einführung und Etablierung bei der Wiederkunft Jesu, - dann wird deutlich, dass Jesus dem Königreich GOTTES niemals die politische und territoriale Bedeutung abgesprochen hat, die ihm von den Propheten vorgegeben war und als die große Hoffnung des Volkes in den jüdischen Glauben integriert worden ist.
Jesus hat vor fast 2000 Jahren nicht damit gerechnet, dass das messianische Königreich damals als ein weltweites politisches Reich aufgerichtet wird. Nichtsdestotrotz waren alle seine Lehren darauf ausgerichtet, seine Anhänger auf die zukünftige Ankunft des messianischen Königreiches vorzubereiten. Am Ende seines Wirkens hat er sich in die Hände der Römer und der jüdischen Machthaber gegeben, die ihn gekreuzigt haben. Er hat seinen Jüngern aber versprochen, dass er nach seiner Auferweckung und nach einer nicht näher beschriebenen Zeitspanne zurückkommen wird, um das Königreich politisch in Israel und in der ganzen Welt aufzurichten. Diese Entscheidung passt zu den Vorhersagen der gesamten alttestamentlichen Prophetie und rechtfertigt den Anspruch Jesu, dass er der Messias ist. (Vergl. The Century Bible, Introduction to Thessalonians, S. 30: „Was die Juden sich beidem ersten Kommen des Christus erhofft hatten, darauf sollten die Christen gewillt sein, bei der Wiederkunft Christi zu hoffen.”)
5. Der unpolitische Messias der christlichen Tradition
Christliche Lehrer haben in ihren von der Tradition beeinflussten Darstellungen seltsamerweise nur widerwillig die politische Dimension der Lehre Jesu zur Kenntnis genommen. Ausleger gaben sich alle Mühe, sie auszuklammern oder haben mit unterschiedlichsten Mitteln versucht, sie wegzuerklären. Dieser Prozess ist nichts anderes als eine theologische „Meisterleistung“ gewesen, bei der man die klarsten biblischen Aussagen ihrer offensichtlichen Bedeutung entleert hat.
Diese Technik ist allerdings nicht der Kritik der Ausleger entkommen, die erkannt haben, dass den heiligen Texten Gewalt angetan worden ist.
Die Anmerkungen Albert Schweitzers verdienen es in diesem Zusammenhang zitiert zu werden: „Viele der wichtigsten Aussagen [von Jesus] findet man in einer Ecke liegen wie explosive Bomben, bei denen man die Zünder entfernt hat …
Wir haben Jesus in unserer Zeit eine andere Sprache in den Mund gelegt, als die, die er wirklich gesagt hat.“ Die Worte Jesu sind verdunkelt worden. Schweitzer war davon überzeugt, dass die Hinweise Jesu auf die Katastrophen und das Ende der Welt den wahren Kern seines Denkens und seiner Botschaft wiedergegeben haben und dass die neutestamentlichen Schriften überhaupt keinen Sinn machen, wenn man sie nicht in diesem Lichte sieht.
Ein anderer Ausleger, David Baron, beklagte, dass die Worte der Propheten von den Auslegern in einer Weise misshandelt worden sind, die die Wirklichkeit des zukünftigen Königreiches GOTTES eliminiert hat. Was Baron zu den Auslegungen über den Propheten Sacharia sagt, passt gleichermaßen sehr gut zu der traditionellen Behandlung des Königreiches GOTTES in den Lehren Jesu:
„Fast alle existierenden Arbeiten über dieses prophetische Buch sind in der einen oder anderen Weise mit Fehlern behaftet und einige von ihnen sind irreführend. Die älteren Auslegungen, auch wenn sie lobenswert wegen ihres ehrfürchtigen geistlichen Tones und der praktischen Lehre sind, und wenn einige von ihnen einen guten Teil an solidem philologischem und historischem Material enthalten, sind mehr oder weniger verdorben durch das allegorische Prinzip der Interpretation, durch welches jeder Bezug auf ein konkretes Königreich GOTTES auf dieser Erde, eine tatsächliche Wiederherstellung Israels und das sichtbare Erscheinen und die Herrschaft des Messias wegerklärt worden ist. (The Prophecies of Zechariah, London: Marshall, Morgan & Scott, 1962, S. viii, ix, Hervorhebungen hinzugefügt.)
Da das Reich GOTTES den Mittelpunkt der Lehre Jesu bildete und da er die Hoffnungen der Propheten voll bestätigt hat, muss die Entfernung des messianischen Königreiches die Substanz der Botschaft Jesu gefährden. (Matth. 5, 17: “Meint nicht, dass ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen“; Röm 15, 8: „Christus ist ein Diener der Beschneidung geworden um der Wahrheit Gottes willen, um die Verheißungen der Väter zu bestätigen“)
Die unzähligen Beeinträchtigungen durch das „allegorische Prinzip der Interpretation“ (eine intellektuell klingende Phrase für „wegerklären“) haben sich nicht nur auf den Propheten Sacharia beschränkt. Fast alle maßgebenden Kommentare zum Neuen Testament sind aus dem von David Baron festgestellten Grund mit Fehlern behaftet. Es hatte verheerende Auswirkungen auf die Lehren Jesu, als die Ausleger es nicht mehr länger akzeptierten, dass das Reich GOTTES vor allem die Bedeutung hat, die es schon immer bei den Propheten hatte: Es ist ein „konkretes“ Reich GOTTES auf der Erde, das mit den Ereignissen beginnt, die im Alten Testament als „der Tag des HERRN“ und im Neuen Testament als „die Wiederkunft Jesu“ bekannt sind. (Siehe zum Beispiel 1. Thess. 5, 2; 2. Thess. 2, 2; 1. Kor. 1, 8; 2. Kor. 1, 14. Der Tag des HERRN ist das Gleiche wie der zukünftige Tag, an dem Christus wiederkommen wird.)
Wenn Jesus vom „Reich GOTTES” spricht, dann meint er damit die neue Ordnung, die bei seiner Wiederkunft eingeführt werden wird. Das entspricht genau den alttestamentlichen Beschreibungen von der Herrschaft GOTTES (d.h. in der Person Seines auserwählten Königs, des Messias). (Neben vielen anderen Versen besonders: Jes 52, 7-10; 32, 1; Psalm 2; Sach 14, 9 ff.; Off 11, 15-18; die Psalmen 96-101, die den Tag beschreiben, an dem „der HERR König geworden ist“, d.h. begonnen hat, zu regieren.)
Die althergebrachte christliche Theologie scheint vergessen zu haben, dass Jesus gekommen ist, „um die Verheißungen der Väter zu bestätigen.“ (Röm 15, 8), und die Väter, beginnend mit Abraham, erwarteten, „dass er der Welt Erbe sein sollte.“ (Röm 4, 13).
Die Verheißungen, die Abraham gegeben wurden und durch das Neue Testament bestätigt werden, waren auf der Hoffnung gegründet, dass jemand die Regie auf der Erde übernehmen wird. Die Verheißungen, die Jesus bezüglich der Belohnung seiner Jünger macht, werden als Regierungsämter beschrieben: „Du sollst Vollmacht über zehn Städte haben“ (Luk 19, 17).
Die Hoffnung, die Jesus angefacht hat, sagt nichts anderes. Er versprach, dass die Sanftmütigen, die ganze Erde erben werden (Matth 5, 5) und dass GOTT ihnen „das Reich“ oder die „Königsherrschaft“ geben wird (Luk 12, 32). Die neutestamentliche Lehre verheißt den Gläubigen Verwaltungsaufgaben in einer neuen Regierung, die auf der Erde aufgerichtet werden soll, wenn Jesus wiederkommt (Off 5, 10).
Ein Messias, der nicht sein Amt als Herrscher eines weltumspannenden Reiches mit dem Mittelpunkt in Jerusalem aufnehmen wird, ist nicht der Messias, der von den Propheten erwartet worden und von dem Engel Gabriel der Maria verheißen worden ist (Luk 1, 32-33). Man darf deshalb die Frage stellen, ob der Jesus der traditionellen Theologie, von dem wenig oder nichts in Bezug auf ein Weltreich auf der Erde gesagt wird, das nach einem noch in der Zukunft liegenden Höhepunkt aufgerichtet werden wird, noch der Jesus und Messias der Bibel sein kann.
6. Das künftige politische Königreich in der Lehre Jesu
Mehrere entscheidend wichtige Aussagen Jesu haben nicht die Aufmerksamkeit erhalten, die sie eigentlich verdienen. Das sind Verse, die zeigen, dass Jesus sich der politischen Natur des Königreiches sehr wohl bewusst war, das er als der dazu bestimmte Messias bei seiner Rückkehr auf die Erde am Ende dieses Zeitalters verwalten und regieren sollte. Wer behauptete, der verheißene Sohn Davids zu sein, der musste von der grundlegenden Bedeutung dieses mit David geschlossenen Bundes beeindruckt sein, der in 2. Samuel 7 (Parallelstelle 1. Chron 17) beschrieben wird (Die Wichtigkeit dieses Bundes ist auch in den Bezugsstellen in Psalm 72, 89 und Lukas 1, 32-33 zu erkennen).
Wie sehr gut bekannt ist, bildet dieser Bund die Grundlage für die Verheißung GOTTES, durch Seinen auserwählten König Frieden auf die Erde zu bringen (Dieses göttliche Eingreifen ist anschaulich in den Psalmen beschrieben, speziell in den Psalmen 2 und 10. Sowohl die Gemeinde in Qumran als auch die Christen sahen die Anwendbarkeit von 2. Sam 7, 14 auf den verheißenen Retter; vergl. mit Hebr 1, 5 und Luk 1, 32-33).
Es war weithin anerkannt, dass die Herrlichkeit des davidischen Königreiches nach den hebräischen Schriften letztendlich wieder in Israel hergestellt wird, mit Vorteilen für die ganze Welt, nämlich dann, wenn der Messias seine Herrschaft antreten wird. Aus diesem Grund warteten uns bekannte Nachfolger/Anhänger Jesu gespannt auf die „Wiederherstellung Israels“, nicht nur schon vor der Geburt Jesu, sondern auch nachdem er seinen nur kurze Zeit dauernden Dienst in Israel erfüllt hatte. Die nationale Erwartung der messianischen Herrschaft behielt in den neutestamentlichen Berichten diese zentrale Bedeutung:
Der gerechte und gottesfürchtige Simeon „wartete auf den Trost Israels; und der Heilige Geist war auf ihm“ (Luk 2, 25).
Die Prophetin Hanna, die von Lukas wegen ihrer außerordentlichen Hingabe an GOTT lobend erwähnt wird, „wartete auf die Erlösung Jerusalems“ (Luk 2, 38).
Josef von Arimathia, der von Matthäus als Jünger Jesu beschrieben wird (Matth 27, 57) war „ein guter und gerechter Mann … der das Reich GOTTES erwartete“ (Luk 23, 50-51). Dieses erwartete auch noch nach dem Tod Jesu. Offensichtlich hat er nicht geglaubt, dass das Reich schon mit Jesus gekommen war, auch wenn die Berichte sein Wirken oft als eine Vorwegnahme des Reiches beschreiben (Matth 11, 5). Auch der Verbrecher am Kreuz war sich des zukünftig kommenden Königreiches gewiss, als er Jesus eindringlich bat, daran teilhaben zu dürfen: „Jesus, gedenke meiner, wenn du in dein Reich kommst [i.S. wenn du in dein Amt eingeführt wirst]!“ (Luk 23, 42).
Die gleiche Begeisterung für das Reich und die entsprechende Botschaft hatte die Mutter von Jakobus und Johannes angespornt, für ihre Söhne zu bitten. Ihre Bitte zeigt uns, was in der neutestamentlichen Zeit die biblische Vorstellung von dem messianischen Königreich war und wir sehen, dass Jesus nichts unternommen hat, ihr Verständnis von diesem Königreich durcheinanderzubringen. „Bestimme, dass diese meine zwei Söhne einer zu deiner Rechten und einer zu deiner Linken sitzen mögen in deinem Reich“ (Matth 20, 21). Das Königreich, das sie im Sinn hatte, war ganz sicher nicht auf ein Königreich „im Herzen“ reduziert. Jesus bestätigte mit seiner Antwort, dass die Ehre, im künftigen Königreich auf Ehrenplätzen sitzen zu dürfen, denen vorbehalten ist, „denen es bereitet ist“ (Mark 10, 40). Weiterhin fügte er hinzu, dass Größe im kommenden Reich GOTTES denen zugesprochen wird, die zuvor eine Rolle als Knecht akzeptiert haben, so wie er es selbst getan hat. (Mark 10, 42-45; s.a. Phil 2, 5-8). Im Denken Jesu gibt es keine Frage über die Natur des künftigen Königreiches, auch nicht über Rang und Stellung. Er hat die Jünger nie wegen irgendwelcher Missverständnisse über die Realität eines künftigen Königreiches, in dem sie bestimmte Führungspositionen einnehmen können, zurechtweisen müssen. Sie mussten nur lernen, dass der Weg zur Größe in Demut, Leiden und Dienstbereitschaft liegt.
Wie uns die neutestamentlichen Berichte zeigen, ist die Frage nach dem Ziel der Gläubigen in der Lehre Jesu außerordentlich wichtig. Die Apostel waren von Jesus unterwiesen worden, dass der Mittelpunkt des neuen Bundes das verheißene messianische Königreich ist. Ihr höchstes Ziel war es, dem Messias einst bei der Verwaltung seines Königreiches zu helfen. Beim letzten gemeinsamen Abendessen sagte er zu ihnen: „Ich verordne euch, wie mein Vater mir verordnet hat, ein Reich, dass ihr esst und trinkt an meinem Tisch in meinem Reich und auf Thronen sitzt, die zwölf Stämme Israels zu richten“ (Luk 22, 29-30).
Nur wenige Augenblicke zuvor hatte Jesus gesagt, dass er das Passahmahl und den Wein nicht mehr mit ihnen essen und trinken würde, bis das Passah „erfüllt sein wird im Reich GOTTES“, das heißt, „bis das Reich GOTTES kommt“ (Luk 22, 16 + 18). Dann werden sie als führende Personen in diesem Königreich wieder mit ihm vereint in seiner Gegenwart essen und trinken. Dieses herrliche Ereignis wird „in der neuen Welt“ [wörtlich: in der Wiedergeburt] sein, „wenn der Sohn des Menschen auf seinem Thron der Herrlichkeit sitzen wird“ (Matth 19, 28).
Die Apostel hatten keine Zweifel, wann das sein wird, denn Jesus hatte ihnen auch gesagt: „Wenn aber der Sohn des Menschen kommen wird … dann wird er auf seinem Thron der Herrlichkeit sitzen“ Matth 25, 31).
Was das bedeutet, ist klar und deutlich; jeder kann es nachlesen. Wenn Christus am Beginn des neuen Zeitalters zurückkehrt, dann wird ein Königreich aufgerichtet werden. Es wird Throne und Verwaltungen über die zwölf wieder im Land versammelten Stämme geben. Dort in diesem neuen Zeitalter wird es Gemeinschaft mit Jesus geben, eine Gemeinschaft, die nicht eher wieder hergestellt wird „bis das Reich GOTTES kommt“ (Luk 22, 18).
Diese Informationen über das Königreich GOTTES sind das Gerüst von allem, was Jesus gelehrt hat. Welche Bedeutung hat das alles aber noch in der uns bekannten christlichen Glaubenslehre?
7. Der Edelmann, der in ein fernes Land zog und wiederkommt
Bei einer anderen Gelegenheit hat Jesus weiteres Licht auf das Reich GOTTES geworfen, indem er sich mit einem Edelmann verglich, der in ein fernes Land ging und später zurückkehren sollte, um das Reich seines Vater zu übernehmen. Jesus erzählte dieses Gleichnis (Luk 19, 11-27), um mit einfachen Worten die im göttlichen Plan vorgesehenen Abschnitte des Verlauf der Geschichte zu erklären. Da er und seine Jünger in der Nähe von Jerusalem waren und in die Stadt gehen wollten, von der jeder wusste, dass sie die Hauptstadt des Königreiches sein würde, erwartete seine Zuhörerschaft, die ihn als den Messias anerkannt hatten, „dass das Reich GOTTES sogleich erscheinen sollte“ (Luk 19, 11).
Lukas lässt uns mit seinem Bericht nicht im Zweifel, dass das zur Diskussion stehende Reich GOTTES ein Königreich mit Sitz in Jerusalem ist. Die geografische Nähe des Königs zu der Hauptstadt spornte die Begeisterung in den ihn begleitenden Menschen an, in der Erwartung, dass die Hoffnung der Propheten und des Volkes jetzt Realität werden könnte. Mit dem Gleichnis, das er daraufhin erzählte, wollte Jesus ihnen sagen, dass das Königreich nicht sogleich erscheinen wird. Dass es irgendwann einmal kommen wird, stand jedoch nicht in Frage. Außerdem würde das Erscheinen des Königreiches die Vernichtung der Feinde Jesu bedeuten: „Doch jene meine Feinde, die nicht wollten, dass ich über sie König würde, bringt her und erschlagt sie vor mir“ (Luk 19, 27).
Jesus hat kein einziges Mal behauptet, dass die Menschen die Natur des Königreiches missverstanden haben oder dass sie nur auf ein Königreich „in dem Herzen“ warten sollen. Durch die einfache Geschichte von dem Edelmann machte er deutlich, dass das Reich GOTTES erst dann öffentlich aufgerichtet werden wird, wenn er aus dem Himmel zurückkehrt, nachdem er vom Vater seine königliche Macht und Autorität erhalten hat. Bei seiner Rückkehr wird er seine königliche Macht ausüben und seine Feinde vernichten, die sich geweigert haben, sich seiner Herrschaft zu unterwerfen (Luk 19, 27). Zur gleichen Zeit werden seine treuen Gefolgsleute für ihren erfolgreichen Dienst in der Zeit, in der ihr Herr nicht dagewesen ist, belohnt, indem ihnen die Vollmacht über Städte in dem Königreich gegeben wird (Luk 19, 17).
Das Gleichnis ergibt Sinn und ist eine Bestätigung dessen, was der bekannte Psalm 2 über den Messias, den Gesalbten des HERRN, vorausgesagt hat. Nach diesem Psalm hat GOTT verheißen, seinem Messias „die Nationen zum Erbteil zu geben, zu seinem Besitz die Enden der Erde“ (V. 8). Der König soll sie „mit eisernem Stab … zerschmettern, wie Töpfergeschirr sie zerschmeißen“ (V. 9). In diesem Psalm werden die Herrscher der Welt, die dem Messias bei seiner Rückkehr gegenübertreten müssen, aufgefordert, sich vor dem Sohn niederzuwerfen, „dass er nicht zürne und ihr umkommt auf dem Weg“ (V. 12). Für die Juden und Jesus selbst war dieser Psalm die klare Voraussage, dass der Messias sich bei seiner Rückkehr in Macht die Welt unterwerfen wird. In Jesus sah die frühe Gemeinde der Christen „ein männliches Kind, der alle Nationen hüten soll mit eisernem Stab“ (Off 12, 5). Der auferstandene Jesus hat in Offenbarung 2, 26 den Gläubigen verheißen „Macht über die Nationen“ zu haben, um sie bis zum Ende zu motivieren.
(In Off 11, 15; 12, 5; 12, 10; 19, 15 wird der Psalm 2 auf Jesus bezogen; ebenso in Apg 4, 25-26; 13, 33. Der letzte Vers bezieht sich auf die Empfängnis/Zeugung Jesu, mit der GOTT ihn in Existenz gebracht hat – vergl. Matth 1, 20 „das Gezeugte“; Luk 1, 35 – Apg 13, 34 spricht im Kontrast zu Vers 33 von seiner Auferweckung. Apg 13, 33 spricht von der Zeugung des Sohnes GOTTES im Leib seiner Mutter).
8. Jesus, der jüdisch-christliche Messias
Die Fakten, die wir bisher untersucht haben, zeigen uns einen Jesus, der eine durch und durch politische Person ist, auch wenn er bei seinem ersten Auftreten auf der Erde seine politische Autorität nicht ausgeübt und sich und seine Jünger grundsätzlich von der Politik seiner Zeit ferngehalten hat.
(In gewisser Hinsicht war die Mission Jesu durchaus von Anfang an politisch. Das Neue Testament beschreibt, wie er mit den übernatürlichen Kräften des Satans kämpft. Es ist angemessen, wenn man diese Auseinandersetzungen „kosmische Politik“ nennt. Für die biblische Christenheit ist der Kampf zwischen Jesus und Satan eine reale Angelegenheit. Es ist ein Kampf um die Herrschaft über die Welt, der noch geklärt werden muss, auch wenn Jesus nach der Verheißung letztendlich den Sieg davontragen wird. GOTT wird durch Christus die rebellierende Erde aus den Klauen des Satans zurückholen. Auch wegen der Sturheit und Blindheit der Menschen ist der Satan heute immer noch „der Gott dieses Zeitalter“ (2. Kor 4, 4; 1. Joh 5, 19; Off 12, 9).
Jesus zeigte in der Zeit seines Wirkens Empfindsamkeit und Erbarmen, Eigenschaften, die seine Behauptung rechtfertigen, dass er damit den Charakter seines Vaters zeigt. Der Kontrast zwischen dem leidenden Gottesknecht, der später der siegreiche König sein wird, zeigt die außerordentliche Bandbreite der Persönlichkeit Jesu. Im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung hat er nicht „gekämpft und gestritten … ein geknicktes Rohr wird er nicht zerbrechen, und einen glimmenden Docht wird er nicht auslöschen, bis er das Recht hinausführe zum Sieg“ (Matth 12, 19-20). Er hat auch keine Urteile in weltlichen Angelegenheiten gesprochen. Aber nach seiner Wiederkunft in Herrlichkeit wird er im Auftrag seines GOTTES kämpfen und die Nationen richten und sie mit eisernem Stab regieren (Off 19, 15).
Darstellungen, die nicht diese beiden Aspekte des Handelns des Messias zulassen, sind absolut falsch. Wer an den Jesus der Geschichte glaubt, der zwangsläufig auch der Jesus des Glaubens ist, der muss seinen Glauben auf allen über Jesus offenbarten Wahrheiten gründen. Die von der Tradition beeinflusste christliche Lehre hat fast immer das politische Element in den Lehren Jesu verworfen, entweder indem sie die Aussagen über die Herrschaftsfunktion, die er für sich und seine Jünger erwartet hat, außer Acht ließ, oder entgegen der deutlichen Beweise des Neuen Testaments behauptet hat, dass die den Jüngern verheißenen Führungspositionen für das Heute, die Zeit vor der Wiederkunft Jesu, anzunehmen sind. Die These, dass den Aposteln königliche Herrschaft über die Kirche/Gemeinde angeboten wurde, widerspricht der klaren Lehre des Neuen Testaments, nach der dieses erst in dem neuen Zeitalter„wenn der Sohn des Menschen kommen wird in seiner Herrlichkeit“ (Matth 19, 28; 25, 31) so sein wird und dass die Nachfolger des Messias nicht schon vor dieser Zeit die Herrschaft mit ihm teilen werden. Der in dem Gleichnis von den anvertrauten Pfunden erwähnte Edelmann muss zuerst aus dem Himmel zurückkehren, ehe er bevollmächtigt ist, sich seine Feinde vorzunehmen und mit den Gläubigen in seinem Reich zu herrschen. Bis Jesus wiederkommt, sollen seine Jünger nicht aufhören den Vater zu bitten: „Dein Reich komme“ und solange dieses Reich nicht da ist, solange wird Jesus auch nicht mit seinen Jüngern in dem Königreich zusammensitzen, an dem er ihnen einen Anteil versprochen hat.
Die weitverbreitete Ansicht, dass die Verheißung der Herrschaft sich auf die Zeit vor der Wiederkunft Jesu bezieht, ist eine schlimme Verdrehung des biblischen Planes und hat die tragische Folge, dass sie eine vollkommen unbiblische Sicht von der Zukunft fördert und einen Schleier über die Realität des Reiches GOTTES wirft, das erst aufgerichtet werden wird, wenn Jesus wiederkommt.
In der Offenbarung hat Jesus seine Gedanken seinem geliebten Jünger Johannes voll offenbart. Wie wir nachlesen können, hat er seine Ermahnung bekräftigt, dass wir bis zu dem großen Tag widerstehen sollen: „Doch was ihr habt, haltet fest, bis ich komme! Und wer überwindet und meine Werke bis ans Ende bewahrt, dem werde ich Macht über die Nationen geben; und er wird sie hüten mit eisernem Stab, wie Töpfergefäße zerschmettert werden … Wer überwindet, dem werde ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden und mich mit meinem Vater auf SEINEN Thron gesetzt habe“ (Off 2, 25-27; 3, 21). Das sind die Worte, die unser Heiland und Retter selbst gesagt hat („Dies sagt der Sohn GOTTES“ Off 2, 18). Hat er die Gemeinden/Kirchen nicht ermahnt, „zu hören, was der Geist ihnen sagt“?
Heute findet man kaum noch Christen, die diese Sicht von der Zukunft haben, die Jesus uns in diesen Versen eingeschärft hat. Es scheint so zu sein, dass die traditionelle Christenheit sich nichts aus diesen maßgebenden Lehren Christi macht. Die Worte, die wir aus der Offenbarung zitiert haben, sind alles in allem nur eine Bestätigung dessen, was Jesus den Aposteln schon früher bezüglich des Ziels ihrer Nachfolge erklärt hat: Sie sollen mit ihm in einem erneuerten Israel und in der Welt herrschen. (Matth 19, 28; Luk 22, 28-30; Off 2, 26; 3, 21; 5, 10; 20, 1-6).
Trotz der Tatsache, dass Jesus diese leidenschaftliche messianische Hoffnung unterstützt hat, haben viele Ausleger ihre Antipathie gegen seinen Messianismus zum Ausdruck gebracht, indem sie die in Psalm 2 beschriebenen und in der Offenbarung von Jesus wiederholten Worte als „unchristlich“ bezeichnet haben. Sie wollen nicht erkennen, dass die in Psalm 2 beschriebenen Handlungen des Königs einen Bezug zu Jesus haben. Trotz der Tatsache, dass Jesus den Psalms 2 mit dem Verweis auf sich und seine Gemeinde/Kirche zitiert hat, ist der folgende Kommentar nicht untypisch:
„Der Psalm 2 muss nicht unbedingt als Bezug auf Jesus gesehen werden, teils, weil die Krönung des Königs auf dem Berg Zion in seinem Fall keine Bedeutung haben kann, teils, weil die Vorstellung, dass er seine Feinde in Stücke zerschmettern wird, unchristlich ist.“ (Dictionary of Christ and the Gospels; New York; Charles Scribner`s Sons; Bd. 2; S. 452. Bei seiner Wiederkunft wird Jesus den Zorn GOTTES gegenüber einer feindseligen Welt vollstrecken. Bis dahin ist den Christen aufgetragen, ihren Feinden ohne Gewaltanwendung zu begegnen. (Matth 5, 39-40).
Theologen, die diese Sichtweise zur Diskussion stellen, sind in einem tragischen Widerspruch gefangen. Wenn sie sagen, sie akzeptieren Jesus als den Christus, dann versuchen sie, sein Handeln in einer Weise zu umschreiben, die einen wichtigen Teil von dem ausschließt, was das biblische Messiassein ausmacht. Jesus teilte nicht die Bedenken, die die Theologen in Bezug auf Psalm 2 haben, denn in der Offenbarung, die er Johannes, und durch ihn der Gemeinde/Kirche mitgeteilt hat, fordert er die Gläubigen in Wirklichkeit dazu auf, das Ziel zu erstreben, was die Teilhabe an der messianischen „Gewalt über die Nationen“ bedeutet. Die Verheißung dieser königlichen Privilegien ist in Offenbarung 2, 26, 3, 21; 5, 10 und 20, 1-6 klar und deutlich beschrieben; ebenso in Matthäus 19, 28 und Lukas 22, 28-30 (s.o.).
In Offenbarung 3, 31 unterscheidet Jesus genau zwischen seinem gegenwärtigen Sitzen auf dem Thron des Vaters und seiner zukünftigen Herrschaft auf seinem eigenen davidischen Thron in dem messianischen Königreich: „Wer überwindet, dem werde ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden und mich mit meinem Vater auf SEINEN Thron gesetzt habe“. Das stimmt genau mit dem überein, was wir aus den in den Evangelien berichteten Lehren Jesu und aus dem Alten Testament, das für ihn das verbindliche Wort GOTTES war, voraussehen können.
Wer den messianischen Ton in den Reden Jesu über das Reich GOTTES beachtet und anerkennt, wird seine Person und seinen Dienst in einem ganz neuen Licht sehen. Es ist weithin bekannt, dass unser Verständnis von den „letzten Dingen“ (Eschatologie) irgendwie durcheinander ist und dass die bekanntesten Ausleger ihr Bestes geben, um das ganze Problem der Zukunft loszuwerden. (Ramm spricht von der „hoffnungslosen Spaltung der evangelikalen Christenheit in prophetischen und eschatologischen Dingen”; Protestant Biblical Interpretation; Baker 1970; S. 244).
Wir müssen erkennen, dass die Unklarheit über die Zukunft auch Unklarheit über die Botschaft Jesu bedeutet, die untrennbar mit einer apokalyptischen Sicht des Verlaufs unserer Geschichte verbunden ist; danach ist der Mensch herausgefordert, nach der Teilhabe am Reich GOTTES zu streben, das mit der Wiederkunft Jesu in einem neuen Zeitalter aufgerichtet und offenbar werden wird.
Wenn die Theologen einmal erkannt haben, dass die alttestamentliche Endzeithoffung auf ein letztes göttliches Eingreifen in unser Weltgeschehen im Neuen Testament nicht gering geschätzt wird, dann werden sie umkehren und die Botschaft Jesu über das Reich GOTTES verkünden, anstatt zu allen möglichen Bedenken zu greifen, die ganz offensichtlich dafür geschaffen sind, alles aus den Lehren Jesus auszublenden, was mit „unserer modernen wissenschaftlichen Sicht“ nicht in Übereinstimmung gebracht werden kann.
9. Das unklare zukünftige Königreich in der traditionellen christlichen Lehre
In der Lehre Jesu hat die Zukunft immer eine große Bedeutung, während die Gegenwart bedeutungsvoll ist als die Zeit der Vorbereitung in dem jetzigen Zeitalter, das mit der Wiederkunft Jesu enden wird. Eine Theologie, die sich nicht innerhalb dieses Rahmens bewegt, hat ihr Fundament in der Bibel verlassen. In der theologischen Wissenschaft weiß man, dass das Reich GOTTES für Jesus etwas Zukünftiges und in gewissem Sinne dennoch auch etwas Gegenwärtiges ist. Über dieses Wissen hinaus scheint sie nicht gehen zu wollen. So hat sie nicht definiert, was mit dem künftigen Königreich gemeint ist. Diese Unklarheit über das Königreich führt automatisch auch zu einer Unklarheit über die Botschaft vom Königreich und droht damit auch die gesamte Botschaft Christi zu verdunkeln.
Wie wir oben gesehen haben, schweigt das Neue Testament nicht, was das zukünftige Königreich betrifft. Wenn in ihm nur vereinzelt Details der zukünftigen Gottesherrschaft des Messias genauer beschrieben werden, in der die Gemeinde/Kirche mit Christus regieren soll, dann rührt das daher, dass die Lehre vom Reich GOTTES vom Alten Testament her verstanden werden muss. Das Neue Testament weist an keiner Stelle darauf hin, dass die viel umfangreicheren Detailangaben der Propheten aufgehoben oder ersetzt werden müssen. Alles, was die Propheten über das kommende Königreich und die Herrschaft des Messias offenbart haben, wartet auf die Erfüllung, wenn Jesus in Macht und Herrlichkeit kommen wird. Die Hoffnung auf die Wiederherstellung Israels (Apg 1, 6) ist Teil der neutestamentlichen Überlieferung; Jesus hat sie nie in Frage gestellt. Das geht ganz klar aus seiner Verheißung an die Apostel hervor, dass sie in dem neuen Zeitalter über die zwölf Stämme Israels herrschen werden (Matth 19, 28).
Diese Vorstellung hat ihren Ursprung nicht im Neuen Testament. Der Psalmist hat eine Zeit vorausgesehen, in der das wieder versammelte Israel unter der Herrschaft der „Throne des Hauses Davids“ in Frieden leben wird (Psalm 122, 5). Auch Jesaja hat von einem Jerusalem gesprochen, das in Vollkommenheit wiederhergestellt sein wird und Richter haben wird „wie in der ersten Zeit“ und einen vollkommenen König, der mit seinen Obersten regieren wird (Jes 32, 1).
Im Neuen Testament sind die Stränge der messianischen Prophetie ganz bewusst und gezielt in der Offenbarung zusammengefasst und mit der Wiederkunft Jesu verbunden. Sie ist eine Offenbarung Christi. Sie kann nichts anderes sein, weil Jesus Christus der Autor ist, der das weitergegeben hat, was er von GOTT erfahren hat (Off 1, 1). Wer von einer „jüdischen Offenbarung“ spricht und damit meint, dass sie nicht christlich ist, der verwirrt die Gläubigen.
Der ursprüngliche christliche Glaube ist durchaus jüdisch: Jesus war und ist ein Jude, dessen Lehren in der jüdischen Überlieferung verwurzelt sind. In der Offenbarung bestätigt er viele Dinge, von denen bereits in den Evangelien berichtet worden ist. In seinen ermahnenden Briefen an die Gemeinden (Off 2 und 3) zeigt Jesus, dass er voll und ganz zu den überlieferten messianischen Lehren des Alten Testaments steht. Dieser Tatsache kann man nicht aus dem Wege gehen, außer man greift zu dem drastischen Mittel, abzustreiten, dass der auferstandene Christus der Übermittler der Offenbarung ist, und viele endzeitliche Aussagen aus den Evangelien zu streichen. Es ist die Tragik der kritischen Theologie, dass sie in ihrer Verzweiflung, einen Jesus zu kreieren, der ihrer Sicht von einem Retter entspricht, sich eine christliche Glaubenslehre zurechtgelegt hat, die große Teile der neutestamentlichen Berichte einfach übergeht oder eliminiert. Damit hat sie sich eine eigene radikal neue alt- und neutestamentliche Lehre über das Reich GOTTES zusammengebastelt und ihre eigenen kreativen Vorstellungen Jesus zugesprochen!
10. Die Eliminierung des zukünftigen Königreiches durch die nachapostolische Theologie
Die theologischen Schriften unserer Tage sind voller Beweise, die zeigen, wie unfair man die Lehren Jesu über das Königreich behandelt. Einige der angesehensten Ausleger scheinen fest entschlossen zu sein, das endzeitliche Königreich, von dem Jesus so häufig gesprochen hat, zu beseitigen. Berechtigte Einwände gegen diese massiven Beseitigungsversuche tauchen oft nur noch in den Fußnoten auf. Sie verdienen jedoch einen viel breiteren Raum.
So sagt zum Beispiel Leon Morris zu C.H. Dodds „präsentischen Eschatologie“ [die Theorie, dass das Königreich bereits mit dem ersten Auftreten Jesu angebrochen ist und deshalb nicht mehr in der Zukunft liegend gesehen werden sollte], dass sie „für viele unbefriedigend“ ist. Unbefriedigend und schlimmer! Denn sie zerstört im Grunde genommen die Hoffnung auf das Königreich, nach dem das ganze Neue Testament, ja die ganze Bibel, strebt. Leon Morris erklärt Professor Dodds Theorie: „Das Eschaton [das Ende der Zeit] ist von der Zukunft in die Gegenwart gekommen, aus dem Bereich der Erwartung in den Bereich der erlebten Erfahrung.“ (New International Commentary on 1. and 2 Thessalonians; Grand Rapids; Eerdmans 1959; S. 147). Laut Dodd gibt es in den Lehren Jesu keinen Raum mehr für sein wirkliches Wiederkommen. Muss sich ein ganz normaler Bibelleser nicht mit einem entsetzten Erstaunen fragen, wie ein Professor des Neuen Testaments zu solchen Schlussfolgerungen kommen kann? Morris sagt weiter, dass die Theorie der präsentischen Eschatologie „von vielen modernen Theologen entschieden abgelehnt worden ist.“ Er zitiert J.E. Fison, der sagt, dass „die präsentische Eschatologie in Anbetracht der umfangreichen neutestamentlichen Beweise offen gesagt häretisch ist.“ Emil Brunner sagt es ebenso unverblümt: „Es ist klar, dass die Wiederkunft alles andere als ein Stück Mythologie ist, auf die man verzichten kann. Ganz egal, wie dieses Ereignis auch ablaufen mag, der ganze Sinn liegt in der Tatsache, dass sie geschehen wird. Der Versuch, ihr auszuweichen, ist ein Ausweichen vor den Grundlagen des Glaubens, ein Zerschmettern des Grundsteins, an dem alles hängt und ohne den alles in Stücke fällt. Ein Glaube an Christus ohne die Erwartung seiner Parusie [Wiederkunft] ist ein Gutschein, der niemals eingelöst wird, ein Versprechen, das nicht ernst gemeint ist. Ein christlicher Glaube ohne die Erwartung der Parusie ist wie eine Leiter, die nirgendwo hinreicht, sondern im Nichts endet.“
(Ibid. Es kann sehr aufschlussreich sein, über die alarmierende Tatsache nachzudenken, dass ein anerkannter Neutestamentler den „Grundstein“ des neutestamentlichen Glaubens zerschmettern kann. Das kann auch zu weiterem Nachdenken führen, was bestimmte „gelehrte Theologen“ noch so alles im Schilde führen!)
Diese Worte sind brillant formuliert und leider allzu wahr. Tatsache ist, dass Millionen Christen überhaupt kein richtiges Verständnis von der Wiederkunft Jesu auf diese Erde haben, und weniger noch von der Realität des Königreiches, das er, wie er verheißen hat, zu diesem Zeitpunkt auf der Erde aufrichten wird. Dabei sind das Reich GOTTES und die Wiederkunft Christi der Mittelpunkt und der Kern der christlichen Botschaft! Ohne eine klare Darstellung des Reiches GOTTES kann es sicherlich kein wahrhaftiges Christentum geben.
Dass J.E. Fison und Emil Brunner auf dem großen zukünftigen Ereignis bestehen, ist sehr zu begrüßen, aber es ist dennoch unbefriedigend, wenn sie von dem Königreich so vage sprechen: „Ganz egal, wie dieses Ereignis auch ablaufen mag“, denn das Neue und das Alte Testament, in denen es eingewurzelt ist, sprechen doch sehr spezifisch von ihm. Die Propheten beschreiben die wiederhergestellte Theokratie sehr detailliert.
Im Neuen Testament finden wir genügend Aussagen, die beweisen, dass der große Tag des HERRN, an dem laut des Alten Testaments das Königreich aufgerichtet wird, jetzt mit der in Macht und Herrlichkeit geschehenden Wiederkunft Jesu verbunden ist. Im Alten Testament finden wir viele Aussagen, die die Ereignisse beschreiben, die dem Tag des HERRN vorausgehen bzw. folgen werden. Einzelheiten werden wir in einem der folgenden Kapitel ausführlicher behandeln.
Ich will diesen ersten Teil mit einer Zusammenfassung der zugrundeliegenden These beenden: Die Behauptung, dass Jesus der verheißene Messias ist, ist nicht schlüssig, wenn der Begriff „Messias“ nicht in seinem biblischen Kontext verstanden wird. Es gibt im Neuen Testament keinen Beweis, dass Jesus irgendeinen Teil der Rolle, die dem Messias im Alten Testament vorausgesagt war, abgelehnt hat. Bei seinem ersten Auftreten auf der Erde hat er allerdings nicht versucht, als Messias die Herrschaft über die Welt zu ergreifen. Wer jedoch behauptet, dass Jesus niemals erwartet hat, die Welt als der Messias und der in Jerusalem thronende König zu regieren, der irrt sich gewaltig. Bei seinem ersten Auftreten hat er seine Jünger berufen und sie auf ihre Aufgabe im kommenden Königreich vorbereitet und sich dann dem Tod durch die Hände der feindlich gesinnten jüdischen und römischen Funktionäre ergeben. Die dann erfolgte Auferweckung ist die Garantie, dass er den Tod überwunden hat und deshalb in einer Position ist, aus der er eines Tages auf die Erde zurückkehren kann, um den Rest des messianischen Auftrags zu erfüllen und die Vision der Propheten von dem Frieden auf der Erde zu realisieren.
Jesus ist nach drei Tagen wieder lebendig gemacht worden. „Durch viele Beweise“ (Apg 1, 3) ist seine Auferweckung von den Toten als eine historische Tatsache verbürgt. Er hatte in den Tagen danach persönlichen Kontakt mit den Aposteln, die ihn sehr gut gekannt haben. Petrus verkündigte: „Wir haben mit ihm gegessen und getrunken, nachdem er aus den Toten auferstanden war“ (Apg 10, 41). Jesus hat selbst bewiesen, dass er als jetzt unsterblicher Mensch sichtbar, fühlbar und leibhaftig geblieben ist: „Denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr seht, dass ich habe“ (Luk 24, 39). Fast sechs Wochen lang hat er als unsterblich gewordener Mensch, als das erste Mitglied einer neuen Schöpfung, Kontakt mit sterblichen Menschen gepflegt, was eine Vorschau auf das gleiche Phänomen war, das eine weit größere Schar im kommenden Königreich erfahren wird. Nach 40 Tagen ist Jesus in den Himmel aufgenommen worden (Apg 1, 9-11). Der Messias ist jetzt, zur Rechten GOTTES sitzend, das Haupt seiner Gemeinde, die er dazu einlädt, an der messianischen Herrlichkeit im kommenden Zeitalter teilzuhaben.
Der Fehler der „Theologie“, die diesem einfachen biblischen Programm nicht gerecht werden will, liegt in ihrer Antipathie gegenüber messianischen Dingen (und somit gegenüber dem Messias selbst). Dadurch hat sie ihre Sicht auf die zentrale biblische Tatsache verloren, dass Jesus der Messias ist, der nicht nur dazu bestimmt ist, für die Sünden der Menschen zu sterben, sondern auch in einer zukünftigen Theokratie, die bei seiner Wiederkunft aufgerichtet werden wird, über die Erde zu herrschen. Wenn die Kirche die Kirche sein will, dann ist es ihre vorrangige Aufgabe, diese großartige gute Nachricht zu verkündigen.