Das kommende Königreich des Messias Teil 2/2
Eine Lösung für das Rätsel des Neuen Testaments
Sir Anthony F. Buzzard; BT, MA (Oxon), MA Th.
© Restoration Fellowship, 2002 (3. Auflage)
www.restorationfellowship.org
Inhaltsverzeichnis
Teil 2: Das messianische Konzept der Bibel und wie es aus der kirchlichen Lehre verschwunden ist
1. Errettung durch den Messias
2. Das gegenwärtige Zeitalter und das kommende Zeitalter
3. Kampf in der himmlischen Welt
4. Anti-messianische Tendenzen in der neuzeitlichen Theologie
5. Der gnostische Einfluss
6. Entmythologisierung
7. Evangelikales Evangelium ohne das Königreich
8. Aufnahme von mysteriösen Glaubenslehren
9. Ein Ruf zur Rückkehr zur neutestamentlichen Lehre
10. Tradition, - die große Hürde für ein Weiterkommen
11. Prophetie im Neuen Testament
12. Die Taufe
13. Jesus, - der Weg zum ewigen Leben
14. Schlussbemerkungen
Teil 2 Das messianische Konzept der Bibel und wie es aus der kirchlichen Lehre verschwunden ist
1. Errettung durch den Messias
Altes und Neues Testament sinddurch und durch messianische Dokumente. John Bright weist darauf hin, dass das messianische Königreich das verbindende Thema der biblischen Schriften ist: „Die Vorstellung von dem Reich GOTTES beinhaltet tatsächlich die gesamte Botschaft der Bibel. Nicht nur, dass dieser Gedanke in den Lehren Jesu eine große Rolle spielt, er ist auch in der einen oder anderen Form überall in der Bibel zu finden … Das Alte und das Neue Testament gehören zusammen wie die zwei Akte eines Dramas. Der erste Akt weist auf den Schluss des zweiten Aktes hin und ohne den ersten wäre das Schauspiel eine unvollständige und unbefriedigende Sache. Der zweite Akt muss aber im Lichte des ersten gelesen werden, da man sonst seine Bedeutung nicht versteht. Denn das Schauspiel ist eine organische Einheit. Die Bibel ist ein einziges Buch. Sollten wir diesem Buch einen Titel geben, dann könnten wir es mit Recht „Das Buch von dem kommenden Reich GOTTES“ nennen.“ (Kingdom of God; New York; Abingdon Press 1953; S. 7 u. 197)
Wir müssen uns wieder daran erinnern, dass „Christus“ nur die Übersetzung des hebräischen Wortes für Messias (der von GOTT gesalbte König) ist und dass „christlicher Glaube“ eigentlich „messianischer Glaube“ bedeutet. Christen sind im biblischen Sinne deshalb „Messianisten“, Nachfolger des Messias. Angesichts dieser Definitionen ist es deshalb ein wenig befremdlich, wenn ein führender Neutestamentler sagt: „Heute ist der Messianismus tot, außer für ein paar sektiererische Randgruppen. Fast niemand bringt seine Überzeugungen und Hoffnungen bezüglich des Universums in diesen Kategorien zum Ausdruck ... Keiner wartet ernsthaft auf einen Messias, der die einzige Lösung für die ganzen Probleme der Welt – geistliche und politische – sein will.“ (J.A.T. Robinson; The Human Face of God; SCM Press 1973; S. 9).
Tatsache ist, dass das Neue Testament von der ersten bis zur letzten Seite die Lösung aller Missstände in dieser Welt in einem zurückkehrenden Messias sieht. (Das o.a. Zitat mag sehr schnell die Frage aufkommen lassen, in wie weit einige Theologen überhaupt noch mit dem Neuen Testament übereinstimmen.)
Für die neutestamentlichen Christen hatte die Erlösung, die durch den Tod Jesu bewirkt wurde, das messianische Drama noch nicht abgeschlossen. Denn die Welt blieb auch danach noch unter der Herrschaft und Irreführung des Satans, der immer noch „der Gott dieser Welt“ ist (2. Kor 4, 4). Diese furchtbare Situation wird erst durch die Rückkehr des Messias am Ende dieses Zeitalters wieder in Ordnung gebracht werden. Das ist für Christen die eigentliche Perspektive, die auf den Propheten, den Aposteln und auf Jesus gegründet ist.
Aber wenn heute nur noch „sektiererische Randgruppen“ die Lösung all unserer Probleme durch den Messias erwarten, dann muss diese biblische Hoffnung der ersten Christen irgendwann durch etwas anderes ersetzt worden sein. Wenn dem so ist, dann ist es allerdings keine Überraschung, dass es heutigen Christen recht schwer zu fallen scheint, sich mit vielem zu identifizieren, was Jesus gelehrt hat. Wenn ihnen messianische Dinge fremd sind, dann ist ihnen zwangsläufig auch der Jesus der Bibel fremd und umgekehrt, denn Jesus ist der Messias!
Für das Neue Testament ist die Behauptung Jesu, dass er der Messias ist, der eigentliche Mittelpunkt des christlichen Glaubens. Alle Titel, die Jesus im Neuen Testament gegeben werden, sind direkt darauf zurückzuführen, dass er behauptet hat, der Messias zu sein. Erlösung, Priesterschaft und Königsherrschaft sind die drei grundlegenden Bestandteile des Messiasamtes. Außerdem ist die Behauptung, der Messias zu sein, eine exklusive Behauptung, denn es kann nur einen geben, der mit Recht diesen Anspruch erheben kann. Es war die Absicht der neutestamentlichen Schreiber, den Menschen zu zeigen, dass Jesus, und nur Jesus allein, der wirkliche Messias ist. Wenn wir heute fragen, wie die Glaubwürdigkeit Jesu beurteilt und bewertet werden muss, dann ist die Antwort einfach: Er füllt den Rahmen aus, der von dem Alten Testament für den Messias geschaffen worden ist. Das Neue Testament pocht darauf, dass Jesus in der Lage ist, alles zu tun, was der Messias nach der Schrift innerhalb des göttlichen Plans ausführen muss. Die Geschichte wird aber erst dann abgeschlossen sein, wenn der Messias als der Herrscher der Welt eingesetzt und auf der Erde wieder eine gerechte Regierung hergestellt worden ist. Von dieser messianischen Zukunft spricht das Neue Testament in vielen Versen. Alles ist auf den kommenden großen Höhepunkt ausgerichtet, an dem Satan die Macht über die Welt aus den Händen genommen wird und auf Jesus übergeht.
Wenn wir uns anschauen, wie Paulus und Petrus in der Apostelgeschichte gewirkt haben, dann werden wir sehen, dass sie sehr bemüht waren, den Menschen zu zeigen, dass Jesus der verheißene König Israels und der Heiland der Welt ist. Und nicht nur das, - sie haben deutlich gemacht, dass die Auferweckung des Messias und sein gegenwärtiges Zusammensein mit dem Vater nur ein Vorspiel für das nächste große Ereignis in dem göttlichen Erlösungsprogramm ist: Und das ist die Rückkehr Jesu auf die Erde. Auf die berechtigte Frage, warum Jesus überhaupt die Erde verlassen hat, wenn er doch der Messias ist, der auf Davids Thron regieren soll, antwortete Petrus: „Den euch vorausbestimmten Messias muss freilich der Himmel aufnehmen bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von denen GOTT durch den Mund SEINER heiligen Propheten von jeher geredet hat“ (Apg 3, 20-21).
Für Petrus ist es also vollkommen klar, dass das messianische Programm solange unvollständig ist, bis die von den Propheten vorausgesehenen Dinge geschehen sind. Dann wird GOTT den Messias senden (Apg 3, 20). Bis zu diesem Zeitpunkt „muss ihn der Himmel aufnehmen.“ Diese Voraussage von Petrus spiegelt die Sichtweise seines Meisters wider, der den Aposteln verheißen hat: „Wenn die Welt neu geschaffen wird und der Menschensohn sich auf den Thron der Herrlichkeit setzt, werdet ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten“ (Matth 19, 28; EinhÜ).
Das Programm, das dem Neuen Testament unterliegt, ist auf einem sehr bekannten und bemerkenswerten Abschnitt des Psalms 110 gegründet, der einmal das Thema eines interessanten Dialogs zwischen Jesus und den Pharisäern bildete:
„Als aber die Pharisäer versammelt waren, fragte Jesus sie und sagte: ‚Was haltet ihr von dem Christus? Wessen Sohn ist er?‘ Sie sagen zu ihm: ‚Davids.‘ Er spricht zu ihnen: ‚Wie nennt David ihn denn im Geist Herr, indem er sagt: ‚Der HERR sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ICH deine Feinde lege unter deine Füße?‘ ‚Wenn nun David ihn Herr nennt, wie ist er sein Sohn?‘“ Matth 22, 41-45).
Diese Frage ist ganz einfach zu beantworten. Der Messias sollte beides sein: Ein Nachkomme Davids, sein Sohn, und erstaunlicherweise gleichzeitig auch sein Herr.
(Die Abstammung Jesus von David wird von Matthäus über Salomo abgeleitet (Matth 1, 6) und von Lukas über Nathan (Luk 3, 31). Die von Salomo ausgehende königliche Linie endete mit Jokakim (Konja; Jer 22, 24-30); ein neuer Erbe wurde in Schealtiël, einem Sohn Neries, gefunden, ein Nachkomme Davids durch Nathan (Matth 1, 12; Luk 3, 27). Aller Wahrscheinlichkeit nach waren Josef und Maria durch Nathan Nachkommen Davids. Es ist gut möglich, dass Josef und Maria Cousin und Cousine ersten Grades waren. Weitere Einzelheiten in: „Genealogy Jesu Christi; Smith`s Concise Dictionary of the Bible; 1865).
In der Rückfrage Jesu war impliziert, dass David Jesus bereits als den Herrn und Messias erkannt hatte, noch ehe er geboren war. Die Pharisäer jedoch waren nicht bereit, anzuerkennen, dass Jesus der Herr und Messias ist, obwohl sie hätten wissen können, dass er ein Nachkomme Davids war; und außerdem hatten sie die Wunder gesehen, die mit seinen Behauptungen einhergingen.
Die Entwicklung des messianischen Amtes ist durch den Psalm 110, 1 so prägnant dargelegt, dass dieser Vers im Neuen Testament etwa 25 Mal zitiert oder angedeutet wird. Dieser Vers ist die klassische alttestamentliche Offenbarung auf den kommenden Messias hin und deshalb unverzichtbar für unsere Glaubenslehre. In zwei kurzen Linien wird hier der göttliche Plan dargelegt. Der EINE GOTT Israels spricht zu Davids Herrn, dem kommenden Messias: „Spruch des HERRN [Jahwe] für meinen Herrn [der Messias]: Setze dich zu meiner Rechten, bis ICH deine Feinde gemacht habe zum Schemel deiner Füße!“
(Auf der Grundlage dieses Verses können wir verstehen, dass Jesus „Herr“ im Sinne von „Herr und Messias“ genannt worden ist (s. Apg 2, 34-36). Petrus legt hier die Grundlage für die neutestamentliche Christologie, indem er die Beziehung Jesu zu seinem Vater erklärt. Diese Aussage des Apostels über Jesus sollte nicht als „jüdisch“ abqualifiziert werden. Sie ist auch nicht durch eine „erweiterte “Sichtweise ersetzt worden, als Johannes sein Evangelium verfasste. Johannes schrieb genauso wie Petrus aus einem einzigen Grund: Er wollte beweisen, dass Jesus der Messias, der Sohn GOTTES, ist (Joh 20, 31). Nachbiblische Sichtweisen missachteten diese höchst wichtigen Tatsachen und begannen einen Jesus zu präsentieren, der anders war als der biblische Jesus, der Messias, und das war ein Jesus, der mehr war als nur ein Mensch. Diese heidnische Christologie hat eine antijüdische Tendenz; damit verbunden war auch der Verlust des Messianismus des Neuen Testaments und die daraus folgende Verwirrung über das Königreich des Messias.)
Petrus stellt die Verbindung zu diesem alttestamentlichen Vers her, indem er sagt, dass „der Himmel den Messias aufnehmen muss bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge“ (Apg 3, 21).
Die Voraussage, dass dem Messias die Feinde unterworfen werden sollen, finden wir noch in einem weiteren Psalm:
„Habe doch ICH [Jahwe] meinen König [den Messias] geweiht auf Zion, meinem heiligen Berg … Fordere von MIR, und ICH will dir die Nationen zum Erbteil geben, zu deinem Besitz die Enden der Erde. Mit eisernem Stab magst du sie zerschmettern, wie Töpfergeschirr sie zerschmeißen“ (Psalm 2, 6, 8-9).
Die Geschichte war also schlüssig und klar und sie war für Jesus und die neutestamentliche Gemeinde außerordentlich wichtig, die sich nach dem Happy End dieses messianischen Dramas bei der Wiederkunft Jesu sehnten.
Wie wir bereits gesehen haben, gibt der im Himmel aufgenommene Christus seinen Jüngern mit der Verheißung, die Welt regieren zu dürfen, den Ansporn, bis zum Ende treu zu bleiben: „Und wer überwindet und meine Werke bis ans Ende bewahrt, dem werde ich Macht über die Nationen geben“ (Off 2, 26).
Jesus wiederholt hier sein Versprechen, den Aposteln in dem neuen Bund königliche Ämter zu übertragen. Schon beim letzten gemeinsamen Abendessen hatte er zu ihnen gesagt: „Ich verordne euch, wie mein Vater mir verordnet hat, ein Reich, dass ihr esst und trinkt an meinem Tisch in meinem Reich und auf Thronen sitzt, die zwölf Stämme Israels zu richten“ (Luk 22, 29-30).
In der Offenbarung wird dieses gleiche Vorrecht dann auf die gesamte Gemeinde ausgedehnt: „Wer überwindet, dem werde ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden und mich mit meinem Vater auf seinen Thron gesetzt habe“ (Off 3, 21).
Angesichts dieser mit der Wiederkunft des Messias verbundenen Sieges- und Regierungsverheißungen fällt es nicht schwer, die Begeisterung für das messianische Königreich zu verstehen, die die Apostel zum Ausdruck brachten, nachdem sie sechs Wochen lang von dem auferstandenen Jesus ausführlich darüber informiert worden waren:
„Diesen hat er sich auch nach seinem Leiden in vielen sicheren Kennzeichen lebendig dargestellt, indem er sich vierzig Tage hindurch von ihnen sehen ließ und über die Dinge redete, die das Reich GOTTES betreffen. Sie nun, als sie zusammengekommen waren, fragten ihn und sagten: ‚Herr, stellst du in dieser Zeit für Israel das Reich wieder her?‘“ (Apg 1, 3+6).
Das war eine ganz natürliche Frage für jeden, der von Jesus gelernt hatte, dass er als der Messias dazu bestimmt war, das Reich GOTTES aufzurichten. Jesus hat hier nichts unternommen, um ihren Glauben an die Wiederherstellung des Königreiches zu erschüttern. Wanndieses große Ereignis eintreten soll, war allerdings noch nicht offenbart: „Es ist nicht eure Sache, Zeiten oder Zeitpunkte zu wissen, die der Vater in SEINER eigenen Vollmacht festgesetzt hat“ (Apg 1, 7).
Jesus hatte schon früher eingeräumt, dass ihm Tag und Stunde seiner Wiederkunft nicht bekannt sind (Mark 13, 32). Die Bevollmächtigung der Jünger zum Dienst sollte durch die göttliche Ausgießung des Geistes „nach diesen wenigen Tagen“ geschehen (Apg 1, 5), aber wann das Königreich kommen soll, war zu dieser Zeit noch nicht bekannt (Apg 1, 6-7).
Wir haben es hier also mit zwei unterschiedlichen Ereignissen zu tun, die beweisen, dass das Königreich GOTTES nicht an Pfingsten eingeführt worden ist. Die von den Jüngern in Apostelgeschichte 1, 6 gestellte Frage über den Zeitpunkt der Wiederherstellung des Königreiches ist ein positiver Beweis für die messianischen Erwartungen, die Jesus ihnen in den dreieinhalb Jahren ihres Zusammenseins und dazu auch noch in den vierzig Tagen nach seiner Auferweckung nahegebracht hatte, in denen er mit ihnen, wie Lukas uns berichtet, „über die Dinge redete, die das Reich GOTTES betreffen“ (Apg 1, 3).
In den heutigen Auslegungen zu Apostelgeschichte 1, 6 wird die Kluft zwischen dem biblischen messianischen Glauben der ersten Christen und der in der nachapostolischen Zeit entstandenen nicht-messianischen Version sehr offensichtlich. Die Einstellung der Apostel ist unmissverständlich. Ihre Frage nach dem Zeitpunkt der Wiederherstellung des Königreiches für Israel zeigt, dass sie die endgültige Aufrichtung der Gottesherrschaft auf der Erde in vollem Umfang erwartet haben. Die Ausleger stellen ganz richtig fest, dass dieses eine geistliche Erneuerung der Menschheit bedeutet, „was der Höhepunkt der prophetischen und apokalyptischen Erwartung unter den Juden war“. (The Clarendon Bible; Acts of the Apostles; Oxford – Clarendon Press 1923; S. 132)
So sollte es aber auch unter den Christen sein. Dieser Kommentar sagt weiter, dass das Interesse der Jünger an der Wiederherstellung des Königreiches „in der Sprache der altjüdischen messianischen Hoffnung zum Ausdruck kam“. Das ist nicht überraschend. Sie gebrauchten die jüdisch-messianischen Hoffnungssprache, weil das ihre Hoffnung war! Jesus hatte nichts getan, was ihre alttestamentliche messianische Erwartung untergraben hätte. Sein Wirken hatte mit der Ankündigung des messianischen Königreiches, mit der Demonstration seiner Macht zu tun. Durch die Einprägung eines neuen geistlichen Wesens sollten seine Jünger tauglich befunden werden, am Königreich teilhaben zu können, wenn es kommt. Das verheißene „jüdisch-messianische Königreich“ war nicht losgelöst von den hohen ethischen Idealen, die für eine Teilhabe an ihm erforderlich waren. Das Königreich war auch nichts anderes als die Hoffnung der Propheten, der Jesus sich voll und ganz angeschlossen hat. Es ist deshalb irreführend, wenn man die Hoffnung der Jünger nach dem wiederhergestellten Königreich geringschätzig nur als „eine jüdische Hoffnung“ bezeichnet. Diese Hoffnung ist in Wirklichkeit vollkommen christlich und apostolisch. Jesus selbst, der gekommen ist, „um die Verheißungen der Väter zu bestätigen“ (Röm 15, 8), hat diese Hoffnung gehabt.
Tragischerweise stoßen sich fast alle Ausleger an diesen ersten Christen, von denen in diesem entscheidenden Vers in Apostelgeschichte 1, 6 berichtet wird. Diese Ausleger würdigen die Botschaft von dem Königreich GOTTES nicht, die doch den Mittelpunkt der Lehre Jesu bildete (Luk 4, 43 u.a.); sie glauben, dass die Apostel falsch lagen, als sie von dem Königreich in jüdisch-messianischen Begriffen dachten.
(Ein frappierendes Beispiel gegen den biblischen Glauben der ersten Christen finden wir in Calvins Kommentar zu diesem Vers:„Ihre Frage enthält so viele Irrtümer wie Worte.“ Das eigentliche Problem liegt aber in Calvins Antipathie gegenüber dem messianischen Königreich, das den Mittelpunkt der Botschaft Jesu bildete.)
Diese Ausleger fühlen sich deshalb berufen, die Apostel angreifen zu müssen (und damit indirekt auch Jesus, der sie eingehend über das Königreich unterrichtet hatte), weil diese an dem jüdischen Verständnis von dem Königreich festgehalten haben. Sie sehen aber nicht, dass diese jüdische Sichtweise von dem Königreich die alttestamentliche Sichtweise ist, die Jesus immer wieder bestätigt und gutgeheißen hat.
Sicher ist das Reich GOTTES nicht nur ein politisches Ereignis, das keine Verbindung mit einer neuen geistlichen Dimension in den Herzen der Menschen hat. Ich behaupte auch nicht, dass der Geist dieses Reiches nicht im Dienst Jesu offenbar geworden ist. Ja, es stimmt: Die geistliche Umgestaltung, die Christen erfahren müssen, geschieht auch schon jetzt. Aber der Antrieb für das Mühen und Durchhalten im Leben des Christen ist die Aussicht auf die Teilhabe am messianischen Königreich in der Zukunft. Das ist der Rahmen, in dem das ganze neutestamentliche Programm aufgebaut ist. Anders als für viele Ausleger, die diesen Rahmen nicht richtig verstanden haben, ist für Jesus an der neuen politischen Ordnung auf der Erde, mit dem Messias als von GOTT eingesetztem König, nichts „primitiv“ oder „jüdisch“. Sie ist die höchste Idealvorstellung, die den Menschen je offenbart worden ist, und nichts weniger als das von GOTT offenbarte Ziel für die Menschheit.
Die immer wieder festzustellende Neigung der Ausleger, die Jünger wegen ihrem Interesse an dem wiederhergestellten Königreich zu verurteilen, zeigt auch die oft feindselige Haltung der traditionellen Christenheit gegenüber der jüdisch-messianischen Einstellung Jesu. Das ist ein großes Problem, denn damit greift man den Mittelpunkt der neutestamentlichen Hoffnung und die Botschaft von dem Reich GOTTES an. Deshalb ist für die heutige Christenheit eine vollständig neue Ausrichtung auf das Neue Testament dringend von Nöten. Der Beweis dafür wird erbracht werden, wenn die Ausleger ihre kritische Einstellung gegenüber den Aposteln in Apostelgeschichte 1, 6 ablegen und mit ihnen ihr lebhaftes Interesse an dem messianischen Königreich teilen, das der Mittelpunkt der Lehre Jesus war.
2. Das gegenwärtige und das zukünftige Zeitalter
Das Neue Testament spielt sich in einem sowohl jüdischen als auch in einem messianischen Rahmen ab. Die Christen in der apostolischen Zeit hatten eine klar definierte Weltsicht, die auch von Jesus geteilt wurde. Nach diesem Verständnis ist das gegenwärtige System der Dinge durch und durch schlecht. Die Menschheit befindet sich im Griff böser kosmischer Mächte, aus dem sie letztendlich nur durch ein Eingreifen GOTTES befreit werden kann, indem ER Seinen Sohn, den Messias, senden wird, um Satan und seine Dämonen zu vernichten. Obwohl es für den einzelnen Gläubigen möglich ist, auch heute schon aus der alles durchdringenden Tyrannei des Satans befreit zu werden, steht die ganze Welt insgesamt gesehen jedoch immer noch „unter der Macht des Bösen“ (1. Joh 5, 19 - Einh.Ü), der „die ganze Welt verführt“ (Off 12, 9).
Für Paulus ist dieser Abschnitt der Geschichte, in dem wir bis zur Wiederkunft des Messias leben, „die gegenwärtige böse Welt“ (Gal 1, 4), die von Satan beherrscht wird (2. Kor 4, 4). Die ganze Schöpfung seufzt und wartet darauf, dass die erlösten Menschen bei der Auferweckung offenbar und unsterblich werden (Röm 8, 19 ff).
Es stimmt, dass Christen bereits heute etwas von dieser Erlösung erfahren können, die der Welt zuteilwerden wird, wenn Jesus sein Königreich aufrichtet. Sie können bereits jetzt von GOTT „aus der Macht der Finsternis gerettet und in das Reich des geliebten Sohnes versetzt“ werden (Kol 1, 13 – NLB). Sie sind bereits jetzt aus dem Geist geborene Söhne und Töchter GOTTES (Joh 3, 3-5; Jak 1, 18; 2. Kor 6, 18). Das darf uns allerdings nicht zu der falschen Vorstellung verleiten, dass das messianische Königreich GOTTES bereits gekommen ist, denn das wird erst dann der Fall sein, wenn der Messias aus den Wolken erscheint und die Zügel der Weltherrschaft übernimmt.
(Nachdem, was Paulus im gleichen Brief schreibt, liegt das Erbe des Königreiches in der Zukunft (Kol 3, 24). Kein Vers in der Bibel sagt, dass die Christen schon jetzt „das Reich GOTTES geerbt“ haben.)
Bis zum heutigen Tag sollen die Christen zu GOTT beten: „DEIN Reich komme!“ Nach dem, was Jesus gesagt hat, wird das am Ende dieses Zeitalters mit katastrophalen Ereignissen verbunden sein, anhand derer die Gläubigen erkennen sollen, „dass das Reich GOTTES nahe ist“ (Luk 21, 31).
Jesus und die Apostel haben geglaubt, dass das gegenwärtige Zeitalter der Herrschaft Satans unterworfen ist und sie freuten sich auf das zukünftige Zeitalter, in dem das Reich GOTTES mit der Wiederkunft Jesu aufgerichtet werden wird. Dieser einfache Zeitrahmen gibt dem Neuen Testament Stimmigkeit. Es läuft ein genau festgelegtes göttliches Programm ab, das das Schicksal der Menschen betrifft und das es dem Christen ermöglicht, den Verfolgungen und Drangsalen standzuhalten, weil er die überschwänglichen Freuden des königlichen Reiches im zukünftigen Zeitalter erwarten kann, in dem die auf der Erde herrschenden Missstände in Ordnung gebracht und die Gläubigen mit der Unsterblichkeit belohnt werden. Dann wird die Erde von der Tyrannei des Satans befreit sein und der bis zum Ende treu gebliebene Christ wird unter der messianischen Herrschaft Jesu bei der Erneuerung der Gesellschaft eine aktive Rolle spielen. Das Neue Testament stellt uns ein klar definiertes Ziel vor Augen, das mit der Wiederkunft Jesu erreicht wird, so dass wir die Leiden, die uns zustoßen können, und sei es auch ein Tod als Märtyrer, angesichts der vor uns liegenden großartigen Belohnung bereitwillig ertragen können.
Nach dem einstimmigen neutestamentlichen Zeugnis ist das Ziel der Christen der Erhalt des „ewigen Lebens“, - so sagen es zumindest unsere Übersetzungen. Es ist eine Binsenwahrheit, dass der betreffende griechische Begriff auch „Leben im zukünftigen Zeitalter“ bedeutet.
(Siehe z.B.: C.K. Barrett; The Gospel According to St. John; London: SPCK 1972: „Ewiges Leben“ (Dan 12, 2) bedeutet nach der Erklärung der Rabbis „das Leben im zukünftigen Zeitalter“ S. 179).
Damit sind die Unsterblichkeit und ein Platz in dem neuen Zeitalter des zukünftigen Königreiches gemeint. Durch die Übersetzung des griechischen Wortes „aion“ (Zeitalter) mit „Welt“ haben die älteren Übersetzungen mit dazu beigetragen, den typischen jüdischen Unterschied zwischen „diesem Zeitalter“ und dem „zukünftigen Zeitalter“ des Königreiches zu verschleiern, welches für die biblische Christenheit grundlegend ist.
(vergl. Matth 12, 32; Mark 10, 30; Luk 16, 8; 18, 30; Eph 1, 21; Hebr 6, 5).
Die beiden Zeitalter und der bekannte christliche Begriff „ewiges Leben“, wörtlich „Leben im zukünftigen Zeitalter“, sprechen von einem Messianismus, der die Grundlage des gesamten Neuen Testaments ist.
3. Kampf in der himmlischen Welt
Wir haben gesehen, dass Jesus das Böse in unserer gegenwärtigen Ordnung auf eine äußerst niederträchtige himmlische Person zurückführt, auf Satan, den Teufel. Die Aktivitäten Satans, die alle Bereiche der Gesellschaft durchdringen, werden unterstützt von einer Armee dämonischer Kräfte, die geschickt und subversiv vorgehen, um die Botschaft von der Erlösung zu verdunkeln, um die Herzen der Menschen zu blenden und sie von der Wahrheit wegzuführen, die sie vor seiner teuflischen Irreführung retten könnte. Der beherrschende Einfluss Satans ist eine Tatsache, die Auswirkungen auf das ganze Universum hat; - zumindest haben es die Verfasser des Neuen Testaments so verstanden. Weil Jesus der Messias ist, der dazu bestimmt ist, den Satan und seine Helfershelfer zu besiegen, ist es ganz offensichtlich, dass er in ständigem Kampf mit den Kräften des Bösen steht. Davon wird uns im Neuen Testament ausführlich berichtet und wir hören von dem anhaltenden Widerstand, mit dem Jesus in der Form von Dämonen, Krankheiten oder feindlich gesinnten religiösen oder politischen Autoritäten konfrontiert war.
Rückschauend auf das Wirken Jesu, fasst Johannes dessen Auftrag als die Aufhebung der Werke des Teufels zusammen: „Hierzu ist der Sohn GOTTES offenbart worden, damit er die Werke des Teufels vernichte“ (1. Joh 3, 8).
(Petrus fasst das Werk Jesu in der genau gleichen Weise zusammen: „Wie GOTT Jesus von Nazareth gesalbt hat mit heiligem Geist und Kraft; der ist umhergezogen und hat Gutes getan und alle gesund gemacht, die in der Gewalt des Teufels waren, denn GOTT war mit ihm“ (Apg 10, 38 Luth 84).
Der Messias hat unter der Hingabe seines Lebens über den Erzfeind der Menschen gesiegt. Und doch ist es ein Sieg, der bis zum jetzigen Zeitpunkt immer noch unvollständig ist, denn Johannes kann immer noch sagen, dass die Welt ganz im Griff des Bösen ist (1. Joh 5, 19). Aber eine gute Nachricht ist es, dass „der Gott dieser Welt“, Satan (2. Kor 4, 4), nur noch eine kurze Zeitspanne hat, in der er sein schändliches Werk weiterbetreiben kann. Der Tag des Messias wird ganz gewiss kommen, an dem der Teufel endgültig abtreten muss (Röm 16, 20; Off 20, 1-6). Dann wird das Reich GOTTES überall auf der Erde die Oberhand gewinnen.
Das ist die einfache Geschichte des Messias, die allen neutestamentlichen Berichten zugrunde liegt. Jedes Buch und jeder Brief zeigt in einer jeweils eigenen Weise, wie sich das messianische Drama entwickeln wird. Und ein Drama ist es tatsächlich. Denn die Spannung steigt in dem Maße, in dem die Welt immer böser und schlimmer wird („Böse Menschen und Betrüger aber werden zu Schlimmerem fortschreiten, indem sie verführen und verführt werden“ 2. Tim 3, 13).
Das wird erst dann ein Ende haben, wenn der Messias am Ende dieses Zeitalters in diese unbekümmerte und gottlose Gesellschaft eindringt und die Reiche dieser Welt mit unwiderstehlicher Macht übernimmt, „bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel her mit den Engeln seiner Macht, in flammendem Feuer. Dabei übt er Vergeltung an denen, die GOTT nicht kennen, und an denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus nicht gehorchen“ (2. Thess 1, 7-8; Matth 24, 37-39).
Diese neutestamentlichen Tatsachen kann niemand wirklich bestreiten. Wir müssen uns allerdings fragen, warum die christlich nennenden Kirchen in einem vollständig anderen Rahmen zu agieren scheinen und ganz offensichtlich die Sichtweise des Neuen Testaments mit seiner charakteristischen Geschichtsperspektive und seiner brennenden Hoffnung auf die Wiederkunft des Messias am Ende dieses Zeitalters verworfen haben. Wir müssen uns auch der Frage stellen, warum man ein Glaubenssystem weiterhin „christlich“ nennen soll, das sich von der messianischen Struktur, die Jesus, der Christus, geglaubt und gelehrt hat, verabschiedet zu haben scheint.
4. Anti-messianische Tendenzen in der neuzeitlichen Theologie
Liest man die Arbeiten heutiger „liberaler“ Theologen, so ist man von der lässigen Art und Weise betroffen, in der sie viele Aussagen der neutestamentlichen messianischen Botschaft ignorieren oder verachten. Bezugnehmend auf die Frage Jesu an die Pharisäer über den Messias: „Was haltet ihr von dem Christus? Wessen Sohn ist er?“ weist J.A.T. Robinson darauf hin, dass es ursprünglich „eine jüdische Frage war, die eine jüdische Antwort erwartete.“ In der NEB wird es recht passend übersetzt: „Was ist eure Meinung über den Messias?“. Das ist aber nicht nur eine allein jüdische Frage. Wenn Jesus Christus diese Frage gestellt hat, ist sie dann nicht per Definition auch eine christliche Frage? Und wenn sie dazu gedacht war, den Pharisäern eine wichtige Lektion zu erteilen, sollte sie uns Christen dann nicht gleicherweise davon in Kenntnis setzen, was Jesus sehr am Herzen gelegen hat? Robinson ist der Meinung, dass „Christus sehr stark historisch und geografisch bestimmt ist. Er ist jüdisch und noch dazu spätjüdisch.“ (The Human Face of God; S. 1, 8).
Nichtsdestotrotz bezieht der christliche Schreiber des Hebräerbriefs die messianische Vorstellung auf den Bund, der mit David geschlossen wurde und geht davon aus, dass seine Leser die Verheißung des Propheten Natan für David kennen, nach der sein glorreicher Nachkomme den Thron seines Vaters erben wird (Hebr 1, 5; Psalm 2, 7; 2. Sam 7, 14). Ebenso ist Psalm 110, 1 ein durch und durch messianischer Vers, der von allen neutestamentlichen Schreibern mit Liebe aufgenommen wurde, da er so klar und prägnant das messianische Programm zusammenfasst: Der Messias ist jetzt bei dem Vater und wartet auf den großen Augenblick seiner Rückkehr, um das Reich GOTTES durch die „Wiederherstellung aller Dinge“ aufzurichten (Apg 2, 34-35; 3, 21). Nach einheitlicher Aussage der neutestamentlichen Schreiber hat GOTT in diesem Psalm schon lange vor Jesu Geburt in Bethlehem von dem Christus gesprochen, der für sie dieser Jesus von Nazareth ist. Auch Mose hatte die Geburt des Messias prophezeit, als er schrieb: „Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein GOTT, aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, erstehen lassen“ (5. Mo 18, 15; zitiert in Apg 3, 22 und 7, 37).
Theologen versuchen oft mit der Theorie, dass der Begriff „Christus“ nur deshalb „außerhalb des Judentums Verbreitung gefunden hat, weil er aufgehört hat, ein Titel zu sein und zu einem Eigenname geworden ist“, den Messianismus des Neuen Testaments herunterzuspielen. (J.A.T. Robinson; S. 9). Tragischerweise ist das bei dem Christentum der Fall, das sich nach der neutestamentlichen Periode entwickelt hat (oder verkommen ist). Wer behauptet, dass der Begriff oder Titel „Christus“ im Neuen Testament nicht die deutlich herausgestellte offizielle jüdische Bedeutung hat, der untergräbt den gesamten Inhalt des apostolischen christlichen Glaubens, nach dem Jesus der in den jüdischen Schriften erwartete Christus ist, der den dort zu findenden Voraussagen entsprechend handelte und dazu bestimmt ist, so zu handeln. Es gibt Theologen, die wollen uns sogar weismachen, dass „Christus“ eine Bezeichnung ist, „mit der Jesus selbst recht unglücklich war“ (J.A.T. Robinson; S. 9). Das widerspricht aber der offenkundigen Tatsache, dass es für Jesus die große zentrale Offenbarung des Glaubens war, wenn man ihn als den Messias erkannte:
„Er spricht zu ihnen: Ihr aber, was sagt ihr, wer ich bin? Simon Petrus aber antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen GOTTES. Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Glückselig bist du, Simon, Bar Jona; denn Fleisch und Blut haben es dir nicht offenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist“ (Matth 16, 15-17).
Was Jesus später an Petrus zu kritisieren hatte, war nicht seine Erkenntnis, dass er der Messias war (denn es war eine heilige Offenbarung, die GOTT ihm gegeben hat), sondern sein Unwille, zu akzeptieren, dass der Messias durch Leiden und Tod die Herrlichkeit erlangen muss.
Manchmal hat es den Anschein, als wollten die Theologen unsere Aufmerksamkeit von dem Titel „Messias“ weglenken, um uns davon zu überzeugen, dass wir Jesus lieber „Herr“ oder „Sohn GOTTES“ nennen sollen:
„,Bei allem Gewicht und aller Bedeutung, die die Kirche in Jesus sah, war die theologische Kategorie ‚Messias‘ mit seinen politischen und eschatologischen Obertönen bald ersetzt … ‚Christus‘ überlebte als ein Name, der mit ‚Jesus‘ austauschbar war“ (J.A.T. Robinson; S. 9)
Welche politischen und eschatologischen Verbindungen der Titel „Messias“ hat, wird allerdings in den Berichten der synoptischen Evangelien über Jesus überaus deutlich. Johannes will uns in seinem Evangelium Jesus als den Messias, den König Israels, präsentieren (Joh 20, 31; 1, 41+49). In der Offenbarung hat er den jüdischen Messianismus Jesu klar und eindeutig herausgestellt, der als der Messias mit umfassenden messianischen Begriffen zu den Gemeinden spricht; die Beschreibungen der spektakulären Wiederkunft Jesu in Macht und Herrlichkeit, mit der er die Erde regieren wird, basieren auf der alttestamentlichen Prophetie (Off 5, 10; 20, 1-6; Jer 23, 5-6 u.a.).
Wir müssen erkennen, dass die Heiden, die in großer Zahl zur Kirche konvertierten, nur schwer begriffen haben, was der Glaube an Jesus als den Messias bedeutet. Sie waren jedoch gerne bereit, eine Art Gottesfigur zu übernehmen. Die Apostel hätten zu ihren Lebzeiten die Aufnahme von Heiden in die Gemeinde ohne eine gründliche Unterweisung über die messianischen Lehren Jesu bestimmt nicht zugelassen. In der nachapostolischen Zeit hat das Wort „Messias“ allmählich seine Bedeutung verloren, wodurch die Identität der im Mittelpunkt des Glaubens stehenden Figur verdunkelt und missverstanden wurde.
(Ridderbos stellt fest, dass bei Paulus der Begriff „Christus“ nie die offizielle Bedeutung als der Titel für den von GOTT verheißenen König verliert. „Auch wenn der Name Christus in dem paulinischen Gebrauch die Bedeutung eines Eigennamens angenommen zu haben scheint, so bedeutet das nicht, dass diese Bezeichnung ihre offizielle historische-israelitische Bedeutung verloren hat“ (Paul, An Outline of His Theology; London SPCK 1977; S. 51). Es ist eine Tatsache, dass „Christus“ für uns Heiden ein Eigenname zu sein scheint. Aber um das Neue Testament verstehen zu können, müssen wir lernen, dass „Christus“ ein Titel ist, der dem verheißenen Sohn Davids zukommt und dazu bestimmt ist, seine weltumspannende Herrschaft in dem zukünftigen Zeitalter aufzurichten. Die messianische Bedeutung des Neuen Testaments kann wieder zurückgewonnen werden, wenn man an Stelle des Wortes „Christus“ das Wort „Messias“ liest).
Dass der Glaube an Jesus als der Messias verlorengegangen ist, hat zu einem Abfall von dem ursprünglichen biblisch-christlichen Glauben geführt und ist dafür verantwortlich, dass den Menschen, die nicht in dem Glauben der Bibel geschult worden sind, die messianischen Konzepte fremdgeworden sind. Es ist allerdings nicht fair, wenn dieser Verlust den neutestamentlichen Christen zugeschrieben wird, für die es das große zentrale Bekenntnis ihres Glaubens war, dass Jesus der eine und einzige Messias der jüdischen Erwartung ist. Für sie hatte der Verlust dieses Glaubensmittelpunkts ganz klar einen antichristlichen Charakter:
„Jeder, der glaubt, dass Jesus der Christus ist, ist aus GOTT geboren“ (1. Joh 5, 1).
„Wer ist der Lügner, wenn nicht der, der leugnet, dass Jesus der Christus ist? Der ist der Antichrist“ (1. Joh 2, 22).
Es ist offenkundig, dass der Glaube an Jesus als der verheißene Messias die Grundlage der gesamten apostolischen Missionsarbeit bildete. Das ist das verbindende Thema des ganzen Neuen Testaments. Wenn eingeräumt wird, dass den Heiden gestattet wurde, Mitglieder der Kirche werden zu können, ohne dass sie ein richtiges Verständnis von Jesus als dem Messias hatten, dann ist das einfach das Eingeständnis, dass die Kirche die originäre Bedeutung der zentralen Figur des christlichen Glaubens verloren hat.
(J.Y. Campbell sagt in A Theological Word Book of the New Testament (Herausgegeben von Alan Richardson, SCM Press 1979, S. 46): “In der christlichen Tradition bekam ‘Christus’ zuerst eine neue und andere Bedeutung und wurde einfach zu einem Namen wie ‚Jesus‘ auch.“ Campbell gibt allerdings auch zu, dass Jesus nicht verstanden worden wäre, wenn er dem Titel „Messias“ eine ganz neue Bedeutung gegeben hätte. Was wir ganz einfach sagen wollen ist, dass der Bedeutungsverlust des Wortes „Messias“ ein Verlust der Identität Jesu bedeutet. Dieses bereitete den Weg für die Einsetzung eines nichtmessianischen Retters, der dem Neuen Testament fremd ist.
Wenn Theologen uns heute sagen, dass der Titel „Christus“ zu einem bedeutungslosen Beinamen geworden ist und seine ursprüngliche hebräische Bedeutung verloren hat, dann weisen sie damit auf den Verlust des ursprünglichen Glaubens hin und auf eine nicht zulässige Entwicklung desselben. Es ist auch eine Tatsache, dass die meisten Theologen von einem Jesus, der der Messias Israels ist, nicht sehr angetan sind, weshalb sie auch ohne große Traurigkeit behaupten, dass „der Messianismus tot ist, außer für sektiererische Randgruppen“ (J.T.A. Robinson; The Human Face of God, S. 9).
Mit dieser Formulierung will man zum Ausdruck bringen, dass der neutestamentliche christliche Glaube in den Hintergrund gedrängt ist und nur noch in den Köpfen einer Minderheit vorhanden ist, die immer noch an Jesus als den Messias der alttestamentlichen Prophetie und König des messianischen Königreiches glaubt, das auf der Erde aufgerichtet werden soll, wenn er als der Messias kommt, um zu herrschen. Diese Minderheit hätte Schwierigkeiten, zu verstehen, was mit der Bitte „Dein Reich komme“ gemeint ist, wenn es nicht ein Schrei nach der Aufrichtung der weltumspannenden messianischen Regierung und damit nach der Wiederkunft Jesu ist.
Weithin wird zugegeben, dass das Reich GOTTES das maßgebende Thema in allen Lehren Jesu ist. Deshalb können wir uns vorstellen, wie fatal der Verlust der mit dem Königreich verbundenen messianischen Vorstellungen gewesen ist. Das musste unweigerlich zu einer Neuinterpretation der Lehre Jesu führen, die ihr jeglichen messianischen Charakter nimmt. Mit dieser Neuinterpretierung hat man den ursprünglichen christlichen Glauben mit nicht-messianischen Begriffen einfach umgeschrieben. Wie will man diesen unsinnigen Widerspruch auflösen, zu dem es kommt, wenn man den Messias von seinen messianischen Lehren trennt? Kann ein von seinen wesentlichen messianischen Merkmalen entleerter Glaube immer noch ein Glauben sein, der erkennbar apostolisch ist?
5. Der gnostische Einfluss
Die Ursache, die zu diesem radikalen Wechsel geführt hat, weg von dem Glauben an Jesus als den Messias im voll biblischen Sinne dieses Wortes, ist leicht zu entdecken. Es ist der Einfluss des Gnostizismus gewesen, der „von den Universalien im Menschen sprach und tatsächlich der erste Faktor war, der ‚den Christus‘ aus den engen Grenzen des jüdischen Messianismus herausholte.“ (J.A.T. Robinson, The Human Face of God, S. 7).
Gegen diesen Gnostizismus hatten die Apostel ständig zu kämpfen, als sie versuchten, den jüdisch-messianischen Rahmen zu bewahren, in dem der ursprüngliche biblische christliche Glaube eingefügt ist.
(Siehe z.B. 1. Tim 6, 20; 2. Tim 2, 18; 1. Kor 15, 12: “Wie sagen einige unter euch, dass es keine Auferstehung der Toten gebe?“)
Das erste Angriffsziel des Gnostizismus war die Lehre von der Auferstehung der Toten, die für die Apostel die Auferweckung der verstorbenen Gläubigen bedeutete, die Unsterblichkeit erlangen sollten. Dieses großartige Ereignis ist mit der Wiederkunft des Messias verbunden, der kommt, um sein Königreich aufzurichten: „In Christus werden alle lebendig gemacht werden. Jeder aber in seiner eigenen Ordnung: der Erstling, Christus; sodann die, welche Christus gehören bei seiner Ankunft“ (1. Kor 15, 22-23).
Der Kampf, die reine neutestamentliche Lehre von der Auferstehung zu bewahren, ging leider schon wenige Jahrhunderte nach dem Tod der Apostel verloren. Natürlich hat die Kirche behauptet, dass sie diesen Kampf gewonnen hat. In Wirklichkeit hat sie sich aber den Gnostikern teilweise unterworfen. Was nach diesem Kampf als „christliche“ Lehre vom Leben nach dem Tod überlebt hat, hat dem Gnostizismus genauso viel zu verdanken, wie den Lehren von Jesus und den Aposteln. Nach der Lehre des Neuen Testaments „schlafen“die Toten gegenwärtig in den Gräbern (1. Kor 15, 18+20; 1. Thess 5, 10) und warten darauf, ins Leben zurückgerufen zu werden, wenn Jesus wiederkommt.
(Es ist interessant, auf die Warnung von Justin dem Märtyrer um 150 n. Chr. zu hören: „Wenn ihr zusammenkommen solltet mit solchen, welche sich Christen nennen und obige Anschauung nicht teilen, welche dazu aber noch sich erkühnen, den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs zu lästern, und ferner behaupten, es gäbe keine Auferstehung der Toten, sondern ihre Seelen würden schon beim Tode in den Himmel aufgenommen werden, dann haltet sie nicht für Christen“ (Dialog mit dem Juden Tryphon; Kap. 80).
Das wird dann geschehen, wenn „alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und hervorkommen werden; die das Gute getan haben zur Auferstehung des Lebens …“ (Joh 5, 28-29). Dieses einfache Bild von der Rückkehr der Toten ins Leben durch die Auferweckung ist auf dem jüdischen Verständnis vom Menschen als eine seelisch-leibliche Einheit gegründet. Der ganze Mensch stirbt und der ganze Mensch kommt wieder ins Leben zurück. So erfahren wir aus der Prophezeiung in Daniel 12, 2, dass „viele von denen, die im Land des Staubes schlafen, aufwachen werden; die einen zu ewigem Leben“ („ewiges Leben“ bedeutet „Leben im zukünftigen Zeitalter des Königreiches“).
Was heute unter dem Namen Auferstehung in vielen Kirchen verkündigt wird, klingt häufig vollkommen anders und trägt die Kennzeichen der gnostischen Einflüsse in den ursprünglichen Glauben. Nach der heute gängigen christlichen Vorstellung, die durch Beerdigungspredigten und entsprechende Indoktrination von frühster Kindheit an untermauert wird, sind die Toten im Himmel als körperlose Seelen bereits vollkommen lebendig, was aber, wie viele kompetente Theologen aus den verschiedensten Denominationen aufgezeigt haben, für die jüdischen Schreiber des Neuen Testaments völlig fremd und unverständlich gewesen ist. (Lukas, der einzige Autor mit heidnischem Hintergrund, war von der jüdischen Denkweise voll und ganz durchdrungen). Mit dieser von der Tradition geprägten nachapostolischen Lehre will man ohne Zweifel die Hinterbliebenen mit der Glaubensvorstellung trösten, dass die Verstorbenen nicht wirklich tot sind. Diese Lehre hat aber die verheerende Folge, dass sie die zukünftige Auferweckung der Toten (und das ganze neutestamentliche Bild von der Zukunft) auf ein überflüssiges Anhängsel reduziert, das man gerade noch am Ende des Glaubensbekenntnis angefügt hat.
Es stellt sich natürlich die Frage, die William Tyndale schon mit der katholischen Kirche diskutiert hat, welchen Sinn eine zukünftige Auferstehung der Toten haben soll, wenn diese in Wirklichkeit bereits ihre Herrlichkeit im Himmel erhalten haben. Und wir müssen hinzufügend noch fragen, warum dann, wenn der Messias wiederkommt, überhaupt noch ein messianisches Königreich auf der Erde notwendig ist?
Nachdem die Christen mit ihrer neuen Zielvorstellung von dem biblischen Mittelpunkt, der Wiederkunft Jesu mit seiner dann folgenden Herrschaft auf der Erde, abgerückt sind, war der Verlust der neutestamentlichen Perspektive unvermeidlich. Man kann leicht erkennen, warum das neutestamentliche Zukunftsprogramm so wenig Eindruck auf die heutigen Gottesdienstbesucher macht. Es passt einfach nicht zu dem, was sie als christliche Lehre über das Leben nach dem Tod gelernt haben. Eine Rückkehr zu dem richtigen, auf der Bibel gegründeten, christlichen Glauben würde die Wiederaufrichtung des Pfeilers der in der Bibel verheißenen Hoffnung für die Zukunft bedeuten, - die Auferstehung der Toten (und nicht nur der toten Körper) bei der Wiederkunft Jesu. Alle, die Beerdigungsgottesdienste leiten, sollten einmal über die Beobachtungen J.A.T. Robinsons nachdenken:
„Unsere ganze westliche Tradition hat es fertiggebracht, dem Tod eine insgesamt überhöhte Bedeutung zu geben. Es ist zu einer weit überzogenen Fokussierung auf den Tod und auf den Augenblick des Todes gekommen. Das begann schon, als die Tinte auf den Seiten des Neuen Testaments fast noch nicht getrocknet war und es war eine der bemerkenswertesten stillen Revolutionen in der Geschichte des christlichen Denkens … Unsere ganze Lehre und Hymnologie setzt als gegeben voraus, dass du in den Himmel - oder natürlich auch in die Hölle – kommst, wenn du stirbst … Diese Behauptung steht im klaren Widerspruch zu dem, was die Bibel sagt … Die Bibel sagt nirgendwo, dass wir in den Himmel kommen, wenn wir sterben, noch hat sie jemals den Tod mit den Begriffen des in den Himmel gehen, beschrieben … Wesleys Worte: ‚Befiehl dem Jordan, dass der enge Strom sich teilt und bring uns sicher in den Himmel‘ haben keine biblische Grundlage.“
(On Being the Church in the World; SCM Press 1960; S. 129, 130, 131).
Die Wiederbelebung des von den Aposteln gelehrten christlichen Glaubens wird so lange verhindert werden, so lange unsere Prediger und Bibellehrer die Kluft nicht erkennen, die ihre Sicht von der Zukunft von der der Apostel trennt. Die Christenheit des Neuen Testaments war von einem Rahmen umgeben, den die kirchliche Tradition auseinandergenommen hat. Die Wiederherstellung dieses neutestamentlichen Rahmens beginnt mit der Wiedereinsetzung des Glaubens an die Wiederkunft Jesu und der folgenden Aufrichtung des Reiches GOTTES auf der Erde als Mittelpunkt all unseres christlichen Denkens. Ohne diese klare Vision von dem Königreich (was bekanntermaßen die Vision aller Propheten war), können wir nicht vernünftig auf das eingehen, was Jesus und die Apostel gelehrt haben. Aufgabe der evangelikalen Theologie muss es sein, alle Elemente der heidnisch-griechischen Philosophie zu beseitigen, die den Platz der ursprünglichen jüdischen Lehre der Bibel eingenommen haben. Wir müssen das Reich GOTTES so definieren, wie Jesus und die Propheten es definiert haben und unsere natürliche heidnisch geprägte Aversion gegen die messianische Hoffnung auf einen zukünftigen Frieden auf der Erde ablegen, der mit der Ankunft des Messias in seiner Macht und Herrlichkeit realisiert werden wird.
6. Entmythologisierung
Es gibt eine Chance, die dogmatischen Zwänge der Tradition zu verlassen und zu den einfachen Lehren der ersten Gemeinde zurückzukehren. Das sollte uns herausfordern und begeistern. Wir können dabei große Freude erleben und ein Zusammengehörigkeitsgefühl mit den ersten Nachfolgern des Messias entdecken. Bisher hat die christliche Theologie leider immer wieder versucht, uns in eine andere Richtung zu führen. So behauptet man heute, dass aus der neutestamentlichen Lehre alle Aspekte entfernen werden müssen, die nicht zu der modernen wissenschaftlichen Sichtweise passen.
Vor allem müssten die neutestamentlichen „Mythen“, wie die Jungfrauengeburt, die Wunder, die wirklich geschehene Auferstehung Jesu und seine Wiederkunft mit zeitgemäßen Begriffen neu interpretiert werden, damit sie den wissenschaftlich geprägten Menschen nicht anstößig erscheinen. Das notwendige Ausmaß dieses „Entmythologisierungsprozesses“ wird je nach Autor verschieden gesehen, aber alle sind der Überzeugung, dass wir in unserer heutigen Weisheit vieles nicht mehr akzeptieren können, was Jesus und die frühe Gemeinde geglaubt haben. Nach ihren Vorstellungen hat es die meisten Wunder wohl nicht gegeben und der verbleibende Rest lässt sich „psychologisch“ erklären. Auch die Auferweckung Jesu als das wirkliche Wiedererscheinen nach seinem Tod und das leere Grab sind zu hinterfragen, um herauszufinden, ob es keine „einfacheren“ Erklärungen gibt. Die Jungfrauengeburt ist nicht als biologisch exakter Tatsachenbericht zu verstehen, weil sie nur eine Möglichkeit ist, wie man die Einzigartigkeit Jesu herausstellen kann; man muss auch nicht glauben, dass die Wiederkunft Jesu ein wirkliches in der Zukunft liegendes Ereignis ist.
Es ist erstaunlich, dass die Erkenntnisse, die nach diesen raffinierten Angriffen auf die neutestamentlichen Dokumente übriggeblieben sind, noch christlich sein sollen, nachdem man damit doch die Pfeiler des neutestamentlichen Glaubens entfernt hat. Vielleicht ist es so, wie Oskar Wilde einmal recht zynisch gesagt hat: „Die Wahrheit in Fragen der Religion ist jene Anschauung, welche den Sieg errang.“ In Wirklichkeit ist aber die Wahrheit das, was Jesus und die Apostel geglaubt und gelehrt haben.
7. Evangelikales Evangelium ohne das Königreich
Evangelikale Christen haben feststellen können, dass der religiösen Anarchie Tür und Tor geöffnet werden, wenn die Schrift als autoritative und letztgültige Quelle des christlichen Glaubens preisgegeben wird. Leider haben auch die Evangelikalen unwissentlich vieles als biblische Wahrheit übernommen, was sie nicht sorgfältig im Licht der Schrift überprüft haben. Das „sola scriptura“ der Reformation bedeutet bei ihnen oft nur eine der Tradition entsprechende Schriftauslegung. Luther und Calvin haben ihre eigenen Dogmen der Schrift auferlegt. Das gilt ganz besonders für die evangelikale Definition des Evangeliums.
(Man beruft sich gerne auf 1. Kor 15, 1-4, ohne die ergänzenden Hinweise in Apg 8, 12; 28, 23+31; 19, 8; 20, 25 zu erwähnen, die zeigen, dass das Reich GOTTES immer den Mittelpunkt des Evangeliums der Apostel bildte. In 1. Kor 15, 1-4 befasst Paulus sich mit der äußerst wichtigen Information über den Tod und die Auferstehung Jesu, die er ihnen als das „was am wichtigsten ist“ (NLB - en protois, - V. 3) verkündigt hat).
Und wieder einmal ist es die messianische Botschaft des Neuen Testaments, die man damit an den Rand geschoben hat. Die Botschaft, die Jesus und die Apostel verkündigt haben, war immer die Botschaft vom Reich GOTTES. (Matth 4, 23; 24, 14; Luk 4, 43; Apg 8, 12; 28, 23+31).
Fast immer wird übersehen, was nach Lukas überaus wichtige Inhalte des Evangeliums sind. Es ist die Botschaft vom Reich GOTTES und die Dinge, die Jesus betreffen. Nur wer daran glaubt, kann getauft werden (Apg 8, 12; 19, 8; 28, 23+31). Auch für Jesus war die Predigt dieses Evangeliums die maßgebende Grundlage seines Dienstes (Luk 4, 42). Aber weil die traditionsgebundene Christenheit es versäumt hat, das Königreich mit biblisch messianischen Begriffen zu definieren, ist es zur Einführung eines einseitigen „Glaube an Jesus - Evangelium“ gekommen. Das Königreich scheint aus ihrer „Guten Nachricht“, die sie verkündigt, verschwunden zu sein. Das Problem dabei ist, dass ein Evangelium, das seiner streng eschatologischen und messianischen Verknüpfungen beraubt worden ist, nicht mehr das Evangelium ist, das Jesus und die Apostel verkündigt haben. Es besteht ein deutlicher Unterschied zwischen der traditionellen Vorstellung vom „in den Himmel kommen, wenn man stirbt“ und der neutestamentlichen Hoffnung auf die Auferweckung zum Leben im Königreich, wenn Jesus wiederkommt.
Im Neuen Testament ist den Menschen, die sich bekehren wollen, im Zusammenhang mit der Guten Nachricht von dem Reich GOTTES zuerst gesagt worden: „Tut Buße und glaubt an das Evangelium“ (von dem Reich GOTTES, - Mark 1, 14-15).
Diese Botschaft beschreibt das Ziel, das GOTT für unsere Welt in der Zukunft vorgesehen hat. GOTT will Seinen Sohn noch einmal auf die Erde senden, um hier das Reich GOTTES aufzurichten. ER hat ihn bereits ein erstes Mal gesandt, um durch ihn diese Gute Nachricht verkündigen zu lassen und die Macht dieses Königreiches durch die Heilung von Kranken und Austreibung von Dämonen zu zeigen. Jesus ist jetzt in der Gegenwart Seines Vaters, um dort als Hoherpriester für seine Gemeinde einzutreten.
Wir sind alle Sünder und brauchen Vergebung und Erlösung. Der Sohn GOTTES, der Messias, der verheißene leidende Gottesknecht aus Jesaja 53 ist für unsere Sünden gestorben. In ihm können wir Vergebung finden. Der Messias wird uns durch seine Erkenntnis zur Gerechtigkeit verhelfen (Jes 53, 11). Jesus sagte, dass Buße und Sündenvergebung das Ergebnis der Annahme seiner Botschaft vom Reich GOTTES sind (Mark 4, 11-12). In dem Gleichnis vom Sämann, in dem Jesus die Heilsbotschaft beispielhaft darstellt, erklärt er, dass die Sünde der Blindheit oder die Nichtakzeptanz seiner Botschaft („das Wort vom Reich“ – Matth 13, 19) oder der „Worte des zukünftigen Zeitalters“ (Joh 6, 68) die Ursache sind, die eine echte Buße und die daraus folgende Vergebung der Sünde verhindern. In ähnlicher Weise sagt der Messias in Johannes 16, 9 das es Sünde ist, „weil sie nicht an mich glauben.“
Wir dürfen Folgendes nicht vergessen: An Jesus glauben, heißt auch an alles zu glauben, was er als Evangelium gelehrt hat, und das beginnt mit seiner zusammenfassenden Aussage in Markus 1, 14-15. Das Neue Testament weist vom Anfang bis zum Ende darauf hin, dass der Glaube an die Botschaft Jesu eine unabdingbare Bedingung für die Erlösung ist. Das gleiche Thema – nämlich dass unsere Gerechtigkeit vor GOTT von dem Verständnis und der Annahme der Botschaft abhängt, wie Jesus sie verkündigt hat – wird auch in Daniel 12, 3 angesprochen: „Die, welche die vielen zur Gerechtigkeit gewiesen haben, leuchten wie die Sterne immer und ewig“. Dieser Vers hatte für Jesus eine große Bedeutung, denn er hat ihn in Matthäus 13, 43 zitiert, wo die Lehrer, „welche die vielen zur Gerechtigkeit geführt haben“ (Dan 12, 3) die „Gerechten“ sind, die im zukünftigen Königreich „wie die Sonne leuchten werden“.
Die Aufnahme in die christliche Gemeinschaft geschieht durch die Taufe, die in der apostolischen Zeit das entscheidende Zeichen war, dass man „das Evangelium vom Reich GOTTES und dem Namen Jesu Christi“ angenommen hatte (Apg 8, 12; 28, 23+31). Nach der Taufe als dem Beweis unsere Hingabe an GOTT und Seinen Sohn, sollten wir für den Rest unseres Lebens „in der Gnade und Erkenntnis“ wachsen (2. Petr 3, 18), in Vorbereitung auf das große noch vor uns liegende Ereignis, das zu einer Neuordnung aller Dinge führen wird.
In den neutestamentlichen Evangelien sind die Wiederkunft Jesu und das durch ihn aufgerichtete Königreich der Mittelpunkt dieser Botschaft, neben der wichtigen Tatsache des Todes und der Auferweckung des Messias. Nicht nur, dass das Königreich den Menschen vor Augen gestellt ist, mit der Herausforderung, an diese Gute Nachricht zu glauben (Mark 1, 14-15), auch die Menschen, die Nachfolger sein wollen, sind dazu eingeladen, sich darauf vorzubereiten, Führungspositionen bei der Wiederherstellung des Friedens auf der Erde zu übernehmen, wenn der Messias kommt, um zu regieren. Gleichzeitig wird ein Ziel vorgegeben, das dem ganzen Projekt Christi eine Stimmigkeit gibt:
„Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Was wird uns nun werden? Jesus aber sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, auch ihr werdet in der Wiedergeburt, wenn der Sohn des Menschen auf seinem Thron der Herrlichkeit sitzen wird, auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten“ (Matth 19, 27-28).
„Wenn aber der Sohn des Menschen kommen wird … dann wird er auf seinem Thron der Herrlichkeit sitzen“ (Matth 25, 31)
„Ihr aber seid es, die mit mir ausgeharrt haben in meinen Versuchungen; und ich verordne euch, wie mein Vater mir verordnet hat, ein Reich, dass ihr esst und trinkt an meinem Tisch in meinem Reich und auf Thronen sitzt, die zwölf Stämme Israels zu richten“ (Luk 22, 28-30)
„Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben“ (Luk 12, 32)
„Als er zurückkam, nachdem er das Reich empfangen hatte, da sagte er: ‚ Recht so, du guter Knecht! Weil du im Geringsten treu warst, sollst du Vollmacht über zehn Städte haben‘“ (Luk 19, 15+17)
„Oder wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden? … Oder wisst ihr nicht, dass Ungerechte das Reich GOTTES nicht erben werden?“ (1. Kor 6, 2+9)
„Wenn wir ausharren, werden wir auch mitherrschen“ (2. Tim 2, 12)
„Wer überwindet, dem werde ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden und mich mit meinem Vater auf SEINEN Thron gesetzt habe“ (Off 3, 21)
„Du hast sie unserem GOTT zu einem Königtum und zu Priestern gemacht, und sie werden über die Erde herrschen“ (Off 5, 10)
„Sie wurden lebendig und herrschten mit dem Christus tausend Jahre“ (Off 20, 4)
Viele dieser genannten Schwerpunkte in dem zukünftigen Königreich und die Rolle, die die Gläubigen darin spielen werden, fehlen in der heutigen Verkündigung. Dass es einen signifikanten Unterschied zwischen der neutestamentlichen Darstellung des Evangeliums und der heutigen Verkündigungsweise gibt, wird durch die aufrichtigen Eingeständnisse führender Evangelikaler (wie weiter oben zitiert) bewiesen. Sie sind verwirrt, weil ihnen auffällt, dass in ihren Diskussionen und Predigten über das Evangelium das Wort „Königreich“ vollkommen fehlt. Der Grund dafür ist, dass sie in einer heidnisch beeinflussten Version des Glaubens gefangen sind, die im Wesentlichen nicht messianisch ist und den Bezug zu der guten Nachricht von dem Reich GOTTES verloren hat.
Evangelikale Christen werden überrascht sein, wenn sie hören müssen, dass ihr Evangelium nicht voll und ganz auf der Bibel gegründet ist. Sie werden auf 1. Korinther 15, 1-4 verweisen, um zu zeigen, dass Paulus das Evangelium in drei Punkten zusammengefasst hat: Der Tod, das Begräbnis und die Auferstehung Jesu. Das ist insoweit auch richtig, aber sie haben nicht sorgfältig beachtet, dass diese Punkte für Paulus zwar „das Wichtigste“ (HfA) sind (1. Kor 15, 3). Aber diese drei Punkte waren nicht alles, was Paulus als Evangelium gepredigt hat, denn in der Apostelgeschichte schreibt Lukas, dass Paulus „das Reich GOTTES auslegte und bezeugte … und die Dinge lehrte, die den Herrn Jesus Christus betreffen“ (Apg 28, 23+31).
Diese Verse zeigen auch, dass diese Botschaft Juden und Heiden gleichermaßen als die Heilsbotschaft verkündigt worden ist. Die Predigt von Philippus in Apostelgeschichte 8, 12 wird mit genau den gleichen Worten beschrieben: „Als sie aber dem Philippus glaubten, der das Evangelium vom Reich GOTTES und dem Namen Jesu Christi verkündigte, ließen sie sich taufen, sowohl Männer als auch Frauen“.
Es ist vollkommen klar, dass Tod und Auferweckung Jesu entscheidend wichtige Elemente des Evangeliums sind. Aber sie sind nicht das ganze Evangelium. Was in zeitgenössischen Abhandlungen und Texten der evangelikalen systematischen Theologie irreführend ist, ist die Tatsache, dass die Erlösung nur unter dem Aspekt des Todes und der Auferstehung Jesu erklärt wird und seine eigenen Predigten über das Königreich keine Beachtung finden. Diese Vorgehensweise trennt Jesus total von dem Inhalt seines Predigtdienstes, der in den Evangelien beschrieben wird. Schon lange vor seinem Tod hat er die Erlösung mit rettenden Worten als Teil seiner Botschaft verkündigt. Die Aussage, dass die eine Hälfte des Evangeliums der Tod Jesu und die andere Hälfte seine Auferstehung ist, ist grundlegend falsch. Diese Einschätzung lässt einfach die wichtige rettende Botschaft von dem Königreich weg, die der Messias immer wieder verkündigt hat. Zusammenfassend hat Jesus gesagt, dass seine Worte der Maßstab sind, die unser Schicksal bestimmen werden (Joh 12, 44-50; Matth 7, 21-27). Auch in Markus 8, 35-38 hat Jesus gesagt, dass Glauben und Vertrauen in sein Evangelium und in seine Worte das einzige Kriterium für unsere Errettung sind. Errettung geschieht in der Tat durch Glauben, aber es muss der Glaube an alles sein, was Jesus als Evangelium verkündigt hat. Der Messias hat wiederholt seine Zuhörerschaft ermahnt, zu „hören“, was er zu sagen hat und nicht nur zuzusehen, wie er stirbt.
Zweifelsohne ist das Reich GOTTES der erste Punkt auf der Agenda der apostolischen Evangeliumsverkündigung gewesen. Das ist auch nicht überraschend, weil Jesus immer das Evangelium von Reich GOTTES verkündigt hat – und das lange bevor er überhaupt etwas über seinen Tod für unsere Sünden gesagt hat, was die Jünger zu Anfang noch nicht verstanden haben (Luk 18, 31-34).
Es ist sehr aufschlussreich, wenn man beachtet, dass die Thematik des Königreiches ursprünglich nicht den Tod und die Auferweckung Jesu beinhaltet hat. Die Jünger hatten das Evangelium vom Königreich verkündet, noch ehe sie irgendetwas über das Kreuz wussten. Aus diesem Grund ist Lukas in der Apostelgeschichte darauf bedacht, uns mitzuteilen, dass die Apostel auch nach der Auferweckung in ihrer Verkündigung zuerst das Reich oder die Königsherrschaft GOTTES betonten und dann als die neue Information den Tod Jesu als „den Namen“ oder „die Dinge, die den Herrn Jesus Christus betreffen“ (Apg 8, 12; 28, 23+31), hinzufügten. Es ist sehr wichtig, dass wir erkennen, dass Paulus seinen ganzen Dienst mit den Worten „ich habe das Reich gepredigt“ (Apg 20, 25) beschrieben hat und genauso wie Jesus „die gute Botschaft vom Reich GOTTES“ (Luk 4, 43) als die Grundlage seiner Mission angesehen hat.
Wie wollen Evangelikale unserer Zeit ihre Treue zur apostolischen Vorgehensweise beweisen, wenn sie, wie bei einer internationalen Konferenz zum Thema Evangelisation geschehen, zugeben, dass das Reich GOTTES „nicht unsere Sprache ist“? (Michael Green beim ersten Internationalen Kongress für Weltevangelisation in Lausanne 1974).
Wenn das Königreich nicht zu ihrer Sprache gehört, dann verkündigen sie nicht das ganze Evangelium! Dass das Königreich in den zeitgenössischen Aussagen über das Evangelium fehlt, ist ein schwerwiegender Fehler, der nur durch die Wiederentdeckung der messianischen Botschaft von der zukünftigen Herrschaft GOTTES über die Erde durch den Messias und seine Nachfolger korrigiert werden kann. Nicht nur das Königreich, auch die Tatsache, dass Jesus der Messias ist, muss wieder in den Mittelpunkt der christlichen Verkündigung gerückt werden. Das Bekenntnis, das Petrus in der Gegend von Cäsarea Philippi gemacht hat, darf nicht umgeändert werden, denn es ist die Grundlage (der Fels) des Glaubens; ebenso darf der Titel „Sohn GOTTES“ nicht aus seinem biblischen Kontext herausgerissen werden, damit er keine unbiblische Bedeutung annimmt. In der Bibel ist er schlicht und einfach eine Erweiterung des messianischen Titels, der auf Psalm 2, 7 und auf dem davidischen Bund in 2. Samuel 7, 14 gegründet ist. Wenn in der Bibel jemandem der Titel „Sohn GOTTES“ verliehen wurde, dann hat das die Bedeutung, dass er als der Messias, ein einzigartiger und besonders gesalbter Bevollmächtigter GOTTES, zu begrüßen ist.
Evangelikale sind aufgerufen, die Lücke zu schließen, die zwischen den beiden Titeln „Christus“ und „Sohn GOTTES“ in der nachbiblischen Zeit unter dem Einfluss einer nichtmessianischen christlichen Glaubenslehre entstanden ist. Ein Anstoß zur Rückkehr zu dem richtigen Verständnis des Sohnes GOTTES ist uns in Lukas 1, 35 gegeben: Der Sohn GOTTES entsteht durch eine übernatürliche Zeugung im Leib Marias.
Jemand hat einmal sehr weise gesagt: „Wenn wir falsche Glaubensvorstellungen von Christus haben und ihn anbeten, dann beten wir einen falschen Christus an, egal mit welchem Namen wir ihn auch anrufen, denn wenn wir das tun, dann stellen wir ihn uns fälschlicherweise anderes vor, als er ist und anders, als er in der Schrift offenbart worden ist.“ (R.A. Cole; Tyndale N.T. Commentary on Marc; Intervarsity Press 1961; S. 199).
Es muss uns klar sein, dass ein Evangelium, das seines zentralen Themas, des Königreiches, beraubt ist (wie es offensichtlich in der zeitgenössischen Evangelisationsweise der Fall ist), und ein Jesus, der in seiner Identität und in seiner Rolle nicht mehr dem Messias der Schrift entspricht, das ganze Gefüge des ursprünglichen neutestamentlichen Glaubens gefährdet. Übernommene Glaubensvorstellungen und Predigtinhalte müssen deshalb von den Menschen, die GOTT durch Seinen Sohn und Messias in Geist und Wahrheit (Joh 4, 24) anbeten wollen, einer kritischen Prüfung unterzogen werden.
Meine Auffassung wird von drei führenden Bibelexperten nachdrücklich bestätigt. Diese Autoren rufen zu einer Rückkehr zu dem Reich GOTTES als dem ordnenden Mittelpunkt jeder Evangelisation auf. Tom Wright, einer der weltweit bekanntesten heutigen christlichen Autoren sagt:
„So wie die Kirche die Evangelien verwendet, schenkt sie den Aussagen, die die Evangelien über die tatsächlichen Ereignisse im Leben Jesu und über seine Proklamation des Königreiches [Heilsbotschaft] machen, nur wenig Aufmerksamkeit … Die Kirche kennt also einen wesentlichen Bestandteil ihrer eigenen Tradition nicht, der sie vielleicht deutlich neu beleben und reformieren könnte, wenn er genauer untersucht werden würde; leider schenkt sie ihm aber keine Aufmerksamkeit … Dabei geht es darum, was die Evangelien über Jesus in der Welt des jüdischen 1. Jahrhunderts sagen und nicht um die Vorstellungen einer späteren Frömmigkeit (oder Unfrömmigkeit) … Wer sich mit einem nicht historischen Christus des Glaubens zufrieden gibt, der liegt meiner Meinung nach … gegenüber der neutestamentlichen Christenheit nachweisbar falsch.“ (Jesus and the Restoration of Israel; S. 251)
Dr. Charles Taber, emeritierter Professor für Weltmission, Emmanuel School of Evangelism, Tennessee, schreibt in einem Brief an Christianity Today:
„Mit großem Interesse habe ich die neun Aussagen in Christianity Today gelesen, die versuchen, die Frage zu beantworten „Was ist die Gute Nachricht?“ Ich bin erstaunt und bestürzt, dass das Thema, das in drei von den vier Evangelienberichten den Mittelpunkt der Botschaft Jesu bildete, hier noch nicht einmal eine flüchtige Erwähnung findet und das ist das Reich GOTTES. Jede einzelne dieser neun Aussagen spiegelt die individualistische Reduzierung des Evangeliums wider, die Amerikas Evangelikale plagt. Außer dass es biblisch ist, umgeht ein auf dem Evangelium vom Reich GOTTES gegründetes Verständnis zwei scheinbare Zwiespalte, die Theologen seit mehreren Jahrhunderten unnötigerweise Schwierigkeiten bereiten: 1. Das ist das Entweder-Oder zwischen einer individuellen und einer systematischen Erlösung, und 2. Das Entweder–Oder zwischen Gnade und Werken. Auf der einen Seite will GOTT den ganzen Kosmos von den Banden des Todes befreien; wie kann auf der anderen Seite jemand behaupten, dass er gerettet ist, wenn er nicht alle Anstrengungen unternimmt, den Willen GOTTES zu tun?“
Gary Burge, der in dem NIV Application Commentary („Revisioning Evangelical Theology”) zitiert wird, teilt diese Betroffenheit darüber, dass das Evangelium Jesu in dem heutigen Heilsangebot fehlt:
„Stanley Grenz hat die fehlgeschlagenen Versuche der evangelikalen Theologie überprüft, mit der sie die Vorstellungskraft der modernen Welt anregen wollte. Er plädiert für das Reich GOTTES als dem neuen, den Mittelpunkt bildenden Zentrum von allem, was wir sagen und tun.“
Diese Anmerkung kann eine gute und notwendige Antwort auf die heutigen enttäuschenden und kläglichen Versuche sein, mit denen man die Kirchen „wachsen“ lassen will. Es ist eine Tatsache, dass heute nur wenige Menschen neu zum Glauben kommen. Sogenanntes „Gemeindewachstum“ ist größtenteils eine Bewegung von bereits gläubigen Menschen aus einer Kirche oder Gemeinde zu einer anderen. Damit mir nicht vorgeworfen werden kann, ich würde meine grundlegende These nun schon zum x-ten Mal wiederholen, will ich auf den Ratschlag Winston Churchills verweisen, der für den Bereich einer effektiven Kommunikation lautete: „Wenn du eine wichtige Aussage machen willst, dann versuche nicht scharfsinnig oder schlau zu sein. Nimm einen Hammer. Haue einmal auf den Punkt. Dann komme zurück und schlage noch einmal darauf. Und schlage noch ein drittes Mal darauf – mit einem heftigen Schlag.“
8. Aufnahme von mysteriösen Glaubenslehren
Historiker sagen uns, dass es verblüffende Ähnlichkeiten zwischen christlichen und heidnischen Mysterienkulten gibt: „Zum einen haben sie alle die Form eines Initiationsritus. Im Falle des Mithraskults war es das Gleiche, nämlich die Taufe.“ (Michael Arnheim; Is Christianity True?; London; Duckworth 1984; S. 127)
Im Attiskult - Attis war ein junger Liebhaber Kybeles - gab es eine Feier anlässlich des Todes des Retters (Attis) und seiner drei Tage später folgenden Auferstehung. Das sind nicht nur Berührungspunkte zwischen den heidnischen und den traditionellen christlichen Kalendern:
„Wenn das Osterfest viel Kybele zu verdanken hat, dann ist Weihnachten weitgehend von Mithras abgeleitet (und den alten römischen Saturnalienfesten - lustige Anlässe - bei denen Geschenke ausgetauscht wurden). Mithras, der mit der Sonne in Verbindung gebracht wurde, gab der Christenheit den 25. Dezember als den Tag für das Weihnachtsfest vor … Außerdem glaubte man, dass auf geheimnisvolle Weise geboren wurde Mithras - wie Jesus - und als Kind die Aufmerksamkeit benachbarter Hirten auf sich gezogen hatte. Zusätzlich kannte der Mithraskult sakramentale Male – wie die Christenheit auch - die Bestandteile seiner Feiern waren. Das wichtigste Element, das die Christenheit und die heidnischen Mysterienkulte gemeinsam haben, ist vielleicht aber das Konzept der Erlösung. In dem einen oder anderen Sinne wurden Isis, Kybele und Mithras als Retter verstanden.“ (Ebenda; S. 27).
Man kann leicht erkennen, wie christlicher Glaube und Mysterienkulte in den Köpfen von schlecht unterwiesenen Gläubigen aus heidnischen Kulturen durcheinandergeraten konnten. Die Neigung, den Messias mit heidnischen Begriffen neu zu interpretieren und die verräterischen Zeichen des Gnostizismus in der traditionellen christlichen Glaubenslehre weisen darauf hin, dass eine bedeutsame Annäherung an das Heidentum stattgefunden hat.
Die Meinung eines weithin anerkannten lutherischen Theologen sollte sorgfältig beachtet werden: „Die Hoffnung der ersten Gemeinde zentrierte sich auf die Auferweckung am jüngsten Tag. Erst an diesem Tag werden die Toten ins ewige Leben gerufen (1. Kor 15; Phil 3, 20 ff.). Die Auferstehung widerfährt dem ganzen Menschen und nicht nur seinem Körper. Paulus spricht nicht von der Auferstehung „des Leibes“, sondern von der Auferstehung „der Toten“. Dieses Verständnis der Auferstehung beinhaltet implizit, dass der Tod den ganzen Menschen betrifft … Die ursprünglichen biblischen Vorstellungen sind durch die Ideen des heidnisch-gnostischen Dualismus ersetzt worden. Die neutestamentliche Vorstellung von der Auferstehung, die den ganzen Menschen betrifft, hatte der Unsterblichkeit der Seele weichen müssen. Der jüngste Tag hatte seine Bedeutung verloren, denn die Seelen hatten ja schon lange vor diesem Tag alles erhalten, was von entscheidender Wichtigkeit ist. Die endzeitliche Erwartung ist nicht mehr fest auf den Tag der Wiederkunft Jesu ausgerichtet. Der Unterschied zwischen dieser Vorstellung und der neutestamentlichen Hoffnung ist sehr groß.“ (Paul Althaus; The Theology of Martin Luther; Philadelphia; Fortress Press 1966; 2. 413-414; Hervorhebungen hinzugefügt).
Norman H. Snaith; M.A., D.D. liefert uns einen wichtigen Beitrag zu unserer Diskussion. Warnend weist er darauf hin, dass im „offiziellen“ Christentum nicht alles in Ordnung ist, wenn er sagt:
„Die ganze Bibel, Neues und Altes Testament, ist auf der jüdischen Grundhaltung und Denkweise gegründet. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses von allen in einem größeren Maße anerkannt werden muss. Es ist mir klar …, dass es sehr oft einen großen Unterschied zwischen der christlichen Theologie und der biblischen Theologie gibt. Im Laufe der Jahrhunderte ist die Bibel in einem griechischen Kontext interpretiert worden; gerade das Neue Testament ist auf der Grundlage von Platon und Aristoteles ausgelegt worden … Meiner Meinung nach hat sich die Neuinterpretation der biblischen Theologie mit Begriffen aus den Vorstellungen der griechischen Philosophen im Laufe der Jahrhunderte und auch sonst überall destruktiv auf die Kernaussagen des christlichen Glaubens ausgewirkt … Wenn diese Urteile in Ordnung sind, und ich glaube, dass sie in Ordnung sind, dann ist weder die ka-tholische noch die evangelische Theologie auf der biblischen Theologie gegründet. In jedem Falle haben wir durch das griechische Denken eine Vorherrschaft der christlichen Theologie.“ (The Distinctive Ideas of the Old Testament; New York; Schocken 1964; S. 185, 187, 188; Hervorhebungen hinzugefügt).
Wer nach der Wahrheit und Reinheit des apostolischen Glaubens sucht, der muss sich jetzt aber auch der weithin umstrittenen Frage stellen, welche Beziehung Jesus zu dem Einen GOTT des strengen biblischen Monotheismus hat. Es fällt auf, dass Paulus (so wie Jesus auch) in seinem monotheistischen Glauben keine gedanklichen Schwierigkeiten damit hatte, dass Jesus der Sohn GOTTES, der Messias, ist. Erst mit Einführung der geringfügig anders lautenden Behauptung, dass er „Gott der Sohn“ ist, sind die ganzen trinitarischen Probleme entstanden. Die gegenwärtig vielfach diskutierte Frage, ob es in der Schrift eine entwickelte Lehre über die Inkarnation der zweiten Person eines dreieinigen Gottes gibt oder nicht, sollten Evangelikale sorgfältig prüfen, ehe sie voreilige Schlüsse über die biblische Grundlage traditioneller Glaubensbekenntnisse ziehen. (Siehe z. B. Christology in the Making von James Dunn; Erdmans 1996; The Human Face of God von J.A.T. Robinson; SCM Press 1973, besonders Kap 5; God as Spirit von Geoffrey Lampe; SCM Press 1977, Kap 5; und speziell The Christian Experience of God as Trinity von James P. Mackey; SCM Press 1983, Kap 6 “Das Problem der Präexistenz des Sohnes”).
Wer dieses Thema nicht so im Detail angehen will, der sollte wenigstens das aufschlussreiche jüdische Glaubensbekenntnis von Jesus in Markus 12, 28-34 genau betrachten, das damit auch ein christliches Glaubensbekenntnis ist; ebenso auch die klassische Bekenntnisaussage von Paulus, der in 1. Korinther 8, 4-6 beschreibt, was Christen glauben. Seine Definition des EINEN GOTTES, der von Jesus, dem einen Herrn und Messias zu unterscheiden ist, sollte mit Sorgfalt beachtet werden:
„So wissen wir, dass … kein Gott ist als nur EINER. Denn wenn es auch sogenannte Götter gibt im Himmel oder auf Erden - wie es ja viele Götter und viele Herren gibt -, so ist doch für uns EIN GOTT, der Vater … und ein Herr, Jesus Christus.“
Gegen Ende seines Wirkens wiederholt Paulus noch einmal dieses apostolische Bekenntnis: „Denn EINER ist GOTT, und einer ist Mittler zwischen GOTT und Menschen, der Mensch Christus Jesus“ (1. Tim 2, 5).
Diese aufschlussreichen Verse zeigen, dass Paulus keinen Augenblick den strikten Monotheismus seines jüdischen Erbes, den er mit Jesus geteilt hat, aufgegeben hat. Der EINE GOTT des neutestamentlichen Monotheismus ist allein der Vater. Das ist eindeutig ein unitarischer und kein trinitarischer Monotheismus, was heute von vielen Theologen eingeräumt wird. Der Apostel Johannes ist ein ebenso unbeirrbarer Zeuge dieser Form des Monotheismus wie alle anderen neutestamentliche Schreiber auch (Joh 5, 44; 17, 3). Er will uns zum Glauben verhelfen, dass Jesus der Messias ist (Joh 20, 31).
9. Ein Ruf zur Rückkehr zur neutestamentlichen Lehre
Das Neue Testament zeigt uns eine im Grunde genommen einfach Lehre von der Gemeinde. Sie ist die Fortführung der einst treuen Gemeinde Israels, die sich jetzt aus Juden und Heiden zusammensetzt und als Teil des geistlichen „Israels GOTTES“ den gleichen Status hat (Gal 6, 16; Phil 3, 3). Wer zu dieser Gemeinde gehört, soll nach den Worten Jesu „nicht von der Welt“ sein (Joh 15, 19). Alle sollen als Botschafter des Reiches GOTTES (2. Kor 5, 20) abgesondert und anders als die Welt sein und so die Heiligkeit GOTTES sichtbar werden lassen, der sie durch Seinen Geist beflügelt.
Was in der traditionellen Christenheit beunruhigt und verwirrt, ist das Versagen, die Verhaltensweisen, die Jesus von seinen Nachfolgern verlangt hat, in die Tat umzusetzen. Er hat sie in der Bergpredigt sehr klar dargelegt, wo er gelehrt hat, was zur Nachfolge gehört. Christen sollen ihre Feinde lieben und sich nicht gegen böse Menschen wehren. Wenn sie das tun, werden sie dem neuen Standard entsprechen (Matth 5, 38-48). Jesus hat darauf hingewiesen, dass es in der Vergangenheit üblich war, die nationalen Feinde Israels zu hassen (es war aber niemals erlaubt, einen feindlich gesinnten jüdischen Mitbürger zu hassen). Nach der neuen christlichen Ethik sollen wir aber alle Feinde lieben und ihnen nicht widerstehen. Die Teilnahme an kriegerischen Handlungen ist mit dieser Lehre offensichtlich nicht vereinbar. Auch die althergebrachte Theorie eines gerechten Krieges ist - wenn man sie überhaupt mit der Schrift vereinbaren könnte - unter den heutigen Bedingungen, bei denen Atomwaffen das Leben von Soldaten und Zivilisten - einschließlich Glaubensgeschwistern - gleichermaßen gefährden, nicht mehr passend. Die Welt sollte als wichtigstes Kennzeichen des Christseins die Liebe erkennen, die die Nachfolger Jesu als den Leib Christi eint: „Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt“ (Joh 13, 35). In dieser durch die Liebe verbundenen Gemeinschaft ist es „unwichtig, ob einer Grieche oder Jude ist, beschnitten oder unbeschnitten, ob er aus einem Volk ohne hohe Kultur kommt, ob er aus einem Nomadenvolk stammt, ob er ein Sklave oder Herr ist“ (Kol 3, 11 – HfA) und wir könnten noch hinzufügen: „ob er amerikanischer, russischer oder französischer Christ ist“. Entscheidend ist, dass Christus alles und in allen ist. Daraus müssen wir folgern, dass Christen sich unmöglich an Massakern an ihren Brüdern in anderen Ländern beteiligen können und dass sie sich deshalb von Gewaltanwendungen trennen müssen, die sie unweigerlich am Blut ihrer Glaubensgeschwister in anderen Ländern und ihrer Feinde schuldig machen würde. Es ist empörend, dass Christen immer noch denken, sie könnten auch weiterhin ihre geistlichen Brüder in Massen vernichten, wie es zum Beispiel im 2. Weltkrieg geschehen ist, als unzählige deutsche Christen und englische Christen sich gegenseitig umbrachten.
(Einer, der die Unvereinbarkeit sah, dass Christen sich gegenseitig das Leben nehmen, war ein Erzdiakon der Kirche von England: „In der christlichen Gemeinschaft ist jeder mit jedem durch die Liebe verbunden, die Christus für jeden hat. Das ist das neue Gebot; und der Gehorsam diesem gegenüber ist der Beweis wahrer Jüngerschaft gegenüber der Welt … das ist die Qualität der Liebe, die geschaffen ist für die Einheit seiner Kirche. Kann aber etwas mehr im Widerspruch zu diesem Ideal stehen, als dass Christen gegen Christen in den Krieg ziehen? … Kann irgendjemand außerhalb eines Irrenhauses behaupten, wenn zum Beispiel britische und amerikanische Christen Verantwortung für den Abwurf der Atombombe übernahmen, die ihre Glaubensgeschwister in Nagasaki töteten oder an Leib und Seele verletzten, dass solch eine Tat, „Beweis“ für die Welt sein kann, dass sie in der christlichen Gemeinschaft durch eine Liebe verbunden waren, die der gleicht, die Christus für jeden von ihnen hatte?“ (Percy Harthill; War, Communism and the Christian Faith; James Clarke and Co.; S. 47-49).
Der einzig mögliche Weg, der mit den Anweisungen Jesu vereinbar ist, heißt „Herauszugehen und sich abzusondern“ und das Band der Liebe aufrechtzuerhalten, durch das „alle Menschen erkennen werden, dass ihr meine Jünger seid.“ Wenn Christen dem neutestamentlichen Beispiel von der Trennung vom Staat folgen, werden sie ihrem Status als Botschafter gerecht werden, die in einer „fremden“ und feindseligen Welt wohnen, und sie werden als Kolonie des Reiches GOTTES Zeugnis für den weltweiten Frieden sein, zu dem es auf der Erde kommen wird, wenn Jesus wiederkommt, um die Herrschaft zu übernehmen. Wenn Christen in den Status von in einer bösen Welt „wohnenden Fremden“ zurückkehren, dann wird das die große biblische Wahrheit reflektieren, dass die Gläubigen der wahre „Same Abrahams“ sind (Gal 3, 29). Abraham wurde sowohl das Land verheißen als auch der besondere Same, der Christus ist (Gal 3, 16). Dieser besondere Same, der Messias, bezieht alle wahren Gläubigen mit ein. Somit ist die Verheißung des Landes in Ewigkeit (1. Mo 13, 15; 17, 19), das Erbe Abrahams; es ist auch das Erbe Christi und der Heiligen: „Glückselig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben“ (Matth 5, 5). Die Landverheißung, die sich wie ein goldener Faden durch das Alte Testament zieht, finden wir auch im Neuen Testament als das verheißene Erbe des zukünftigen Reiches GOTTES auf der Erde oder „in dem Land“ (Off 5, 10; Psalm 37, 11).
Die Väter lebten als „Fremde“ im Land der Verheißung (Hebr 11, 9) und sie starben, ohne dieses verheißene Land erhalten zu haben (Hebr 11, 13+39). Nur durch die Auferstehung bei der Wiederkunft Christi werden die Gläubigen aller Zeiten, die „den Glauben Abrahams“ haben (Röm 4, 16), dieses verheißene Erbe auf der Erde erhalten, und das ist das Reich GOTTES.
10. Tradition, - die große Hürde für ein Weiterkommen
Die Schwierigkeit, Akzeptanz für das zu finden, was ich vorgetragen habe, liegt nicht in der Komplexität der zur Diskussion stehenden Themen, sondern in der Hartnäckigkeit, mit der das „Das haben wir schon immer so geglaubt“ Denken, das Denken des aufrichtigen Kirchenvolks im Griff hat. Ein an den Maßstäben der Bibel ausgerichteter christlicher Glaube, der nicht aufblühen kann, solange er nicht mit dem Geist „eines kleinen Kindes“ aufgenommen wird, ist nichts anderes als ein Glaube und eine Hingabe an den Vater als den „allein wahren GOTT“ (Joh 17, 3) und an Jesus als den Messias, der das rettende Evangelium von dem Reich GOTTES gepredigt hat, der für die Sünden der Welt gestorben ist und der jetzt der Hoherpriester für alle seine Nachfolger ist, die aus allen Völkern zu ihm gekommen sind. Eine schon lange bestehende „entmessianisierte“ Version des Glaubens, die weithin und unkritisch einfach so hingenommen wird, macht es so schwer, von liebgewonnenen Auffassungen loszulassen. Gerade für evangelikale Christen aber sollte die Herausforderung, zur Bibel zurückzukehren und anzufangen, zuerst und vor allem „das Evangelium vom Reich GOTTES und den Dingen, die den Namen Jesu betreffen“ (Apg 8, 12; 28, 23+31; Luk 4, 43) zu verkündigen, ein großer Anreiz sein. Ich behaupte, dass viele Christen in der Vergangenheit unwissentlich ein großes Maß an außerbiblischer griechischer Theologie mit an Bord genommen haben, die fremd und unvereinbar ist mit dem, was die Apostel gelehrt haben. Diese Beanstandung ist sicherlich nicht neu, aber sie hat bis heute kaum Gehör gefunden. Ein berühmter Oxforder Theologe schrieb im Jahr 1889:
„Ich wage es zu behaupten, dass ich aufgezeigt habe, dass ein großer Teil von dem, was bisweilen christliche Lehre genannt wird und viele Gewohnheiten, die in der christlichen Kirchen maßgebend waren und weiterhin maßgebend sind, in Wirklichkeit griechische Theorien und griechische Bräuche sind, die in Form und Farbe von dem Einfluss der frühen Christenheit zwar etwas verändert, aber in ihrem Wesen immer noch griechisch sind … Die Frage, die unsere Aufmerksamkeit fordert und die in der Rückschau als Phänomen vor uns liegt, ist die Frage, in welchem Verhältnis diese griechischen Elemente zu der Natur des ursprünglichen christlichen Glaubens stehen. Diese Frage ist von hoher Wichtigkeit; ihre Bedeutung kann kaum zu hoch eingeschätzt werden.“ (Edwin Hatch; The Infuence of Greek Ideas on Christianity; Peabody, MA; Henderson 1995; S. 350-1)
Wenn der griechische Geist unser Verständnis von der Bedeutung „Christi” und seines Evangeliums vom Königreich verfälscht hat, dann kann es nichts Wichtigeres geben, als die Notwendigkeit, diese wesentlichen Glaubenselemente noch einmal gründlich zu überprüfen. Als Ansporn, alles aus unserem Glaubenssystem auszumerzen, was nicht wirklich christlich ist, sollten wir auch an die Warnung eines britischen Theologen denken, der geschrieben hat:
„Als anstelle des hebräischen Geists der griechische Geist im Wechsel mit dem römischen Geist begann, die Anschauung der Kirche zu beherrschen, kam es zu einem Desaster, von dem wir uns niemals erholt haben, weder in der kirchlichen Praxis noch in der Lehre. Wenn heute eine große Zeit der Evangelisation anbrechen sollte, brauchen wir wieder die Juden.“ (Canon H. Goudge in Collected Essays on Judaism and Christianity; Shears and Sons 1939).
Ganz besonders brauchen wir den Juden Jesus, den Messias Israels und Heiland der Welt, der, wie wir vermuten, von einem heidnischen „Jesus“ in den Schatten gestellt oder sogar ersetzt wurde.
Olga Levertoff sagt das Gleiche:
„Die Kirche muss zurückkehren, um wieder den prophetischen Geist der revolutionären Führer des alten Israels zu finden. Sie muss darauf vorbereitet werden, mit vielem zu brechen, was die Zeit geheiligt hat oder was Vorrechte liebgemacht haben. ‚Zurück zu der Kirche des ersten Jahrhunderts‘ muss ihr Slogan sein – was in der Praxis bedeutet: Zurück zu der jüdischen Christenheit.“ (The Jews in a Christian Social Order; New York; Macmillan 1942)
Das bedeutet natürlich nicht, zurück zu dem alten Judentum, sondern zurück zu dem ursprünglichen Christentum von Jesus und Paulus, zu einem Christentum, das seinen Mittelpunkt im Glauben an Jesus als den Herrn und Messias der hebräischen Erwartung hat und an ein messianisches Königreich, das er und seine Nachfolger auf der Erde verwalten werden, wenn er wiederkommt. Im ganzen Neuen Testament wird vorausgesetzt, dass die Christen sich mit dem Alten Testament vertraut machen, ganz besonders mit der Botschaft und den Voraussagungen der Propheten und dass ihre Autorität, genauso wie die von Jesus und der Apostel, unumstritten bleibt. Der weitverbreitete Abfall von dieser urchristlichen Sichtweise führt zusehends in eine geistliche Anarchie.
Auch wenn das Neue Testament in der griechischen Sprache geschrieben sein sollte, sind seine maßgebenden Vorstellungen doch jüdisch, abgeleitet vom Alten Testament; sein großes zentrales Thema ist die Gute Nachricht von dem Königreich GOTTES, das durch Jesus, den verheißenen Messias, verwirklicht werden soll. Wenn diese Prinzipien für ein theologisches System nicht maßgebend sind, dann kann diese Theologie nicht behaupten, apostolisch zu sein. Wenn das Königreich GOTTES „neu interpretiert“ wird, im Sinne von einem „sozialen Evangelium“ oder nur von einem Königreich „in den Herzen“ oder „im Himmel“ beim Tod, und wenn seine endzeitlichen Vorstellungen mit einem zukünftigen Höhepunkt in der Geschichte verworfen werden, dann haben wir nicht das Recht, es mit den Lehren Jesu und der Apostel auf die selbe Ebene zu stellen. Mit anderen Worten gesagt, - wenn die Wiederkunft Jesu und das folgende Königreich auf der Erde im christlichen Denken nicht so wesentlich bleibt wie seine Auferstehung, dann müssen wir darauf hinweisen, dass wesentliche Elemente des messianischen Programms verlorengegangen sind.
Es ist weithin bekannt, dass Theologen sich jeder denkbaren Mittel bedient haben, um die Wiederkunft Jesu und das folgende Königreich zu eliminieren. Sie haben es als „Dichtung“ abgetan oder die Texte, die das alles detailliert beschreiben, mit der Behauptung in nichts aufgelöst, dass sie nicht wörtlich genommen werden können. Das ist eine Form theologischer Feigheit. Es ist an der Zeit, dass sie aufhören, den „konkreten“ messianischen Aussagen Jesu auszuweichen und sie stattdessen annehmen, dankbar für die Hoffnung, die sie für den Frieden auf der Erde anbieten. Wer diese klare Sprache ausweichend behandelt, weigert sich, das „Wort GOTTES“ zu hören, das Evangelium (Luk 5, 1; 8, 11), der Same für eine neue Geburt (Matth 13, 19; 1. Petr 1, 23-25).
Man darf den christlichen Glauben nicht einfach umschreiben, damit er einem passt. Was als der „ein für alle Mal den Heiligen überlieferten Glauben“ in der Bibel niedergeschrieben ist, enthält nicht nur die Beschreibung des einzigartigen Ursprung des Sohnes GOTTES (Matth 1, 18+20; Luk 1, 35; Apg 13, 33) und seiner Rückkehr ins Leben nach seinem Tod, sondern auch die Verheißung unserer Auferweckung, die geschehen soll, wenn Jesus wiederkommt, um ein neues Zeitalter in der Geschichte zu beginnen, aus dem Satan verbannt ist. Kann es etwas geben, das für unsere sündenkranke Welt eine größere Bedeutung hat? Können Christen ein größeres Vorrecht erlangen, als einen Anteil an der Neuordnung der menschlichen Gesellschaft in dem künftigen Königreich GOTTES auf der Erde zu haben?
11. Prophetie im Neuen Testament
Nichts aus dem Neuen Testament hat mehr unter der Bibelkritik leiden müssen als die Texte, die sich mit den Vorhersagen über die Zukunft befassen. Die daraus resultierenden Irritationen und Widersprüche kann man in den maßgebenden Bibelkommentaren finden. In Matthäus 24 (s.a. Markus 13 und Lukas 21) hat Jesus recht eindeutig von den Ereignissen gesprochen, die zu seiner Wiederkunft und der Aufrichtung des Königreiches führen werden. Es ist eine Darstellung, die, wie Jesus sagte, auf den prophetischen Offenbarungen beruht, die Daniel zuteilgeworden waren und sie sind eine schlüssige Beschreibung der letzten Abschnitte dieses gegenwärtigen bösen Zeitalters kurz vor der Wiederkunft Jesu. Ganz offensichtlich hat Jesus geglaubt, dass das Buch Daniel Informationen über die fernere Zukunft enthält und deshalb hat er seine Nachfolger angewiesen, die Worte Daniels zu Rate zu ziehen, um die Bedeutung seiner eigenen Sicht von der Zukunft richtig zu verstehen: „Wenn ihr nun den Gräuel der Verwüstung, von dem durch Daniel, den Propheten, geredet ist, an heiliger Stätte stehen seht - wer es liest, der merke auf! -, dann sollen die in Judäa auf die Berge fliehen“ (Matth 24, 15-16). (In Mark 13, 14 heißt es an dieser Stelle „stehen seht, wo er nicht sollte“, was auf einen personenhaften Antichristen hinweist).
Gerade die Prophezeiungen scheinen vielen Theologen nicht annehmbar zu sein.
(Vergl. Joyce Baldwins Beobachtung, dass „die Kirche in punkto der Prophetie als Vorhersage die Nerven verloren hat. Ein fantasieloser, rationalistischer Humanismus hat das christliche Denken derart in Besitz genommen, dass er alle Behauptungen, die in der Bibel zu sehen sind, mit leichtem Spott überzieht und sagt, dass sie nicht mehr sind, als höchst verschwommene Anspielungen auf zukünftige Ereignisse“ (Tyndale Commentary on Daniel; Intervarsity Press 1978; S. 184-185). Es ist schwer vorstellbar, wie es zu einem fortschreitenden Ver-ständnis der prophetischen Texte des Alten Testaments kommen kann, wenn Ausleger sich weigern, Paulus zu folgen, wenn er Dan 11, 36 ganz eindeutig auf den zukünftigen Antichristen in 2. Thess 2, 4 bezieht. In Norman Porteous` Kommentar zu Daniel in The Old Testament Library Series – SCM Press 1965; S. 169 - heißt es, dass „aus theologischer Sicht kein Antichrist in Daniel 11, 31 zu erkennen ist.“ Paulus hat es offenbar aber getan. Auch Jesus hat in Dan 11, 31 ein Endzeitereignis gesehen (Matth 24, 15). Es ist eine Tragödie, wenn Theologen sich für weiser halten als Jesus und Paulus.
Diese Theologen werfen den Menschen, die so „einfältig“ sind und glauben, Jesus hätte von Ereignissen gesprochen, die mindestens 2000 Jahre nach seiner Zeit geschehen werden, eine „krankhafte Wissbegier“ vor und sagen, sie würden die Bibel als „Horoskop“ gebrauchen, um die Zukunft vorauszusagen. Sie räumen ein, dass Jesus möglicherweise die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. vorausgesehen hat (wobei die Jünger diese „Prophetie“ zum Teil wohl erst nach dem Ereignis geschrieben haben), aber es scheint für diese Ausleger unvorstellbar zu sein, dass Jesus die nach dem ersten Jahrhundert liegende Zukunft gekannt haben kann. Durch die Neigung der Kommentatoren, die biblischen Voraussagen in die bereits erfüllte Geschichte zu pressen, statt einzuräumen, dass sie bis jetzt noch nicht erfüllt sind, haben sie die ganze Lehre über die Prophetie verdorben.
Warum sollte GOTT Seinem Sohn die Geheimnisse der Zukunft nicht offenbaren und durch ihn auch seiner treuen Gemeinde? Es ist offensichtlich, dass Jesus seinen Nachfolgern Einsicht in die zukünftigen Ereignisse verschaffen wollte, als er auf ihre Fragen bezüglich des Zeichen seines Kommens und das Ende der Zeit direkt geantwortet hat (Matth 24, 3). Später hat er in dem gleichen Zusammenhang klar gesagt: „Siehe, ich habe es euch vorhergesagt.“ (Matth 24, 25).
Die Antwort, die Jesus gab, lässt davon ausgehen, dass der Leser Daniels Voraussage über den letzten Feind der Christen, den Antichristen, kennt, der selbst als angeblich göttliche Autorität in Jerusalem auftreten will. Er wird durch den wiederkommenden Messias vernichtet werden. Der von Jesus beschriebene Ablauf der Zukunft ist völlig unkompliziert. Man wird einen „Gräuel der Verwüstung“ stehen sehen (Markus verwendet hier ein maskulines Partizip für das Verb „stehen“, was auf ein menschliches Wesen hindeutet; Mark 13, 14), „an heiliger Stätte“ in Jerusalem, was zuvor Daniel schon vorausgesehen hat (Matth 24, 15). Das soll für die in Judäa lebenden Christen der Hinweis sein, „auf die Berge zu fliehen“, weil eine Zeit unvergleichlichen Leidens folgen wird, die Jesus „große Bedrängnis“ genannt hat (Matth 24, 21). Jesus gibt in Verbindung mit der Flucht der Gemeinde besondere Hinweise und Warnungen, damit sie dieser schrecklichen Zeit der Trübsal, die durch die Erscheinung des „Gräuel der Verwüstung“ verursacht wird, ausweichen kann.
Sogleich nach dieser Zeit höchster Bedrängnis (Matth 24, 29) wird es am Himmel kosmische Störungen geben und dann wird der Messias auf den Wolken erscheinen und seine Auserwählten werden in das Reich GOTTES versammelt werden (Matth 24, 30-31). Lukas drückt es so aus: „So erkennt auch ihr, wenn ihr dies [die zur Wiederkunft führenden verheerenden Ereignisse] geschehen seht, dass das Reich GOTTES nahe ist“ (Luk 21, 31). Dieser wichtige Text ist wiederum ein Beweis für die Ankunft des Reiches GOTTES als ein Geschehen, das auf die zukünftige Wiederkunft Jesu folgt. Es sollte klar sein, dass Jesus nicht von den Ereignissen im Jahr 70 n. Chr. gesprochen hat, nach denen es nicht sogleich zu seiner Wiederkunft gekommen ist!
Die prophetischen Aussagen Jesu sind nach seinen Worten auf den Offenbarungen gegründet, die Daniel im 6. Jahrhundert v. Chr. erhalten hat. Wenn man alle diese Angaben zusammenfügt und die vielen wenig beachteten übereinstimmenden Aussagen Jesajas hinzunimmt, dann ergibt sich daraus ein einheitliches Ganzes und ein stimmiges Bild von der Zukunft im mittleren Osten kurz vor der Wiederkunft Jesu. In 2. Thessalonicher 2 greift Paulus das gleiche Thema auf und listet gegen die Gefahr widersprechender Sichtweisen, die die Gemeinde verwirren sollen, die Abfolge der von Jesus genannten Ereignisse auf. Paulus sieht einen Abfall von GOTT voraus – einen Abfall vom Glauben – der zum Offenbarwerden und zur Herrschaft des Antichristen führt. Dann wird Christus in Macht und Herrlichkeit erscheinen und den letzten Feind vernichten; er wird seine Getreuen versammeln und das Königreich GOTTES aufrichten (2. Thess 2, 1-12).
Alles was Jesus in seiner Rede auf dem Ölberg mitgeteilt hat, ist ein fester Bestandteil seiner messianischen Vorhersage. Man kann dieses nicht von dem Rest seiner Lehre trennen, ohne seinen (christlich) jüdischen Glauben massiv zu verfälschen, der seine Wurzeln im Alten Testament hat. Das schließt mit ein, dass man Daniel als den Überbringer einer göttlichen Offenbarung sieht, die die Zeit kurz vor der Wiederkunft des Messias beschreibt.
(Es ist entscheidend wichtig, dass man die Botschaft des Buches Daniel als die Grundlage für die Lehren Jesu versteht. „Unter allen Büchern des Alten Testaments ist Daniel in seiner Ganzheit … für das Neue Testament von höchster Bedeutung.“ H.C. Kee; The Community of the New Age; Mercer University Press 1983; S. 45).
Das Buch Daniel ist größtenteils eine Beschreibung des letzten Antichristen, von dem Antiochus IV. Epiphanes im 2. Jahrhundert v. Chr. nur ein Schatten gewesen ist. Jesus und seine Nachfolger haben offenbar gewusst, dass der alttestamentliche „Antichrist“ Antiochus das „typische“ Beispiel für die weitaus schlimmere Person ist, die eines Tages die Heiligen bedrohen und als angeblicher Messias auftreten wird. Genauso wie Jesus hat Paulus das alles sehr ernst genommen und in den Gemeinden immer wieder darüber gesprochen („Erinnert ihr euch nicht, dass ich dies zu euch sagte, als ich noch bei euch war?“ 2. Thess 2, 5).
Für Paulus war der Antichrist, dieser Mensch der Sünde, eine scheußliche Karikatur und eine Parodie des wiederkommenden Messias. Nach Ansicht des Apostels ist man vor der Gefahr, von dem falschen Messias hinters Licht geführt zu werden, nur dadurch geschützt, dass man voll und ganz in der Wahrheit der göttlichen Offenbarung in Jesus und der Schrift gegründet ist (2. Thess 2, 7-10). Der Apostel geht sogar so weit und sagt, dass der Antichrist selbst ein sehr spektakuläres Auftreten („parousia“) haben wird (2. Thess 2, 9). Das werden raffinierte Aktionen des Satans sein, mit denen er die Menschen zu täuschen sucht. In einer verwirrenden Weise soll diese Pseudowiederkunft die herrliche Offenbarung des Messias imitieren. Es wird ein Betrugsversuch durch Nachahmung sein, der für die Menschen tragisch enden wird, die nicht in der Lage sind, das Wahre vom Falschen zu unterscheiden (2. Thess 2, 10-12).
Das alles ist die Grundlage der neutestamentlichen Sicht von der Zukunft, die die Kirchen jedoch in ihrer generellen Vernachlässigung des neutestamentlichen Messianismus als völlig unvernünftig verworfen haben. Eine Wiederentdeckung dieser grundlegenden biblischen Lehre über die Zukunft, die überall im Neuen Testament zu finden ist, würde viel dazu beitragen, das Interesse an der biblischen Christenheit wieder aufleben zu lassen.
Man kann ohne Übertreibung sagen, dass das Thema „Antichrist“ für Jesus, Paulus und Johannes von größter Wichtigkeit war; zusammen mit Lukas sind sie die wichtigsten Zeugen des apostolischen Glaubens. Wie wir geschehen haben, hat Jesus seine Jünger auf die Vorhersagen Daniels hingewiesen, der in den Kapiteln 7-9 und 11-12 seines Buches den Aufstieg und die Herrschaft eines schrecklichen Tyrannen vorausgesehen hat, eines schlimmen Verfolgers der Gläubigen, dessen furchtbare Wirkungszeit einen Zeitraum von sieben Jahren umfassen wird (es ist die letzte „Siebenheit“ aus der Offenbarung von den 70 „Jahrwochen“ des Engels Gabriel, Dan 9, 24-27) der der Wiederkunft Jesu in Macht und Herrlichkeit vorausgehen wird. Dass für Jesus diese letzte siebenjährige Periode in der Zukunft liegt, zeigt sich darin, dass er den „Verwüster“ aus dem Buch Daniel, der in diesen sieben Jahren sehr aktiv sein wird (Dan 9, 26-27), unmittelbar vor seiner Wiederkunft einordnet (Matth 24, 15, 29-30).
Die Informationen, auf die Jesus uns verweist, sind in Daniel 8, 13; 9, 26-27; 11, 31; 12, 11 und dem umgebenden Kontext zu finden. In diesen Versen findet ein schrecklicher Mensch, der einen Krieg der Verwüstung führt und den wiederhergestellten Tempel zerstören wird, in einer „Überflutung“ sein Ende (Dan 9, 26; 11, 45) bzw. wird er bei der Wiederkunft Jesu vernichtet „in flammendem Feuer, wenn er Vergeltung üben wird an denen, die GOTT nicht anerkennen, und an denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorsam sind“ (2. Thess 1, 7-8).
Dieses Ereignis stimmt mit der Beschreibung des Untergangs des Antichristen von Paulus in 2. Thessalonicher 2, 8 überein. Wenn der abscheuliche Tyrann sich an dem heiligen Ort niedergelassen hat, wird ein Zeitraum von dreieinhalb Jahren vergehen (Dan 12, 7+11), das ist die zweite Hälfte der letzten Jahrwoche, die der Engel Gabriel in Daniel 9, 26-27 angekündigt hat. In der Offenbarung werden diese dreieinhalb Jahre mit der endzeitlichen Herrschaft des „Tieres“ in Verbindung gebracht (Off 13, 5; vergl. 11, 2-3; 12, 6+14).
Wenn wir die relevanten Stellen im Buch Daniel untersuchen, auf die wir von Jesus in Matthäus 24, 15 hingewiesen werden, zeigt sich, dass ein „verächtlicher Mensch“ (Dan 11, 21 ff. – Luther) im Mittleren Osten auftreten wird, vermutlich im Bereich Syriens oder des Iraks (er wird als ein Assyrer beschrieben; vergl. Mich 5, 5; Jes 30, 27-33; 2. Thess 2, 8), der sich bei Israel beliebt macht, sich aber später gegen sie und die Christen wendet und schließlich in Jerusalem an die Macht kommen will. Jesus bezieht sich ganz speziell auf diese Ereignisabfolge, die seiner Wiederkunft unmittelbar vorausgehen werden (Matth 24, 29) und die in dem Buch Daniel unmittelbar der Auferstehung der Toten vorausgehen (Dan 12, 1-2). Alles was Daniel uns mitgeteilt hat, stimmt deshalb mit dem überein, was Jesus zu dem Thema gesagt hat. Er und Daniel beschreiben eine Zeit noch nie dagewesener Trübsal (Dan 12, 1; Matth 24, 21) unmittelbar vor dem Ende dieses Zeitalters. Das Ende ist (wie sonst überall in der Bibel) durch die Auferstehung der Toten (Dan 12, 2) und durch die Wiederkunft Jesu (Matth 24, 30-31) gekennzeichnet. Der von Jesus offenbarte Ablauf stimmt genau mit der klaren Aussage von Paulus über den Augenblick überein, an dem die verstorbenen Gläubigen „lebendig gemacht werden“, was natürlich unterstellt, dass sie bis zu diesem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt tot gewesen sind (1. Kor 15, 22). Dieser einfache Plan für die Auferweckung der Toten bei der zukünftigen Wiederkunft Jesu kann nicht mit der von der Tradition geprägten Vorstellung in Einklang gebracht werden, dass die Toten bereits jetzt schon bei ihm im Himmel leben. Erst durch die Auferstehung bei der Wiederkunft (Parusie) können die Heiligen in die Gegenwart Jesu kommen (1. Thess 4, 16; 5, 10).
In der Offenbarung werden die Prophezeiungen von Daniel und Jesus weiter entfaltet. Die auf Daniel 9, 26-27; 7, 25; 12, 7+11 gegründeten entscheidenden letzten dreieinhalb Jahre der Regierungszeit des Antichristen werden von Jesus auch hier wieder in der Zukunft liegend gesehen (Off 13, 5) und sie werden mit der Ankunft Jesu beendet, wenn „das Reich der Welt unseres HERRN und Seines Christus geworden ist und ER herrschen wird von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Off 11, 15). Hier folgt dann die lang erwartete Regierungszeit des Messias und seiner Heiligen: „Jetzt wurden sie wieder lebendig und herrschten tausend Jahre lang zusammen mit dem Messias“ (Off 20, 4 - NeÜ).
Die Art und Weise, wie Ausleger versucht haben, mit diesem zukünftigen messianischen Königreich aufzuräumen, ist mit das Verheerendste in der ganzen Geschichte der Misshandlung der Worte der Schrift. Die Auferstehung der in früheren Zeiten enthaupteten Heiligen, die mit Jesus regieren sollen (Off 20, 4), kann sich natürlich nur auf eine reale Auferstehung von den Toten beziehen. Es ist mit Sicherheit keine Beschreibung für eine Bekehrung im Heute! Was jedoch seit Augustinus die traditionelle Sichtweise und ein Zeugnis für die antimessianische Neigung der traditionellen Christenheit gewesen ist. (Diese Sichtweise wird auch Amillennialismus genannt).
Der „ersten Auferstehung“ (Off 20, 5), die die Glückseligkeit derer beschreibt, die lebendig geworden sind, weil „sie Priester GOTTES und des Christus sein werden und mit ihm herrschen die tausend Jahre“ (Off 20, 6), folgt die Wiederkunft, die Johannes in der Offenbarung gesehen hat. Das entspricht genau der Reihenfolge des Ablaufs, den Paulus in 1. Korinther 15, 22-23 beschrieben hat. Nachdem die Gläubigen durch die Auferweckung wieder lebendig geworden sind, werden sie mit dem Messias herrschen, genau wie Jesus es in den Texten verheißen hat, die wir bereits besprochen haben. (Matth 19, 28; Luk 2, 28-30; Off 2, 26; 3, 21; 5, 10).
Wenn wir das umfangreiche Material, das uns durch die Prophezeiungen Daniels, Jesajas sowie durch Paulus und Jesus in den Evangelien und in der Offenbarung an die Hand gegeben ist, sorgfältig vergleichen, dann erhalten wir ein ziemlich detailliertes Bild von den Ereignissen, die in der Region Israels zu der Rückkehr des Messias führen werden. Eine Besonderheit in der Beschreibung des Antichristen durch Paulus, die sehr vernachlässigt wird, ist in 2. Thessalonischer 2 sein Zitat von Jesaja 11, 4. Der Bezug geht hier auf einen Endzeit-Assyrer, der in Jesaja 30, 27 bis 32, 4 in einer messianischen Form weiter beschrieben wird und „den der Herr Jesus beseitigen wird durch den Hauch seines Mundes und vernichten durch die Erscheinung seiner Ankunft“ (2. Thess 2, 8). Der letzte „König des Nordens“ (Dan 11), offenbar der Herrscher Assyriens, ist in dem Gebiet zu finden, das vormals von den assyrischen und babylonischen Reichen besetzt worden ist.
(In der Bibel dürfte „der König Assyriens“ einen medischen Herrscher beschreiben (s. Esra 6, 22). Die Meder sahen sich als die Nachfolger der Assyrer an.)
Die Schrift scheint den Antichristen aus dieser Gegend zu erwarten und es ist möglich, dass das gesamte Kapitel 11 des Buches Daniel ab Vers 5 eine Voraussage von Ereignissen ist, die von uns aus gesehen noch in der Zukunft liegen. Geschichtlich gesehen ist dieser Abschnitt manchmal etwas unklar und nicht nachprüfbar, denn trotz einiger Parallelen passt er nicht genau mit der Reihenfolge der syrischen Könige überein, die im 4. bis 2. Jahrhundert v. Chr. gelebt haben. Wenn man Daniel 11, 5 bis Daniel 12, 3 als ein einheitliches Ganzes liest, dann lässt sich manches nicht mit geschichtlichen Fakten belegen und auch der Rest ist nur unvollkommen erfüllt. Die großartige Offenbarung, die Daniel in den Kapiteln 10-12 empfangen hatte, um ihm zu zeigen, „was deinem Volk am Ende der Tage widerfahren wird [das sind die Tage, die dem messianischen Königreich unmittelbar vorausgehen]; denn noch gilt die Vision für ferne Tage“ (Dan 10, 14), sollten alle hoch einschätzen und die Ermahnung Jesu, das Buch Daniel zu lesen und zu verstehen, ernst nehmen (Siehe Dan 10, 14 und die Anweisungen Jesu in Matth 24, 15). Diese Voraussagen sind der Gemeinde ganz offensichtlich als Trost für die schwierigen letzten Tage vor der Wiederkunft des Messias gegeben worden. Die Bezugnahme Jesu auf den Gräuel der Verwüstung in Daniel 9, 27; 11, 31und 12, 11 (vergl. mit 8, 13) lenkt unsere Aufmerksamkeit auf den Textzusammenhang, in dem diese Verse stehen. Dieses Vorgehen ist genau die neutestamentliche Methode.
„Wenn im Neuen Testament ein kurzer alttestamentlicher Abschnitt zitiert wird, dann gilt er oft implizit für den ganzen Kontext des Zitats.“ (D.A. Carson, Expositor`s Bible Commentary on Matthew; Zondervan 1984; S. 205).
Die „christliche Theologie” ist wegen ihrer Voreingenommenheit unwillig geworden, sich genau nach Jesus oder Paulus zu richten, wenn es um die (für sie) fernere Zukunft geht, die der Wiederkunft Jesu vorausgeht. Es gibt jedoch keinen logischen Grund, die von Jesus in Matthäus 24 vorausgesagten zukünftigen Ereignisse weniger ernst zu nehmen, als zum Beispiel seine Aussagen in der Bergpredigt. Die „Theologie“ scheint alles daran gesetzt zu haben, um Jesus von dem zu trennen, was für sie in der Ölbergrede „eine nicht zumutbare“ Lehre gewesen ist. Das Neue Testament stellt uns den Sohn GOTTES im Zusammenhang mit seinen Zukunftsvorhersagen nicht als weniger zuverlässig dar als im Zusammenhang mit seinen radikalen ethischen Ansprüchen. Alle Berichte geben die messianischen Vorhersagen und den Glauben des Messias wieder. Wir benötigen jede kleinste neutestamentliche Einzelheit, um ein abgerundetes Bild von dem Jesus der Geschichte und des Glaubens zu erhalten. Die Kirchen können deshalb nicht den Anspruch erheben, die Meinung Jesu zu vertreten, solange sie ihren Mitgliedern und der Welt nicht die Summe all dessen vermitteln, was Jesus gelehrt hat.
(James Barr stellt fest, dass „die von der Tradition geprägte Orthodoxie ein gewaltiges Beispiel für das ‚Herauspicken und Auswählen‘ ist, das sie bei anderen missbilligt. Sogar die ‚liberale‘ Theologie folgte in ihrer Betonung des Reiches GOTTES den autorisierten Aussagen der Evangelien viel treuer.“ – Holy Scripture, Canon Authority, Criticism; Philadelphia: Westminster Press 1983; S. 40)
Leider verstanden die „Liberalen“ das Reich GOTTES ganz anders als Jesus. Bultmann lehnte die ganze neutestamentliche Hoffnung für die Zukunft ab und hat das zukünftige Reich GOTTES mit einem einzigen Streich für ungültig erklärt: „Erledigt ist die Erwartung des mit den Wolken des Himmels kommenden Menschensohnes und des Entrafftwerdens der Gläubigen in die Luft, ihm entgegen“ – Neues Testament und Mythologie in Kerygma und Mythos; Band 1, 1948)
Es ist offenkundig, dass die traditionsgebundenen Christen einfach große Teile dieser Lehre nicht beachtet oder verdrängt haben.
(1926 bemerkte William Temple, Erzbischof von Canterbury, dass „die große Entdeckung der Zeit, in der wir leben, die ungemein große Bedeutung ist, die die Evangelien dem Reich GOTTES geben. Für uns ist es sehr merkwürdig, dass es in der Theologie und in religiösen Schriften aus fast der gesamten christlichen Periode nur eine geringe Rolle spielt. In den synoptischen Evangelien hat es eine Bedeutung, die kaum höher sein kann.“ – Personal Religion and the Life of Fellowship; Longmans, Green & Co. 1926; S. 69. – Weil das Evangelium das Evangelium von Reich GOTTES ist, bedeutet sein Fehlen in der Theologie, dass man das Evangelium verloren hat.)
In ihrer selektiven Behandlungsweise der biblischen Berichte scheinen die Kirchen nur das bejaht zu haben, was die Tradition erlaubt. Vieles, was Jesus gelehrt hat, hat man hier als „jüdisch“ oder „ungeistlich“ beiseitegeschoben. Es gibt in der traditionellen Theologie immer noch eine antisemitische Tendenz. Es ist der Messianismus von Jesus Christus (und deshalb per Definition der christliche Messianismus), der so schrecklich durch die verständnislosen heidnischen Kommentare gelitten hat.
Diese beklagenswerte antimessianische Tendenz, mit der viele Theologen versuchen, den Messianismus des Neuen Testaments und der alttestamentlichen Propheten zu kultivieren und ihn ansehnlicher, „religiöser“ und „geistlicher“ zu machen, hat ihren Ursprung in der Ablehnung der protestantischen Reformatoren, den Worten Jesu zu glauben, insbesondere was er in der Offenbarung gesagt hat.
Luther hat in den Vorbemerkungen zu seiner Übersetzung des Neuen Testaments (1522) eine starke Aversion gegen die Offenbarung zum Ausdruck gebracht und erklärt, dass dieses Buch für ihn so viele Mängel hat, dass er es weder für apostolisch noch für prophetisch hält … und nicht erkennen kann, dass es vom heiligen Geist verfasst ist. Außerdem gefallen ihm die Befehle und Drohungen nicht, die der Schreiber in Bezug auf sein eigenes Buch äußert (Off 22, 18-19), ebenso auch nicht die Segensverheißungen für diejenigen, die an dem festhalten, was in dem Buch geschrieben steht (Off 1, 3; 22, 7), obwohl doch niemand weiß, was es ist … Zudem hätten viele Väter dieses Buch verworfen … „Endlich meine davon jedermann, was ihm sein Geist gibt, mein Geist kann sich in das Buch nicht schicken, und ist mir dies Ursache genug, dass ich sein nicht hochachte, dass Christus drinnen weder gelehret noch erkannt wird, welches zu tun ein Apostel doch vor allen Dingen schuldig ist.“ Später (1534) findet Luther eine gewisse Nützlichkeit für den Christen darin … Für ihn ist sie aber immer noch eine verborgene, stumme Weissagung, solange sie ungedeutet bleibt. Auch wenn sich viele an der Auslegung versucht haben, hat das nichts Gewisses an den Tag gebracht … Er hatte Zweifel an ihrer Apostolizität (Vorrede auf die Offenbarung in der Ausgabe von 1545) und hat sie zusammen mit dem Hebräerbrief, Jakobusbrief und Judas als Anhang in seinem Neuen Testament drucken lassen und im Inhaltsverzeichnis nicht mitgezählt.
Ganz allgemein ist der Standpunkt der Reformation durch eine Rückkehr zu dem Kanon von Eusebius gekennzeichnet und damit konsequenterweise auch mit einer niedrigeren Wertschätzung des Hebräerbriefs, des 2. Petrusbriefs, des 2. und 3. Johannesbriefs, des Jakobusbriefs, des Judasbriefs und der Offenbarung. Für Zwingli ist die Offenbarung „kein biblisches Buch“ gewesen. Und sogar Calvin, der die Inspiration sehr hochgehalten hat, hat den 2. und 3. Johannesbrief und die Offenbarung nicht ausgelegt.“ („Revelation“, Hastings Dictionary of the Bible; Band 4)
Olshausen legt seinen Finger zielsicher auf den blinden Fleck des großen Reformators, wenn er sagt, dass das letzte Buch der Bibel für Luther zweifelhaft war, einfach weil er „die Lehre von dem Reich GOTTES auf Erden insgesamt nicht verstehen konnte, die in der Offenbarung dargelegt wurde und den eigentlichen Mittelpunkt von allem, was darin geschrieben ist, bildet.“ (McCain; The Greatness of the Kingdom; S. 6)
Wir sollten noch hinzufügen, dass das Reich GOTTES auf der Erde die organisatorische Mitte der gesamten Heiligen Schrift und der Kern der rettenden Botschaft ist, die Jesus verkündigt hat.
12. Die Taufe
Nachdem ich in einem Zeitraum von über 40 Jahren von verschiedenen biblischen Fragestellungen herausgefordert worden bin und vieles gelernt habe, wage ich es, einige Glaubensgeschwister anzuregen, einmal über die Frage der Taufe nachzudenken. Es geht um die Freunde, deren Begeisterung für die Bibel unbestritten ist, und die gelehrt worden sind, dass die Taufe im oder mit Wasser ein nutzloses Ritual ist, das für Christen heute nicht mehr notwendig ist. Bei ihnen argumentiert man dann etwa in folgender Weise: „Im Neuen Testament gibt es zwei vorherrschende Taufarten; a.) Die Wassertaufe, die Johannes der Täufer begonnen hat; b.) Die Geistestaufe, - die Taufe, mit der Jesus Christus tauft und die einen Menschen zu einem Christen macht.“
Schaue dir die beiden obigen Aussagen noch einmal sorgfältig an. Sie sind wirklich keine angemessene Darstellung von dem, was die Bibel lehrt. Hier fehlt ein wichtiger Faktor. Tatsache ist, dass auch Jesus im Wasser getauft hat. Es gibt deshalb drei und nicht zwei Taufarten:
a. Die Wassertaufe des Johannes
b. Die Wassertaufe, die Jesus und seine Jünger praktizierten
c. Die Geistestaufe
Jeder kennt die Taufpraxis von Johannes. Sie ist eindeutig durch die Taufe auf den Namen Jesu Christi ersetzt worden (Apg 19, 1-7). Die apostolische christliche Taufe geschieht durch Wasser und Geist.
In Johannes 4, 1-2 lernen wir, „dass Jesus mehr Jünger mache und taufe als Johannes - obgleich Jesus selbst nicht taufte, sondern seine Jünger.“
In Johannes 3, 22 heißt es: „Danach kamen Jesus und seine Jünger in das Land Judäa, und dort verweilte er mit ihnen und taufte.“
Es besteht deshalb kein Zweifel, dass Jesus im Wasser getauft hat (auch wenn der eigentliche Akt des Untertauchens wohl durch seine Beauftragten, die Jünger, ausgeführt wurde). Dieser Aufnahmeritus war die durch Jesus ausgeführte Taufe, - die christliche Taufe im Wasser.
Im Missionsbefehl erhalten die Jünger den Auftrag, bis zur Vollendung des Zeitalters zu allen Völkern zu gehen und sie zu lehren, was Jesus gelehrt hat. Ein Teil dieses Auftrags lautet:
„Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Matth 28, 19). Das ist ein klarer Auftrag, der von den Lippen Jesu kommt und er legt ein wesentliches Element für die Marschordnung der Kirche fest. Die Apostel haben das klar in dieser Weise verstanden. Der Aufruf von Petrus an seine Zuhörerschaft ist nicht antiquiert gewesen: „Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden! Und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen“ (Apg 2, 38). Die typische Aufnahme in die Gemeinde geschieht durch Buße, durch den Glauben an das Evangelium vom Reich GOTTES und an den Namen Jesu Christi sowie die Taufe im Wasser. In Apostelgeschichte 8, 12 finden wir ein frühes Glaubensbekenntnis: „Als sie aber dem Philippus glaubten, der das Evangelium vom Reich GOTTES und dem Namen Jesu Christi verkündigte, ließen sie sich taufen, sowohl Männer als auch Frauen.“
Und um keine womöglichen Schlupflöcher zu hinterlassen, berichtet Lukas, dass die Heiden sogar noch nach dem Empfang des heiligen Geistes im Wasser getauft werden mussten. Dieses ist ausdrücklich von Petrus befohlen worden, der gewissenhaft den Anordnungen Jesu in Matthäus 28 gefolgt ist. Er verlangte nach Wasser und befahl, dass sie „getauft würden, die den Heiligen Geist empfangen haben“ (Apg 10, 47-48).
Wenn Paulus irgendwo Bekehrte entdeckte, die nur die Wassertaufe des Johannes empfangen hatten, hat er bei ihnen sofort die christliche Wassertaufe in dem Namen des Herrn Jesus vollzogen (Apg 19, 5). Die neutestamentliche Gemeinde hat mit Sicherheit nicht gelehrt, dass die Geistestaufe die christliche Wassertaufe ersetzt. Diese beiden gehören zusammen und sind die übliche Weise, nach der ein Mensch mit dem Leib Christi verbunden wird.
Am Ende seines Dienstes kann Petrus immer noch von der „Taufe, die uns errettet“ sprechen, als „die Bitte an GOTT um ein gutes Gewissen“ (1. Petr 3, 21). Natürlich unterstellt hier niemand, dass es im Wasser etwas „Magisches“ gibt. Was zählt, ist die kindliche Unterwerfung unter die von Jesus vorgegebene Ordnung. Es ist einfach eine Sache des Gehorsams, und Gehorsam ist grundlegend für den Glauben, es ist also ein „Glaubensgehorsam“. „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht gehorcht, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn GOTES bleibt auf ihm“ (Joh 3, 36).
Die Taufe kann einen Menschen nicht retten, wenn er kein beständiges christliches Leben führt, genauso wenig wie eine einmalige Entscheidung, der keine lebenslange Hingabe folgt. Rettung geschieht durch Gnade und Glauben, was demnach bedeutet (mit Paulus Worten gesagt): „von Herzen gehorsam geworden zu sein, dem Bild der Lehre, dem ihr übergeben worden seid“ (Röm 6, 17). Diese Lehre schließt die Taufe mit ein. Diese Art der Einladung an Bekehrte, Christen zu werden, ist ein Teil von dem, was für die Apostel Errettung durch Glauben bedeutete. Überall lehrten sie den „Glaubensgehorsam“ (Röm 1, 5; 16, 26).
GOTT hat uns für die Aufnahme in Seine Gemeinde ein sachgerechtes Verfahren gegeben. Die Taufe im Wasser ist eine öffentliche Lossagung von der Sünde und der Entschluss, GOTT und dem Messias zu dienen. Begriffe wie „fleischliche Ordnung“ oder „Gesetzlichkeit“ geben nicht die apostolische Lehre über die christliche Wassertaufe wieder. Jesus selbst war im Wasser getauft worden (Luk 3, 21). Er „machte Jünger“ und taufte sie (Joh 4, 1) und er wies seine Nachfolger an, bis zu seiner Wiederkunft am Ende dieses Zeitalters, “Jünger zu machen” und sie zu taufen (Matth 28, 19-20).
Es besteht keine Notwendigkeit, sich wegen dieser einfachen Sache zu spalten oder zu streiten, die für Millionen von Bibellesern und für Tausende studierter Ausleger der Schrift in vielen Jahrhunderten keine problematische Angelegenheit gewesen ist.
Es gibt Evangelikale, die erkennen, dass der Aufruf von Petrus zur Buße und zur Taufe sich deutlich von den heutigen evangelistischen Formulierungen unterscheidet. In seinem Buch „Conversion in the Bible“ beobachtet R.T. France, dass „unsere Neigung, die Taufe als ein symbolisches Extra zu sehen oder von der Einbeziehung einer physischen Handlung als Teil des geistlichen Bekehrungsprozesses unangenehm berührt zu sein, mit der ausgesprochen „realistischen“ Sprache des Neuen Testaments über die rettende Bedeutung der Taufe im Widerspruch steht (s. Joh 3, 5; Röm 6, 3-4; Gal 3, 27; Kol 2, 12; Tit 3, 5; 1. Petr 3, 20-21). Es gibt keine neutestamentlichen Gründe für den Glauben, dass die Taufe allein einen Menschen zu einem Christen macht, ebenso ist die Vorstellung, dass es ungetaufte Christen gibt, diesem Denken fremd. ‚Ohne sie konnte ein Gläubiger nicht in die Urgemeinde gelangen‘ - S. Smalley - (Evangelical Quarterly; 65:4, 1992, S. 306).
Wir bitten deshalb unsere lieben Glaubensgeschwister, die in der falschen „geistlichen“ Sicht gefangen sind, dass der physische Akt der Taufe kein Teil der christlichen Jüngerschaft ist, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen: Es ist der Gnostizismus gewesen, der diese unangebrachte Trennung zwischen dem, was physisch ist und was geistlich ist, hervorgebracht hat. Die Apostel, die die Wassertaufe angeordnet haben, waren dem Befehl Christi gehorsam, so wie wir es auch sein sollten. Wer Christ sein will, muss anerkennen, dass Jesus in allem der Herr seines Glaubens ist. Es gibt kein echtes Bekenntnis zu Jesus als Herrn ohne Gehorsam (Röm 10, 9).
13. Jesus, - der Weg zum ewigen Leben
Die meisten Menschen würden alles dafür geben, um ihr Leben auf unbestimmte Zeit verlängern zu können. Jesus hat den erstaunlichen Anspruch erhoben, im Besitz des Geheimnisses des ewigen Lebens zu sein. Er war gekommen, um „Leben und Unvergänglichkeit ans Licht“ zu bringen (2. Tim 1, 10). Diese unvergleichliche Information ist nur durch den Glauben an seine Lehre, seine Worte, sein Evangelium vom Königreich, sowie durch den Glauben an seinen Tod und seine Auferstehung zugänglich.
Christen sprechen oft etwas vage über das „ewige Leben“. Dieser Begriff gibt die ursprüngliche Vorstellung nicht vollständig wieder. Etwas genauer bedeutet er „das Leben im zukünftigen Zeitalter“. Das ist eine jüdische Bezeichnung, die Jesus liebte und häufig verwendete. Er hat sie in Daniel 12, 2 gefunden, wo es diese großartige Verheißung der Auferweckung für die schlafenden Toten gibt. Wenn die vielen Menschen aus ihrem Todesschlaf im Staub der Erde erwachen werden (Dan 12, 2), werden sie das „Leben des Zeitalters“ [des kommenden] erhalten. Es ist das zukünftige Zeitalter, weil es das Zeitalter der Weltgeschichte ist, das auf die in der Zukunft liegende Auferweckung der Toten folgt. Diese Auferweckung aller Gläubigen geschieht dann, wenn Jesus wiederkommt (1. Kor 15, 23). Dieser kostbare Vers in Daniel 12, 2 sagt uns also mit einer wunderbaren Einfachheit, was jetzt mit den Toten ist und wo sie jetzt sind. Dieses ist eines der klarsten biblischen Zeugnisse über den derzeitigen Zustand der Toten vor der Auferstehung. Sie schlafen, - ohne Bewusstsein. Diese Wahrheit sollte ein und für alle Mal beweisen, wie nutzlos „Gebete“ an Maria oder andere „verstorbene Heilige“ sind.
Dieses Leben des zukünftigen Zeitalters, von dem zuerst Daniel und nach ihm das Neue Testament gesprochen hat, ist wirklich ein Leben auf unbegrenzte Dauer, aber es ist ein Leben, das erst im zukünftigen Zeitalter voll und ganz erlangt werden kann. Das bedeutet, dass es ein „zukünftiges Zeitalter“ geben wird. Die Zeit wird in diesem kommenden Zeitalter weiter bestehen und die Erde wird unter der Verwaltung des Messias Jesus erneuert werden, der am Beginn dieses neuen Zeitalters in Macht und Herrlichkeit wiederkommen wird – und nicht sieben Jahre vor diesem Zeitpunkt, um eine heimliche Entrückung vorzunehmen, wie einige bekannte Verkündiger vorgeschlagen und propagiert haben.
Bibelübersetzer machen es uns manchmal schwer, den ursprünglichen Sinn zu erfassen. Die King James Bibel (auf ihre Weise großartig, aber in bestimmten Versen sehr fehlerhaft) will uns glauben lassen, dass es „keine Zeit“ mehr gibt, wenn Jesus wiederkommt! Der Vers in Offenbarung 10, 6 sagt in Wirklichkeit nichts davon. Er bedeutet nur, dass es „keine Verzögrung“ geben wird. Die Wiederkunft wird unmittelbar folgen. Aber die Zeit wird weitergehen: Es wird die Zeit des Königreiches GOTTES auf der Erde sein. Auch die Kirchen haben die Neigung, die Bibel in mancherlei Hinsicht schwer verständlich zu machen. Während sie immer noch darüber predigen, dass das Ziel der Christen der „Himmel“ ist, sagt die Bibel genau das Gegenteil. Jesus hat seinen Nachfolgern die Erde als zukünftiges Erbe verheißen. Mit dem Zitat von Psalm 37, 11 hat Jesus definiert, dass die Hoffnung seiner Jünger das Erbe des Landes auf der Erde ist (Matth 5, 5). Diese Verheißung hat Jesus als den Mittelpunkt seiner Bergpredigt verkündet. Die Bergpredigt und alle anderen Lehren, die Jesus verkündigt hat, sind uns als notwendige Anweisungen für unser gegenwärtiges Leben gegeben worden, damit wir uns vorbereiten können, in das Königreich GOTTES auf dieser Erde einzutreten, wenn es mit der Wiederkunft Jesu aufgerichtet werden wird. Bei der Wiederkunft werden die schlafenden Gläubigen aller Zeiten aus ihrem gegenwärtigen Todesschlaf im „Land des Staubes“ (Dan 12, 2) erwachen und dann „das Land erben“, wie Jesus verheißen hat (Matth 5, 5) und sogar „als Könige mit Jesus auf der Erde regieren“ (Off 5, 10; s.a. Off 20, 9 wo beschrieben wird, dass die Heiligen auf der Erde leben).
Nach dem vorangehenden Vers (Off 5, 9) ist Jesus gestorben, um mit seinem Blut den Königreichsbund zu unterzeichnen und durch seinen Sühnetod unsere Vergebung sicherzustellen. Bei dem letzten Abendmahl sprach Jesus von diesem „Blut des Bundes“; dieser Bund ist das Abkommen, der Vertrag, die Verheißung GOTTES, den Christen (Jesus sprach zu den Aposteln, die diesen Glauben repräsentierten) das Reich GOTTES zusammen mit Jesus zu geben. „Ich verordne euch, wie mein Vater mir verordnet hat, ein Reich … dass ihr auf Thronen sitzt, die zwölf [wieder zusammengeführten] Stämme Israels zu richten“ (Luk 22, 29-30). Jesus hatte gerade vom Vergießen seines Blutes des neuen Bundes gesprochen (Luk 22, 20). Jesus verheißt den Gläubigen als der „neue Mose“ und der „neue Josua“ das Land oder das auf der Erde aufgerichtete Reich GOTTES. Es ist die Bestätigung der alten „Landverheißung“, die Abraham gegeben wurde.
Als Jesus von „diesem Evangelium des Reiches“ sprach (Matth 24, 14), hat er damit den umfassenden Titel für den Plan der menschlichen Unsterblichkeit in dem zukünftigen Königreich geliefert. Genauso wie „dieses Buch des Gesetzes“ (Thora) durch Mose mitgeteilt worden ist (5. Mo 30, 10), hat der, der größer als Mose ist, uns die neue Thora übergeben, die unter dem Namen „das Evangelium des Reiches“ zusammengefasst ist.
Der Erzvater Abraham ist in der Schrift als der Vater der Gläubigen bekannt. Sein Glaube ist das Vorbild für den christlichen Glauben. Gläubige werden als Menschen beschrieben, die in den Fußspuren des Glaubens Abrahams wandeln (Röm 4, 16). Sie, Juden und Heiden in gleicher Weise, sind Erben der gleichen Verheißung, die GOTT Abraham gegeben hat. Abraham ist dieses christliche Evangelium im Voraus verkündigt worden (Gal 3, 8). Die göttlichen Verheißungen, die Abraham, Isaak und Jakob gegeben wurden, sind die feste Grundlage des neutestamentlichen Evangeliums. Abraham ist das Land Kanaan (Eigentum) und Nachkommenschaft verheißen worden. GOTTES einseitiges Angebot an ihn war die Garantie für beides, für „Same und Boden“. Same oder Nachkommen sollten viele sein, in einem speziellen Sinne aber auch ein Einzelner, und der ist Christus (Gal 3, 16). Der „Boden“ war das verheißene Land oder genauer gesagt, das Land der Verheißung (Hebr 11, 9). In diesem verheißenen Land wohnten die Patriarchen „wie in einem fremden“ (Hebr 11, 9) und glaubten, gegründet auf das göttliche Wort, dass das Land, in dem sie wohnten, eines Tages in das „himmlische“ Königreich GOTTES auf der Erde verwandelt wird. Das bedeutet, dass das Land durch die göttliche Verheißung wirklich das ihre war, dass sie aber zu ihren Lebzeiten noch nichts davon besaßen. (Abraham musste von den eigentlichen Eigentümern des Landes ein kleines Stückchen kaufen, in dem er und seine Frau Sarah begraben werden konnten).
Die äußerst wichtige Wahrheit des Evangeliums ist, dass Abraham tatsächlich in dem Land der Verheißung lebte (Hebr 11, 9). Das beweist unbestreitbar, dass das verheißene Land nicht der „Himmel“ ist, ein von diesem Planeten weit entfernter Ort. Das verheißene Land war ein Gebiet im Mittleren Osten. Dieses Gebiet bleibt das verheißene Land. Es wird die Bühne des zukünftigen Königreiches sein. Sein rechtmäßiger König, der Messias, wird wiederkommen, um dieses Land zu übernehmen und seine Herrschaft rund um die Welt auszudehnen. Das verheißene Land ist deshalb nichts anderes als das verheißene Reich GOTTES, das den Mittelpunkt des rettenden Evangeliums Jesu bildete. Jesus konnte auf Grund göttlicher Verheißung gleichermaßen sagen: „Glückselig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben“ (Matth 5, 5) und „Glückselig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Reich der Himmel“ (Matth 5, 3).
(Der jüdische Ausdruck „Reich des Himmels” (der nur von Matthäus benutzt wurde) bedeutet das Gleiche wie „Reich GOTTES“. Der Ursprung dieses Reiches ist göttlich, himmlisch, aber es bedeutet nicht, dass es im Himmel gelegen ist. Noch wird es von GOTT im Himmel aufbewahrt bis Jesus auf die Erde zurückkehren wird, um es dann von Jerusalem aus aufzurichten (1. Petr 1, 4; Kol 1, 5).
Damit die Verheißung für Abraham in Erfüllung gehen kann, muss er durch die Auferweckung ins Leben zurückkehren. Erst dann wird er diese verheißene Belohnung und das Erbe erhalten, auf die der göttliche Bund gegründet war (s. Hebr 11, 13, 39-40).
Wenn das Königreich kommt (wie wir im Gebet des Herrn beten: „Dein Reich komme“), werden Abraham, Isaak, Jakob und die Gläubigen des Alten und des Neuen Testaments durch die Auferweckung auferstehen (aus ihrem gegenwärtigen Schlaf im Staub der Erde – Dan 12, 2) und sich zu einer großen Feier versammeln, mit der das Neue Zeitalter des Reiches GOTTES auf der Erde aufgerichtet werden wird (Matth 8, 11). Viele andere werden aus allen Himmelsrichtungen der Erde kommen und sich mit ihnen bei diesem spektakulären Fest treffen (Luk 12, 28-29). Damit wir bei diesem Fest einen Platz erhalten können, sind wir von Jesus aufgefordert, uns jetzt sorgfältig und eifrig vorzubereiten. Genau davon handelt das Evangelium. Jesus fordert uns auf, das Reich GOTTES zu unserer ersten Priorität zu machen, da-mit wir einen Platz in ihm erhalten können (Matth 6, 33). Alle anderen Ambitionen und Aktivitäten müssen an zweiter Stelle stehen. Jesus hat seine Botschaft „das Evangelium vom Reich GOTTES“ genannt (Mark 1, 14-15) und wenn Matthäus das Wort Evangelium verwendet hat, hat er immer vom „Evangelium des Reiches“ gesprochen (Matth 4, 23; 9, 35; 24, 14; s.a. 26, 13). Jesus hat seinen Auftrag in Luk 4, 43 so erklärt: „Ich muss auch den anderen Städten die gute Botschaft vom Reich GOTTES verkündigen, denn dazu bin ich gesandt worden“. Da er seine Nachfolger mit dem gleichen Auftrag ausgesandt hat (Luk 9, 2 u. 60; Matth 28, 19-20; Luk 24, 47), sollten wir überall Kirchen und Gemeinden erwarten können, die mit dem Reich GOTTES befasst sind. In der heutigen Verkündigung „des Evangeliums“ ist dieser Begriff jedoch ganz offensichtlich verschwunden.
Nach Lukas 24, 47 hat Jesus erklärt, dass „Buße und Vergebung“ nur auf der Grundlage seines Namens angeboten werden, d. h. auf seiner Offenbarung des Evangeliums. Wie in Markus 4, 11-12 ist die Erfassung der Königreichsbotschaft (Matth 13, 19) das wesentliche Element in der Akzeptanz (Annahme) Jesu. Jesus hat diese Aussage häufig gemacht. Er warnte uns davor, dass „wer sich meiner und meiner Worte schämt“, im Gericht sehr schlecht davonkommen wird (Mark 8, 38). Jesus von seinen Worten zu trennen, ist die größte theologische Katastrophe, die es unbedingt zu vermeiden gilt. Satan hat in Wirklichkeit nur einen Trick zur Verfügung, den er in verschiedensten Formen anwendet: Er will Jesus von seinen Lehren/seinem Evangelium trennen (siehe auch 2. Joh 7-9; 1. Tim 6, 3).
Mit seiner eindringlichen Aufforderung, Buße zu tun und an das Evangelium vom Reich zu glauben (Mark 1, 14-15 – laut Jesus eine Zusammenfassung des christlichen Glaubens), hat Jesus genau genommen überall Menschen eingeladen, in diesem zukünftigen, von GOTT zugesicherten Königreich, zusammen mit ihm einen Platz als Führungskraft einzunehmen. Jesus wollte als der Messias die Welt in Ordnung bringen, aber er wusste, dass er zuerst sterben, dann auferweckt werden und für eine bestimmte Zeit die Erde verlassen musste. Gegenwärtig ist er zur Rechten des Vaters, aber er wird die Gegenwart des Vaters verlassen und wieder zur Erde zurückkehren, wenn die Zeit gekommen ist, das Königreich auf der Erde aufzurichten.
In diesem Zusammenhang ist Psalm 110, 1 ein sehr hilfreicher Vers. Er ist der von den Aposteln und Jesus bevorzugte „Beweistext“. Im Neuen Testament wird 23 Mal auf ihn verwiesen – und damit ist er viel häufiger zitiert als jeder andere alttestamentliche Vers. Er ist von gewaltiger Bedeutung. Dieser Psalm hat aber auch eine revolutionäre Bedeutung, da er uns etwas über die Beziehung zwischen GOTT und Jesus sagt.
Psalm 110, 1 ist eine Aussage GOTTES (wenn in deiner Bibel das ursprüngliche Wort „Spruch“ fehlt, ist dieser Vers schlecht übersetzt). Es ist „ein Spruch Jahwes“ (der EINE GOTT der hebräischen Bibel, der Juden und der neutestamentlichen Christen) an den Herrn Davids, an den Messias; 1000 Jahre vor dem Beginn seiner Existenz im Leib der Jungfrau Maria spricht GOTT hier zu ihm.
Ich möchte hier auch auf die einfache Tatsache aufmerksam machen, dass Davids Herr nicht Davids HERR ist. Es gibt Bibelübersetzungen, die rein optisch „Herr“ und „HERR“ nicht unterscheiden (HfA, Schlachter 2000, NGÜ, GNB, EinhÜ, NLB). Um was geht es hier? Es geht um die außerordentlich wichtige Wahrheit, wer Jesus ist. Er ist nicht GOTT der HERR, weil das Wort in dem inspirierten Text kein Wort für GOTT ist, sondern das Wort für einen höhergestellten Menschen, für einen menschlichen Herrn und nicht für einen Herrn, der GOTT ist, sondern für einen Herrn, der der hoch erhobene, einzigartige Bevollmächtigte des EINEN GOTTES ist. Du kannst diese Tatsache mit einem Rabbi oder einem Freund, der das Hebräisch des Alten Testaments lesen kann, überprüfen. Das hebräische Wort für den Status des Sohnes GOTTES in Psalm 110, 1 ist adoni. Dieses Wort kommt 195 Mal in der hebräischen Bibel vor und bezieht sich niemals auf GOTT. Wenn GOTT als der „HERR“ beschrieben wird, dann liegt ein anderes Wort zugrunde, nämlich Adonai. Mit dieser Schreibweise macht die Bibel einen sorgfältigen Unterschied zwischen GOTT und Mensch. GOTT ist GOTT der HERR (Adonai) oder wenn Sein persönlicher Name verwendet wird, heißt es „Jahwe“. Jesus ist Sein einzigartiger, sündlos gebliebener, von einer Jungfrau empfangener menschlicher Sohn (adoni; mein Herr, Luk 1, 43; 2, 11). Das Wort Adonai findet man 449 Mal im Alten Testament und es unterscheidet den EINEN GOTT von allen anderen. Adonai ist nicht das Wort, das den Sohn GOTTES, Jesus, in Psalm 110, 1 beschreibt. (Leider erklären zahlreiche Theologen und Ausleger die zu diesem Punkt gehörenden Tatsachen falsch)
Adoni kommt 195 Mal vor und bezieht sich nur auf einen menschlichen Herrn (manchmal auch auf einen Engel), d.h. auf jemanden, der nicht GOTT ist. Diese Tatsache sollte zahlreiche Argumentationen und Bekenntnisse aus nachbiblischer Zeit zunichtemachen, die unterschwellig die einfachste und elementarste biblische Wahrheit verdunkelt haben, dass GOTT eine einzige Person ist und dass der Messias der zweite Adam ist, „der Mensch Messias“ (1. Tim 2, 5). Dieser „Mensch Messias Jesus“ hat den Charakter und den Willen seines Vaters so vollkommen und beständig wiedergespiegelt, dass er sagen konnte: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“ (Joh 14, 9). Nichtsdestotrotz konnte er von sich selbst aus nichts tun (Joh 8, 28). Er war immer von seinem Vater, von GOTT, abhängig und IHM untergeordnet.
Zurück zu dem Evangelium vom Königreich
Das ist die rettende Botschaft, die Jesus und Paulus immer ihren Zuhörern angeboten haben (Matth 4, 17+23; 9, 35; 24, 14; Mark 1, 14-15; Luk 4, 43; Apg 1, 3+6; 19, 8; 20, 25; 28, 23+31). Jesus, der das Evangelium vom Königreich verkündigt hat, hat den Aposteln und Jüngern befohlen, bis zum Ende dieses Zeitalters diese gleiche Botschaft, das Evangelium vom Königreich GOTTES, in die ganze Welt hinauszutragen (Matth 28, 19-20).
Dieser Auftrag ist in späteren Jahren ganz offensichtlich schlecht ausgeführt worden, denn bekennende Christen haben alle möglichen erklärenden Beschreibungen für das Evangelium verwendet, außer der einen, die immer über die Lippen Jesu kam: „Das Evangelium vom Reich“. Wenn wir Lukas 9, 11 mit Apostelgeschichte 28, 30-31 vergleichen, dann sehen wir, dass Jesus und Paulus immer wieder Menschen „aufgenommen“ und sofort damit begonnen haben, das allerwichtigste Thema des Evangeliums anzusprechen: Das Königreich GOTTES.
Erstaunlicherweise gibt es heute sogar Christen, die der Meinung sind, man sollte das Evangelium, das Jesus gepredigt hat, überhaupt nicht verkündigen. Irrigerweise glauben sie, dass Paulus für die Heiden ein anderes Evangelium erhalten hätte. Wenn dem so wäre, hätte Paulus sich wegen der Preisgabe des einzig wahren Evangeliums unter seinen eigenen Fluch gestellt (Gal 1, 8-9). Es gibt nur eine rettende Botschaft, die allen Menschen angeboten werden soll.
Die Wichtigkeit dieses Königreichevangeliums kann nicht überbetont werden. Mit ihm zeigt Jesus uns den richtigen Weg. Er legt uns eine Botschaft vor, die wir mit unserem Verstand begreifen können und in der uns ewiges Leben verheißen wird. Hier eine kurze Beschreibung, wie du mit der Botschaft von der Unsterblichkeit umgehen sollst:
Erstens: Du musst sie in der richtig erklärten Version hören.
Zweitens: Du musst sie verständig erfassen, d.h. mit dem Verständnis eines „Kindes“, dessen Augen und Ohren für göttliche Offenbarungen offen sind (s. Eph 1, 13).
Drittens: Du musst in deinem Leben an ihr festhalten, auch wenn Verfolgungen, Ängste oder Lust auf andere Dinge dich davon ablenken wollen (Luk 8, 15).
Alle diese Punkte hat Jesus in seinem grundlegenden Beispiel vom Samen und Boden klar beschrieben (im Gleichnis vom Sämann – Matth 13; Mark 4; Luk 8). In dieser wunderbaren theologischen „Gegenüberstellung“ weist Jesus darauf hin, dass Errettung ein Prozess ist, der anfangen, andauern und bis zum Ende fortbestehen muss. Entscheidend ist zu Beginn die verständige Annahme des „Samens“, der das Evangelium vom Königreich in der Form ist, die Jesus gepredigt hat. Nur diejenigen, die bis zum Ende an diesem Glauben festhalten und gehorsam sind, werden gerettet werden (Matth 24, 13). Errettung kann für neutestamentliche Christen mit einem Wettlauf verglichen werden. Das Ziel, die Errettung, „ist jetzt näher, als zu Beginn unseres Glaubens“ (Röm 13, 11 - NLB). Wir sind jetzt „gerettet“ (1. Kor 1, 18; 15, 2) und wir wurden gerettet „auf Hoffnung hin“ (Röm 8, 24) und wir werden gerettet werden, wenn Jesus wiederkommt.
Du kannst niemals eine Goldmedaille gewinnen, wenn du nicht zu rennen beginnst, wenn der Startschuss fällt. Die Errettung ist ein Rennen, das bis zum Ziel durchgehalten werden muss und der Anstoß, der uns starten lässt, ist das Evangelium vom Königreich, durch das GOTT uns die Kraft zum Durchhalten gibt (1. Thess 2, 13; Joh 6, 63).
Wie das ewige Leben zu erlangen ist
Hier einige Ausführungen zu der Frage, wie du ein immerwährendes und ewiges Leben erlangen kannst. Du hörst das Evangelium/das Wort vom Königreich. Du verstehst es und du reagierst darauf, indem du ihm die erste Priorität in deinem Leben einräumst. Du schätzt es so hoch ein, dass du (bildlich gesprochen) alle deine Güter verkaufst, um das eine Grundstück zu kaufen, in dem der Schatz vergraben ist, die wertvolle Perle, das Geheimnis der Unsterblichkeit. Wenn du nach dem ewigen Leben strebst, musst du dich fragen, ob es in deinem Leben womöglich noch etwas anderes gibt, das in gleicher Weise deine Aufmerksamkeit auf sich ziehen kann?
Wie entwickelt sich dieser Funke zum Leben nun in dir? Es ist der Beginn einer neuen Schöpfung durch das Wort GOTTES. Die Worte des Evangeliums sind GOTTES schöpferisches Werkzeug, sie sind ein „Funke“ Seiner eigenen Unsterblichkeit, der durch die Worte, die Jesus verkündigt hat, an den glaubenden Menschen weitergegeben wird. Unter dem „Wort GOTTES“ ist nicht nur die Bibel als Ganzes zu verstehen. Insbesondere geht es auch um das Evangelium vom Königreich, dieser Botschaft von der Unsterblichkeit und wie sie erlangt werden kann (Matth 13, 19: „Das Wort vom Reich“ = Mark 4, 14: „Das Wort“ = Luk 8, 11: „Das Wort GOTTES“). Das Wort ist GOTTES schöpferisches Werkzeug. Es ist ein Teil SEINER selbst, mit dem ER Seine Sehnsucht nach uns Menschen zum Ausdruck bringt. Mit Seinem schöpferischen Wort will GOTT Seine eigene Unsterblichkeit weitergeben und sie mit uns teilen. ER möchte, dass Menschen ewig leben. ER will uns (durch Seine Gnade) immerwährendes Leben geben. ER gibt uns Seinen „Samen“ weiter, der dieses neue Leben und die Lebendigkeit in uns aufkeimen lässt, was der Anfang oder die Anzahlung, quasi die erste Rate unserer Unsterblichkeit ist (Eph 1, 14). Wenn dieser „Samen“ in unsere Herzen und in unser Denken gekommen ist, dann haben wir den Übergang vom Tod zum Leben gemacht.
In Johannes 5, 24 ist dieser Erlösungsprozess wunderbar zusammengefasst:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört [Die Botschaft des Evangeliums] und glaubt DEM, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben [das Leben des zukünftigen Zeitalters] und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod in das Leben übergegangen.“
Alles hängt angesichts aller Schwierigkeiten, Ablenkungen, Bedrängnissen und Verfolgungen vom Hören, Ergreifen und Festhalten dieses kostbaren Wortes/Evangeliums vom Königrich ab. Kein Wunder, dass Jesus das Königreich mit wohlüberlegten Begriffen wie kostbare Perle oder Schatz aller Schätze beschrieben hat, um uns von seinem unschätzbaren Wert zu beeindrucken. Die rettende Botschaft Jesu wird in der Bibel „Same“ genannt (Luk 8, 11). Dieser Same muss in unserem Denken in Verwahrung genommen werden. Er wird durch die Predigt gesät. Er muss „in einem redlichen und guten Herzen“ bewahrt werden (Luk 8, 15). Diejenigen, die den Samen „in einem redlichen und guten Herzen“ aufgenommen haben, müssen „Frucht bringen mit Ausharren“ (Luk 8, 15). Alle Schreiber der Bibel erzählen die gleiche Geschichte. Alle bieten das gleiche „Rezept“ für die Unsterblichkeit an. Die „Mechanismen“ und der Einstiegsprozess in die Unsterblichkeit werden von allen Verfassern der neutestamentlichen Schriften in gleicher Weise beschrieben. Jakobus sagt, dass diese Neugeburt, das Aufkeimen des neuen Lebens aus dem Samen des Evangeliums, durch das Wort geschieht, durch das Wort der Wahrheit (Jak 1, 18; s.a. Joh 17, 17: „Dein Wort ist Wahrheit“). Das Wort muss in uns Wurzeln schlagen. „Nehmt das eingepflanzte [das gesäte] Wort mit Sanftmut auf, das eure Seelen zu retten vermag“ (Jak 1, 21).
Das Wort ist das Evangelium vom Königreich GOTTES, so wie Jesus es gepredigt hat. Matthäus nennt es „das Wort vom Reich“ (Matth 13, 19). Jakobus hat natürlich das Gleichnis vom Sämann genau gekannt. Petrus hat als Sprecher des Messias sichergestellt, dass wir uns an den Erlösungsprozess erinnern; es ist das Wissen, das wir Unsterblichkeit erlangen können, wenn wir wiedergeboren sind. Er hat so wie Jesus und sein Halbbruder Jakobus von dem Wort als dem „unvergänglichen Samen“ gesprochen (1. Petr 1, 23), - ein Samen, der den Keim der Unsterblichkeit in sich trägt. Dieser Samen gibt die wahre Natur GOTTES weiter. Indem wir über den Samen der Königreichsbotschaft, der in unser Herz gesät ist, an dieser Natur teilhaben, haben wir Anteil an dem immerwährenden Leben GOTTES. Der Samen, den wir erhalten und bewahrt haben, schafft in uns eine neue Persönlichkeit, er macht uns zu neuen Kreaturen, zu wiedergeborenen Menschen, die zum ewigen Leben bestimmt sind (1. Petr 1, 23-25). Der unbedingt notwendige Schlüssel für diese geheimnisvolle zweite Geburt ist „das Wort, das euch als Evangelium verkündigt worden ist“ (1. Petr 1, 25). Dieses Wort enthüllt das Geheimnis des göttlichen Plans, den ER in Christus für die Menschen vorgesehen hat.
Der Apostel Johannes kannte diesen Samen und er wusste, dass er der Schlüssel ist, durch den wir mit einem Ausblick auf die Unsterblichkeit „wiedergeboren“ werden. In Johannes 3, 3 berichtet er, dass Jesus zu einem jüdischen Lehrer sagte: „Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich GOTTES nicht sehen.“ Ohne Wiedergeburt kein ewiges Leben! Und ohne einen lebendigen „Samen“ keine Wiedergeburt. Johannes erinnerte seine Leser später noch einmal daran, dass die Wiedergeburt aus dem Samen kommt. Er kannte auch den unermesslichen Wert der von Jesus verkündigten kostbaren Lehre von dem Samen und dem Boden. Johannes sagte, dass der Mensch, „der aus GOTT geboren ist, nicht Sünde tut, denn SEIN Same bleibt in ihm“ (1. Joh 3, 9).
Indem Jesus die Wiedergeburt zur absolut notwendigen Vorbedingung für die Unsterblichkeit gemacht hat, hat er auch klar gemacht, dass die Aufnahme der Königreichsbotschaft der Schlüssel für das immerwährende Leben ist: „Wer das Reich GOTTES nicht annehmen wird wie ein Kind, wird nicht hineinkommen“ (Luk 18, 17). „Wenn du nicht auf die Königreichsbotschaft hörst und sie nicht ergreifst, dann kannst du nicht Buße tun und keine Vergebung erhalten“ (s. Mark 4, 11-12). Markus, der hier von Jesus berichtet, weist darauf hin, dass ein verständiges und bewusstes Erfassen der Königreichsbotschaft, so wie Jesus sie verkündigt hat, die Bedingung für die Buße und die Vergebung ist. Der Teufel, der weiß, wie verhängnisvoll diese Königreichsbotschaft für seine eigenen entgegengesetzten Aktivitäten ist, versucht „das Wort von ihren Herzen wegzunehmen, damit sie nicht glauben und gerettet werden“ (Luk 8, 12).
Hier in diesem Gleichnis vom Sämann steckt der wahre Kern von der Unsterblichkeitsbotschaft Jesu. Achte auf die außergewöhnlichen Worte unseres großen Rabbis, die er von einem Schiff aus, das kurz vor dem Ufer des Sees Genezareth vor Anker ging, gesagt hat:
„Euch ist es von GOTT gegeben, die Geheimnisse des Reiches GOTTES zu verstehen. Allen anderen aber werden sie in Gleichnissen verborgen erzählt, damit sich das Schriftwort erfüllt: ‚Sie sehen, was ICH tue, aber sie begreifen nicht, was es bedeutet. Sie hören Meine Worte, aber sie verstehen sie nicht. Deshalb werden sie sich nicht von ihren Sünden abkehren und keine Vergebung empfangen.‘ Aber wenn auch ihr dieses Gleichnis nicht versteht, wie wollt ihr dann die anderen Gleichnisse verstehen, die ich noch erzählen werde?“ (Mark 4, 11-13 - NLB).
Paulus und die Wiedergeburt
Natürlich kannte auch Paulus die Geheimnisse der Unsterblichkeit. Er lehrte, dass die Wiedergeburt, d.h. ein neuer Mensch zu werden, durch die erneuernde Kraft des Geistes GOTTES (Gal 4, 29) und durch das Evangelium (Gal 3, 2) geschieht. Christen sind Menschen, die durch den Geist und durch die Verheißungen, die Abraham gegeben wurden, geboren sind (Gal 4, 23), sie sind Empfänger des „heiligen Geistes der Verheißung“ (Eph 1, 13). Es macht keinen Unterschied, ob wir von dem Geist GOTTES oder dem Wort GOTTES als dem Werkzeug für die Wiedergeburt sprechen. Beides, der Geist und das Wort sind die schöpferische Gegenwart und die Kraft GOTTES, mit denen ER Sein gewaltigstes und geheimnisvollstes Werk ausführt: Die Herstellung des Funkens, der den Menschen Unsterblichkeit gibt, die Gabe des Lebens in dem kommenden Zeitalter/Königreich. Im 1. Buch Mose „schwebte der Geist GOTTES über dem Wasser“ und „GOTT sprach …“ (1. Mo 1, 2-3). GOTTES Wort war in Seinem Geist aktiv. (Der Geist hat im Verhältnis zu dem göttlichen Wort die gleiche Beziehung wie der menschliche Atem zu einer ausgesprochenen Aussage). Das schöpferische Handeln GOTTES durch das Evangelium führt zu dem neuen Leben des Gläubigen. „Der Geist kommt durch das Hören der Botschaft des Evangeliums“ (s. Gal 3, 2). Paulus erinnerte Titus an den „Unsterblichkeitsplan“: „Als aber die Güte und Menschenliebe GOTTES, unseres Retters, erschien, hat ER uns gerettet [durch das, was Jesus gepredigt hat, durch seinen Tod und die Auferweckung] - nicht weil wir Werke vollbracht hätten, die uns gerecht machen können, sondern aufgrund Seines Erbarmens - durch das Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung im heiligen Geist“ (Tit 3, 4-5 - EinhÜ).
Jesus war der erste Evangeliumsverkündiger (Hebr 2, 3; vergl. 1. Tim 6, 3), der mit dem ret-tenden Wort GOTTES ausgestattet war (Joh 5, 24). Der Vater, der Jesus als Seinen perfekten Beauftragten und Abgesandten gebrauchte, hat ihm die schöpferischen Worte gegeben, die uns durch die Wiedergeburt mit dem neuen Leben erfüllen können. „Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben“ (Joh 6, 63). Sie enthalten die Kraft und das Leben GOTTES. Sie wirken als antreibende Kraft in unserem Leben (1. Thess 2, 13; Röm 1, 16). Sie bringen den Einfluss des Geistes, was nichts anders als die wirksame Gegenwart GOTTES ist, in unser Erleben und Denken. Sie schaffen am Ende die Bedingungen für ein unaufhörliches Leben für diejenigen, die sich diese Worte des Lebens zu Herzen genommen haben und - nachdem sie getauft sind (Apg 8, 12 u.a.) - bis zu dem Ende ihres jetzigen Lebens nicht aufhören, Früchte zu bringen.
Auch Paulus weist sich durch seine Erklärungen als ein echter Jünger Jesu aus und zeigt, dass er seinem Meister als ein Prediger der Botschaft von dem Reich GOTTES nachgefolgt ist. Zu den Kolossern sprach er von „der Hoffnung, die für euch in den Himmeln aufbewahrt ist.“ Diese Hoffnung, so sagte Paulus, war die Quelle des christlichen Glaubens und der Liebe (Kol 1, 4-5). Nehmen Glauben und Liebe nicht furchtbaren Schaden, wenn die Hoffnung, die diese Tugenden fördert, nicht richtig verstanden wird? Die heute oft infragegestellte Hoffnung ist uns doch „im Wort der Wahrheit des Evangeliums“ übermittelt worden (Kol 1, 5) und erinnert uns wieder an das Gleichnis vom Sämann. Paulus sagt, dass dieses rettende Evangelium und die darin eingeschlossene Hoffnung „Frucht bringt und wächst“ (Kol 1, 6). Auch hier ist der Bezug zu dem Gleichnis vom Sämann klar. Jesus ist gekommen, um den Menschen den Weg zum Leben, die Quelle der ewigen Jugend, anzubieten. Er hat uns Menschen diesen Weg zu seinen Bedingungen angeboten, oder genauer gesagt, zu den Bedingungen des GOTTES Israels, DER ihn beauftragt hatte, das rettende Evangelium zu verkündigen. Jesus forderte die Menschen auf, sein Evangelium von dem zukünftigen Königreich anzunehmen und der Verheißung zu glauben, dass sie mit ihm in dem neuen Zeitalter dieses Königreiches, das auf der Erde - „dem zukünftigen Erdkreis, von dem wir reden“ (Hebr 2, 5) - aufgerichtet wird, herrschen werden.
Das im Evangelium offenbarte letztendliche Ziel in diesem großartigen Plan GOTTES ist, dass Seine Gefolgsleute an diesem Ort, der Abraham und Jesus verheißen worden ist, in dem Land der Verheißung, Macht als Fürsten haben werden; damit ist die Erde gemeint, die mit der Rückkehr Jesu verwandelt werden wird. Als Messias wird er dann „den Thron seines Vaters David“ in Jerusalem besteigen (Luk 1, 32). Das kann er tun, weil er durch die von GOTT auf geheimnisvolle Weise bewirkte Erschaffung im Leib von Maria der Sohn GOTTES ist (Luk 1, 35; Matth 1, 20 – „das in ihr Gezeugte“).
Man sollte meinen, dass viele Menschen an der Unsterblichkeit, an einem unaufhörlichen, durch nichts zu zerstörendem Leben und an der Gemeinschaft mit Jesus und seinem Vater jetzt und für immer interessiert sind. Jesus hat uns den Auftrag gegeben, das Geheimnis des ewigen Lebens, die kostbare Perle, den Schatz aus der Königreichsbotschaft zu suchen. Hast du in letzter Zeit aber irgendeine Predigt über die Wiedergeburt gehört, die einen Bezug zur Unsterblichkeit hatte und in der darüber gesprochen wurde, wie sie durch den Kontakt mit der Kraft des Wortes/Same/Geist, die in der Botschaft Jesu vom Reich GOTTES enthalten ist, geschieht? Viele Menschen wissen darüber nur wenig Bescheid, weil man ihnen immer wieder erzählt hat, dass nur der Tod und die Auferstehung Jesu das Evangelium ausmachen. Paulus hat etwas anderes gesagt. Er verkündigte, dass Tod und Auferstehung Jesu in der Heiligen Schrift „das Wichtigste“ ist (1. Kor 15, 3 - HfA). Aber er war auch ein berufener Prediger des Evangeliums vom Reich GOTTES (Apg 20, 24-25). Wie uns in gut 25 Kapiteln im Matthäus-, Markus- und Lukasevangelium berichtet ist, hat Jesus sich jahrelang abgemüht, das Evangelium vom Reich GOTTES zu verkündigen, wobei er zu diesem Zeitpunkt kein einziges Wort über seinen Tod und seine Auferstehung gesagt hat. In Matthäus 16, 21 hat er erstmals von diesem Teil der Evangeliumsbotschaft gesprochen.
In den uns bekannten Glaubensbekenntnissen scheint man allerdings die rettende Botschaft Jesu über die Unsterblichkeit nicht verstanden zu haben. Hier fordert man zum Glauben an seine Geburt auf („geboren von der Jungfrau Maria“) und geht dann, ohne ein Wort über seine Predigten vom Reich GOTTES zu verwenden, direkt zu seinem Tod („gelitten unter Pontius Pilatus …“). Ein Glaube an Jesus ohne den Glauben an seine Worte entspricht nicht der biblischen Definition von Glauben. „Wer mein Wort hört und glaubt DEM, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben“ (Joh 5, 24). Auf dem Höhepunkt seines Dienstes hat Jesus eine ernste Warnung gegenüber den Menschen ausgesprochen, die seine rettende Lehre ablehnen. Klarer hätte er es nicht sagen können (Joh 12, 44-50; Matth 7, 21-27). Während seines ganzen Dienstes verlangte der Messias den Glauben an seine Evangeliumsbotschaft.
Wer einen Keil zwischen Jesus und seine Lehre treibt, der untergräbt die ganze Grundordnung der apostolischen Christenheit. „Also ist der Glaube aus der Verkündigung, die Verkündigung aber durch das Wort Christi“ (Röm 10, 17).
(Es ist beunruhigend, wenn man heute hört, dass ein führender evangelikaler Prediger sagt: ‚Viele Menschen glauben heute, dass das, was Jesus gelehrt hat, das Wesentliche der Christenheit ausmacht, aber dem ist nicht so. Wenn du die Briefe des Apostel Paulus liest, die den größten Teil des Neuen Testaments ausmachen, dann wirst du sehen, dass darin fast nichts über die Lehren Jesu gesagt wird. Auch im verbleibenden Rest des Neuen Testaments gibt es nur wenige Bezugnahme auf die Lehren Jesu und in dem Apostolischen Glaubensbekenntnis, dem weitverbreitetsten christlichen Glaubensbekenntnis, gibt es überhaupt keinen Bezug auf seine Lehren. Es gibt also keinen Bezug auf das Beispiel Jesu. Nur zwei Tage aus dem Leben Jesu sind erwähnt, - der Tag seiner Geburt und der Tag seines Todes. Die Christenheit richtet sich also nicht an den Lehren Jesu aus, sondern an der Person Jesus, als dem fleischgewordenen Gott, der in diese Welt kam, um unsere Schuld auf sich zu nehmen und an unserer Stelle zu sterben.‘ – D. James Kennedy „Truths That Transform“ 17.11.1989; Hervorhebungen durch ihn).
14 Schlussbemerkungen
B.F. Westcott hat zweifellos Recht: „Es ist nicht genug, wenn man erkennt, dass das Alte Testament Prophetien enthält; das Alte Testament ist eine einzige umfassende Prophetie.“ Ein großer Teil dieser Prophetien befasst sich mit dem messianischen Königreich in seiner letztendlichen Manifestation als eine weltumspannende Regierung unter der Aufsicht Jesu und der treugebliebenen Christen. Ich glaube, dass das Königreich den Mittelpunkt der neutestamentlichen Botschaft bildet und dass dieses Königreich weithin in dem uns überlieferten Glaubenssystem, das sich christliche Theologie nennt, fehlt. Anders gesagt: Jesus ist von seinem eigenen Evangelium losgelöst und herausgerissen worden.
Ganz sicher ist Rudolf Ottos Analyse richtig: „Das Reich GOTTES ist und bleibt für Christen das zukünftige Königreich des letzten Zeitalters, gedacht in streng eschatologischen Begriffen, das nach den „messianischen Wehen“ und dem göttlichen Gericht folgt.“ (Reich Gottes und Menschensohn, 1940).
Wir wissen, dass die „messianischen Wehen” im Denken Jesu zukünftig sind („Alles dies aber ist der Anfang der Wehen“ Matth 24, 8). Sie sollen das Vorspiel für die Ankunft des Königreiches sein, dessen Vorbereitung im gegenwärtigen Zeitalter das Thema der Gleichnisse ist. Das Wort vom Königreich wird heute in die Herzen gesät (Matth 13, 19). Der Christ soll „ein Jünger des Königreiches“ werden (Matth 13, 52).
Die aus dieser Botschaft entstandene Ernte wird am Ende dieses Zeitalters eingeholt werden, wenn die echten Söhne des Königreiches wie die Sonne im Reich ihres Vaters leuchten werden (Matth 13, 43). Es ist richtig, dass treue Gläubige heute schon im Vorgriff auf das zukünftige Königreich etwas von dem Geheimnis dieses Reiches erfahren können. Sie sind eine Vorhut, die die gute Nachricht von einer kommenden besseren Welt verkünden, - aber von einer, die eine wirkliche menschliche Gesellschaft ist, die erneuert und umerzogen und in den Händen von unsterblichen Verwaltern ist: „Wie werden wir entfliehen, wenn wir eine so große Rettung missachten? … Denn nicht Engeln hat ER den zukünftigen Erdkreis unterworfen, von dem wir reden“ (Hebr 2, 3+5). Können die heutigen Christen diese Sprache noch sprechen und wissen sie, was sie sagen? – denn GOTT hat diese zukünftige Welt in die Hände Jesu und der treuen Gemeinde gelegt. Diese Welt ist „jetzt aber noch nicht“ unter der Kontrolle Jesu, aber sie ist dazu bestimmt, unter seine Zuständigkeit zu kommen, wenn er wiederkommt (Hebr 2, 5+8).
Es gibt schon seltsame Auslegungen, mit denen man versucht, die Apostel wegen der Blindheit für ihren jüdisch-christlichen Messianismus anzuklagen, wenn sie in Apostelgeschichte 1, 6 nach der Zeit der Wiederherstellung des Königreiches in Israel nachgefragt haben. Diese Frage stellten die Apostel am Tag der Aufnahme Jesu in den Himmel, nachdem sie von ihm ausführlich informiert worden waren und er ihnen schon vorher „alles besonders erklärt“ hatte (Mark 4, 34).
Jesus hatte sich schon früher genau versichert, dass sie das Königreich vollständig verstanden hatten (Matth 13, 51). Beim letzten Abendmahl hatte er ihnen ausdrücklich zugesichert, dass er ihnen in dem zukünftigen göttlichen Reich königliche Positionen geben würde (Luk 22, 28-30). Sechs Wochen nach seiner Auferweckung waren sie erneut unterwiesen worden „über die Dinge, die das Reich GOTTES betreffen“ (Apg 1, 3). Auf der Grundlage all dessen, was sie gehört und verstanden hatten, fragten sie ihn, ob jetzt die Zeit für die Wiederherstellung des Königreiches in Israel gekommen wäre. Es ist die richtige Frage und kein schlimmer Fehler, wovon uns so viele Ausleger überzeugen wollen!
Die Form der Frage selbst spiegelt die gängige jüdische Vorstellung von dem messianischen Königreich wider und zeigt uns, wie weit entfernt die Apostel immer noch von der richtigen Einsicht in das Wesen der Mission ihres Meisters waren. Es ist fast nicht zu glauben, dass diese Männer 40 Tage lang unterwiesen worden sein sollen und dann doch nicht aufgehört haben, … ein irdisches jüdisches Reich zu erwarten, in dem sie rund um die Person des Messias hohe Ämter einnehmen sollten … Es ist ein Zeichen der Aufrichtigkeit dieses Schreibers, dass er über diese falschen Vorstellungen der Apostel in ihren früheren Tagen berichtet. (The Century Bible; Acts; London, Caxton Publishing Co.; S. 126)
Dass Calvin versagt hat, das Reich GOTTES in seinem eigentlichen jüdisch-messianischen Sinne zu begreifen, wird in seiner verwunderlichen Kritik an Jesus und seinen von ihm unterwiesenen und anerkannten Jüngern deutlich. Die eigentlich vernünftige „berühmte letzte“ Frage der Apostel an Jesus: „Ist jetzt die Zeit für die Wiederherstellung des Königreiches in Israel gekommen?“kommentiert Johannes Calvin wie folgt: „Ihre Frage enthält so viele Irrtümer wie Worte … Freilich war es eine ganz wunderbare Ungeschicklichkeit, dass sie nach einer so vollkommenen und sorgfältigen Belehrung dreier Jahre eine Unwissenheit verraten, als hätten sie überhaupt noch kein Wort vernommen.“ (Kommentar zur Apostelgeschichte).
Jesus hat diese Kritik jedoch niemals erhoben. Blind und unwissend ist allerdings Calvin in Bezug auf den jüdisch-christlichen Messianismus und das davidische Evangelium von Jesus gewesen, welches die tragenden Säulen der gesamten Schrift sind.
Es ist wirklich nicht vorstellbar und unmöglich, dass die Apostel keine Ahnung von der Natur des Königreiches gehabt haben sollen, das doch der Mittelpunkt all dessen war, was Jesus sie gelehrt hatte! Nichts, weder hier noch sonst irgendwo, deutet darauf hin, dass Jesus ihre Hoffnung auf ein „reales“ Königreich GOTTES auf der Erde missbilligt hat. Der Zeitpunkt der Wiederherstellung war ihnen nicht bekannt und der Weg zur Größe in diesem Königreich ging durch Demut, Opferbereitschaft und Dienst, aber die Realität eines zukünftigen Königreiches stand nie in Frage.
Und wirklich, nur ein paar Tage später sehen wir die Apostel, wie sie unter dem Einfluss des Geistes GOTTES dem jüdischen Volk das Evangelium verkündigen. Sie glauben immer noch an die großartige Wiederherstellung, die der Grundgedanke all dessen war, was die Propheten vorausgesehen haben: „Ihn muss der Himmel aufnehmen bis zu der Zeit, in der alles wiedergebracht wird, wovon GOTT geredet hat durch den Mund Seiner heiligen Propheten von Anbeginn“ (Apg 3, 21).
Es gibt hier kein dramatisch neues Verständnis von dem Königreich. Das Königreich bleibt das Königreich der hebräischen Prophetie, das von jedem normalen Bibelleser ohne Zweifel verstanden worden wäre, wenn es nicht seit fast 1800 Jahren diese antimessianischen Kommentare gegeben hätte.
(Die Realität eines zukünftigen messianischen Königreiches ist von Augustinus weitgehend aus der Theologie entfernt worden, der „es vollständig in den Hintergrund geschoben und durch eine andere eschatologische Lehre ersetzt hat, die seit dem 5. Jahrhundert mehr oder weniger als die orthodoxe Lehre angesehen wird.“ – P. Toon, Herausgeber, in der Einleitung zu Puritans, the Millennium and the Future of Israel; Puritan Eschatology 1600-1660; Cambridge, James Clarke, 1970; S. 13)
Es ist für theologische Lehrer und Prediger dringend an der Zeit, ihre durch nichts zu rechtfertigende Opposition gegenüber Jesus, dem Messias Israels, aufzugeben und sich ihm in seiner guten Nachricht von dem zukünftigen Königreich anzuschließen. Auch Kritiker müssen zur Einsicht kommen, dass ihr Skeptizismus ein Angriff auf den Mittelpunkt der christlichen Botschaft ist.
Das Kommen des transzendenten Menschensohns, um die von Katastrophen begleitete Umwandlung des gegenwärtigen Zeitalters zu bewerkstelligen oder anzuordnen … hat sich als eine der Glaubensvorstellungen über den Menschen, die Welt und ihre Geschichte erwiesen, die Jesus mit seinen Zeitgenossen geteilt hat, die die Zeit und fortschreitendes Wissen als ein Relikt einer vergangenen Denkweise hinter sich gelassen hat. (James McKinnon; The Historic Jesus; Longmans, Green & Co.; 1931; S. 207).
Wenn das wirklich der Fall ist, dann hat Jesus sich leider geirrt und man kann ohne Risiko deshalb als falschen Propheten ablehnen.
Der Irrtum liegt aber bei den ungläubigen Kommentatoren, deren Aversion gegen den Messianismus des Neuen Testaments zur Ablehnung der ganzen Verheißung des Königreiches geführt hat.
Der Messias, dessen Geburt der Engel angekündigt hat, ist in der Gestalt eines Königs dargestellt, der den Thron seines Vaters (Vorfahren) einnehmen und für immer innehaben soll. Es wird ein wiederhergestelltes jüdisches Königreich verheißen; aber diese Verheißung erwies sich letztendlich nicht nur als eine Illusion, sie ist auch nicht vereinbar mit dem geistlichen Königreich, das Jesus verkündigte und errichten wollte … Diese Botschaft des Engels ist unter dem Einfluss des herrschenden Glaubens auf falschen Vorstellungen von der geschichtlichen Realität gegründet. Es ist, gelinde gesagt, eher befremdlich, etwas zu finden, was darauf hindeutet, eine Offenbarung aus einer himmlischen Quelle zu sein, die eine Prophetie falsch interpretiert und auch ein wiederhergestelltes davidisches Königreich prognostiziert, das ausbleibt. (ibid; S. 5-6)
Anders formuliert: „Der arme alte Gabriel! Er hat alles ganz falsch verstanden.“ Und, so fügt der Chor der Kommentatoren hinzu, genauso haben es auch die Jünger nicht richtig kapiert, als sie immer noch dieses „jüdische“ Königreich in Apostelgeschichte 1, 6 erwarteten. Aber dann hätte es auch den Anschein, dass auch Jesus falsche Vorstellungen vom Königreich hatte, als er seinen Nachfolgern verantwortliche Positionen über Israel verhieß (Luk 22, 28-30) und sie aufforderte, nach Herrschaftspositionen mit ihm in dem zukünftigen neuen Zeitalter zu streben (Off 2, 26; 3, 21).
Bibelausleger und die ganze traditionsgeprägte christliche Glaubenslehre brauchen dringend eine neue Orientierung. Wir müssen aufhören, unsere eigene Tradition über das Wort GOTTES zu stellen [Ist die Kritik Jesu an den Traditionen, die das Wort GOTTES für nichtig erklären, heute weniger relevant?] und zu der messianischen guten Nachricht von dem Königreich zurückkehren und zu dem Glauben an Jesus, den jüdischen Christus, den Heiland der Welt, der jetzt zur rechten Hand seines Vaters erhoben ist und dem bestimmt ist, einmal zurückzukehren und als Messias und König zu herrschen.
„Ja, komme Herr Jesus!“ (Off 22, 20).