Hat Jesus in Sacharja 2,12 präexistiert?

"Denn so spricht der HERR der Heerscharen, nachdem die Herrlichkeit mich ausgesandt hat, über die Nationen, die euch geplündert haben – denn wer euch antastet, tastet seinen Augapfel an". (Sacharja 2,12 Elb 2006)

Überblick:
Verse 1–4: Vision von Jerusalem, das ohne Mauern bewohnt sein wird, weil Gott selbst „eine feurige Mauer“ und „Herrlichkeit in ihrer Mitte“ ist.
Verse 5–9: Gott verheisst, dass die Völker gegen die, die Israel antasten, Gericht erleben („wer euch antastet, tastet meinen Augapfel an“).
Verse 10–13: Zion soll sich freuen, denn Gott kommt und wohnt in ihrer Mitte. Mehrere Völker schliessen sich dem HERRN an. – Hier die auffällige Stelle: „Und ihr werdet erkennen, dass der HERR der Heerscharen mich gesandt hat.“

Der Sprecher ist eindeutig Gott selbst (der „HERR“), und doch sagt er, dass der HERR ihn gesandt hat. Das wirkt so, als ob es „zwei HERRN“ gäbe.

Im Sacharjabuch taucht der „Engel des HERRN“ auf (Sacharja 1,14; 2,2), der Gott vertritt und doch von ihm unterschieden wird (ähnlich wie in 2. Mose 3 beim Dornbusch oder Richter 6). 

"Siehe, ICH sende einen Engel vor dir her, damit er dich auf dem Weg bewahrt und dich an den Ort bringt, den ich ⟨für dich⟩ bereitet habe. Hüte dich vor ihm, höre auf seine Stimme und widersetze dich ihm nicht! Denn er wird euer Vergehen nicht vergeben, denn mein Name ist in ihm." (2. Mose 23,20-21)

Jüdisch-traditionelle Auslegung
Radak (David Kimchi, 12. Jh.): Der Sprecher ist der Engel des HERRN, der Gottes Worte im Ich-Stil wiedergibt. Darum klingt es so, als spräche JHWH, obwohl er gesandt wurde.
Rashi: Es ist der Engel, der als Bevollmächtigter so redet, als wäre er selbst Gott. → Klassisches Prinzip: „Der Bote ist wie der Sender“ (shaliach kemoto).

Anchor Bible Commentary: Der Sprecher ist der Engel des HERRN, der in Gottes Autorität redet. Der Text reflektiert eine frühe Form von „göttlicher Delegation“, wo der Bote völlig mit der Stimme Gottes identifiziert wird. (Band: Haggai, Zechariah 1–8 Anchor Yale Bible Commentary, Autor: Carol L. Meyers & Eric M. Meyers, Yale University Press, 2008)

Pulpitt Commentary: Vers 8. – "Nach der Herrlichkeit hat er mich gesandt. Nach der Herrlichkeit (im Original steht kein Artikel), d. h. um Ehre zu erlangen, hat Jehova mich gesandt – den höheren Engel, der spricht. Da die Worte „so spricht der Herr“ vorangehen, hätten wir „habe ich dich gesandt“ erwartet, aber solche Personenwechsel und indirekte Anreden sind im Hebräischen üblich (vgl. Sacharja 14,5). Der Engel wird gesandt, um Ruhm über die Heiden zu erlangen, indem er Rache an ihnen nimmt (vgl. Exodus 14:18). Solche Gerichte werden oft als von Engeln vollstreckt dargestellt (Genesis 19:13; 2 Könige 19:35; Hesekiel 9)."

Die Neue Evangelistische Übersetzung schreibt in ihrer Fussnote zu Sacharja 2,12:

"Offenbar der Engel Jahwes, der Jahwe selbst repräsentiert, so auch Verse 13 und 15; 3,1. Er kann einerseits so sprechen, als ob er Jahwe selbst ist, und andererseits so, als ob er sich von Jahwe unterscheidet." 
(https://www.bibleserver.com/NeÜ/Sacharja2%2C12)  

Jesus ist und war nie ein Engel (Hebräer 2,5), noch hat der Messias an irgend einer Stelle erwähnt, er hätte im Alten Testament präexistiert.